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Nur ein Katzensprung

Nur ein Katzensprung

Titel: Nur ein Katzensprung
Autoren: Sabine Hartmann
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Kurt oder so, aber der Name Detlef Hanske sagte ihm nichts.
    Die Fenster zu Hanskes Wohnung standen auf Kipp. Er hörte Musik. War das Nena? Ach, und jetzt will Markus Spaß. Neue Deutsche Welle. Lange nicht gehört. Kofi klingelte lange.
    Sobald Hanske die Tür öffnete, dröhnte die Musik noch lauter.
    „Was wollen Sie?“
    Kofi erahnte mehr als dass er hörte, was Hanske ihn fragte.
    „Ich bin von der Polizei, Kriminalkommissar Kofi Kayi, ich möchte mit Ihnen noch einmal über Kelvin sprechen.“
    Hanske war barfuß. Er machte einen Schritt vorwärts und zog die Tür hinter sich zu. „Haben Sie ihn gefunden?“
    „Nein, noch nicht. Wir suchen immer noch.“
    „Wie kann ich helfen?“
    Kofi sah sich erstaunt um. „Wollen wir das nicht lieber drinnen besprechen?“
    Hanske ging noch etwas weiter von der Haustür weg. Er war sehr schlank und überragte Kofi um gute zwanzig Zentimeter. Er hielt sich gerade, beinahe steif, und seine Haare wirkten seltsam farblos. „Nö, hier draußen ist es auch schön, heute ist so tolles Wetter.“
    Kofi runzelte die Stirn. „Wie Sie meinen. Seit wann sind Sie Judotrainer?“
    „Ich habe als Sechzehnjähriger angefangen, meine Jugendtrainerlizenz zu machen. Abgesehen von knapp zwei Jahren Bundeswehr bin ich seither aktiv.“
    „Sie haben eigene Wettkämpfe bestritten?“
    „Wenige, ich kann eher andere zu Höchstleistungen motivieren als mich selbst.“
    „Sie sind erst kürzlich nach Holzminden gezogen?“
    „Haben Sie mich überprüft?“
    „Nein, ich habe bis vor etwa drei Jahren ebenfalls Judo gemacht, und ich denke, wir sind uns da nicht über den Weg gelaufen, oder?“
    „Verstehe. Nun, ich bin vor gut einem Jahr hierher gezogen, aus Köln.“
    „Berufliche Gründe?“
    „Private Gründe.“
    „Wann haben Sie Kelvin das letzte Mal bewusst gesehen?“
    Hanske überlegte einen Moment. „Bei der Toilettenpause auf der Raststätte. Er hatte Probleme mit seinem Trinkpäckchen.“
    „Danach nicht mehr?“
    „Nachdem alle Kinder eingestiegen waren, habe ich kontrolliert, ob alle da sind. Später habe ich mich, genau wie alle anderen auch, auf meinen Sitz gesetzt und gedöst.“
    „Beim oder nach dem Aussteigen vor der HAWK ist er Ihnen nicht aufgefallen.“
    Hanske schüttelte stumm den Kopf.
    „Haben Sie Frau Jänicke vor der HAWK gesehen?“
    Der Trainer legte den Kopf schief. Augenscheinlich hatte ihm diese Frage bisher noch niemand gestellt. „Nicht, dass ich wüsste.“
    Er atmete tief ein. „Aber wissen Sie, das ist nun mal so. Die wenigsten Eltern sagen Bescheid, dass sie mit ihrem Kind abfahren oder dass sie noch zwei andere mitnehmen.“ Er seufzte laut. „Und dass sich einer dafür bedankt, dass die Kinder einen tollen Ausflug gemacht haben und ich mir einen freien Tag um die Ohren gehauen habe, ist schon lange nicht mehr vorgekommen.“
    „Angela Jänicke, haben Sie sie gesehen?“
    „Nö.“
    „Fährt einen blauen Polo.“
    „Nö.“
    „Ganz bestimmt nicht?“
    „Definitiv.“
    „Was macht sie so sicher?“
    „Sie fasst mich immer an.“
    Kofi runzelte die Stirn. „Wie meinen Sie das?“
    „Nicht aufdringlich oder so, ist ihre Art, macht sie mit allen. Sie legt einem stets ihre Hand irgendwohin, wenn sie mit einem spricht. Auf die Schulter, auf den Arm, auf die Hand. Ich glaube, sie kann nicht anders.“
    „Frau Jänicke hätte sich und ihren Sohn bei Ihnen abgemeldet?“
    „Auf jeden Fall. Sie hat immer noch etwas zu besprechen.“
    „Ist Kelvin gut im Judo?“
    Hanske pustete Luft durch die Nase. „Sozusagen ein Supertalent.“ Er scharrte versonnen mit der Fußspitze über die Gehwegplatten. Kofi spürte, dass Hanske trotzdem, oder gerade deswegen, Vorbehalte gegen den Jungen oder seine Mutter hatte. „Kelvin scheint zu spüren, was sein Gegner vorhat und kommt ihm einen Sekundenbruchteil zuvor. Es ist ein Vergnügen, ihm zuzusehen.“ Seine Stimme hingegen drückte weder Vergnügen noch Begeisterung aus, dachte Kofi. Eher Verwunderung.
    „Hat er Spaß am Judo?“
    „Alle Kinder haben Spaß, wenn sie gewinnen.“
    „Hat Kelvin am Sonntag auch gewonnen?“
    „Alle Kämpfe, souverän.“
    „Wie hat er reagiert, wenn er verloren hat?“
    Hanske schien verlegen. „Er hat immer versucht, anderen die Schuld zu geben. Der Gegner hat unfair gekämpft. Die Schiedsrichter waren parteiisch. Die Matte war zu rutschig. Sie wissen schon.“
    Kofi nickte. „Hatte er Angst zu verlieren?“
    „Angst? Nein. Aber er wollte unbedingt, dass
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