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Nur ein Katzensprung

Nur ein Katzensprung

Titel: Nur ein Katzensprung
Autoren: Sabine Hartmann
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seine Mutter stolz auf ihn sein konnte.“
    Kofi schaute zum Fenster der Wohnung, aus dem inzwischen Fräulein Menke ertönte. „Ich müsste mal zur Toilette. Darf ich bei Ihnen?“
    „Geht leider nicht. Die Tankstelle da hinten hat eine Toilette.“
    Kofi fragte sich, wen oder was Detlef Hanske verbergen wollte. Einen Berg Schmutzwäsche? Eine Freundin?
    Oder einen kleinen Jungen?
    „Sie sind gestern als Letzter gegangen?“
    „Ich habe gewartet, bis alle Kinder abgeholt worden waren, ja. Ich bin zu Fuß nach Hause gelaufen, war ja ein schöner Abend.“
    „Kann das jemand bestätigen?“
    „Dass keiner mehr da war, als ich losgegangen bin?“
    „Wer hat sein Kind als Letzter abgeholt?“
    Wieder dachte Hanske angestrengt nach. „Die Zwillinge. Sie hatten sich mein Handy geliehen und ihre Mutter angerufen, nachdem wir angekommen waren. Die kam in Schlappen und einem rosafarbenen Jogginganzug angehetzt. War’s das? Ich hab noch was vor.“
    Erneut überlegte Kofi, wieso Hanske sich so seltsam verhielt. Als er nicht sofort antwortete, fragte der Trainer: „Sagen Sie jetzt, dass ich die Stadt nicht verlassen darf? Oder verlesen Sie mir gleich meine Rechte?“
    „Weder noch. Ich wollte nur ein paar Details überprüfen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag, Herr Hanske.“
    Damit wandte Kofi sich ab, ging den Gartenweg hinunter. Am Tor angekommen, drehte er sich noch einmal um. Hanske stand vor der Haustür, er schien abzuwarten, ob Kofi wirklich wegging. ‚Komischer Kauz‘, dachte er. ‚Will der mich veräppeln? Nicht mit mir. Das kann ich besser. Oh ja, ich mach’ den Columbo.‘
    Er hielt inne, kratzte sich am Kopf, schwankte leicht mit dem Oberkörper und ging auf Detlef Hanske zu. „Ich hätte da noch eine Frage.“
    „Peter Falk ist tot, wussten Sie das noch nicht?“
    „Was machen Sie beruflich?“
    „Ich bin selbstständig.“
    „In welcher Branche?“
    „Beratung.“
    „Kann man damit Geld verdienen?“
    „Ich schon.“
    Kofi gab auf. So interessant war der Kerl nun auch wieder nicht. Sobald er in seinem Büro saß, würde er ihn überprüfen.
    Was sollte er als Nächstes tun? Er ließ Ollners Handy klingeln, doch der meldete sich nicht, war wohl noch im Gespräch.
    Kofi erinnerte sich an Guntrams Aussagen und beschloss, sich selbst ein Bild von Kelvins Mutter zu verschaffen.

6
    Er sah, dass Angela Jänicke hinter der Gardine stand und in den Vorgarten hinausblickte, als er den Weg zu dem blauen Mehrfamilienhaus entlangging. Sie bewegte sich nicht, reagierte nicht auf ihn.
    Er wusste nicht, ob sie ihn versteckt beobachtete oder gar nicht bemerkt hatte. Abgeblühte Rosenbüsche trennten den schmalen Plattenweg von einer vermoosten Rasenfläche ab. Eine Schaufel und ein kleiner roter Ball lagen vergessen vor einem winzigen Sandkasten.
    Jemand hatte einen riesigen „Tag“ aus drei Meter hohen Buchstaben auf die Umrandung der Mülltonnen neben dem Haus gesprayt.
    Auf Kofi wirkte das Ganze düster, trübsinnig, etwas verwahrlost. Dieser Eindruck wurde bestätigt, als er das Klingelbrett betrachtete. Zwei Knöpfe fehlten. Oben in der Mitte prangte ein ausgekautes Kaugummi. Nur zwei Klingeln waren leserlich beschriftet. Er drückte auf Jänicke und fragte sich, welche Bakterien diesen Knopf wohl besiedelten. Vorsichtshalber wischte er seinen Finger an der Hose ab.
    Frau Jänicke öffnete die Tür nur einen Spalt breit. „Was wollen Sie?“ Sie hatte das dunkle Haar zu einem Knoten aufgesteckt.
    „Mein Name ist Kofi Kayi. Ich bin Kriminalkommissar. Sie haben gestern mit meinem Kollegen Ollner gesprochen. Wir arbeiten zusammen.“
    „Haben Sie Kelvin gefunden? Ist er …“
    „Nein, nein. Allerdings haben sich noch ein paar Fragen ergeben. Dürfte ich reinkommen?“
    Sie sah ihn misstrauisch an, nickte aber und gab den Weg frei. Kofi hatte den Eindruck, dass sie dabei ein wenig geschrumpft war, so als wäre sie eine aufblasbare Puppe und jemand hätte etwas Luft abgelassen. Frau Jänicke trug schwarze Jeans und eine lila Bluse, dazu ein farblich passendes Halstuch und Flipflops. Sie war stark geschminkt. Trotzdem sah Kofi die Ringe unter den Augen und die Rötungen. Sie wies mit der Hand auf eine offene Tür. „Wir können ins Wohnzimmer gehen.“
    „Wir tun wirklich alles, was in unserer Macht steht, um Ihren Sohn zu finden.“
    „Kelvin. Er heißt Kelvin.“
    „Ihren Sohn Kelvin, ja.“
    „Wissen Sie, alle sagen nur ‚Ihr Sohn‘, so als wäre es Blasphemie oder ein böses Omen,
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