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Nur ein galantes Abenteuer?

Nur ein galantes Abenteuer?

Titel: Nur ein galantes Abenteuer?
Autoren: Anne Herries
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seine trauernde Witwe, sich mit ihrem Schicksal abzufinden. „Können wir für die Saison nicht ein eigenes Haus mieten?“
    „Du weißt doch, dass es unmöglich ist.“ Marianne Holbrook, eine dünne, blasse Dame mit einer gebrechlichen Ausstrahlung, seufzte tief. Sie hatte ihrem Mann zwei Söhne und eine Tochter geschenkt und danach einige Fehlgeburten erlitten, die ihrer Gesundheit schwer zugesetzt hatten. Der Verlust ihres Mannes war ebenfalls nicht spurlos an ihr vorübergegangen. Und da sie nie eine willensstarke Frau gewesen war, stand sie nun ganz unter dem Einfluss ihrer älteren Schwester Louisa. „Dein Vater hat erhebliche Schulden hinterlassen, weshalb dein Bruder Schwierigkeiten hat, das Anwesen zu halten. Ich kann ihn unmöglich um eine so große Summe bitten.“
    „Du hast recht, der arme Tom hat vermutlich nichts übrig“, sagte Caroline niedergeschlagen. Sie mochte ihren ältesten Bruder und wollte ihm das Leben keinesfalls erschweren. Ihre Tante Louisa hatte Lord Taunton geheiratet und war damit eine vorteilhafte Ehe eingegangen. Und auch wenn sie seit ein paar Jahren verwitwet war, verfügte sie über ausreichende Mittel, um nach eigenem Belieben zu leben. Das Angebot ihrer Tante, für ihre Ausgaben aufzukommen, war nett, doch hatte die Schwester der Mutter eine so erdrückende Art an sich, dass es Caroline vor ihrer Gegenwart grauste. „Vielleicht können wir uns einen kurzen Aufenthalt leisten, wenn ich wenig Geld für Kleider ausgebe?“
    „Bitte stelle dich nicht an, Caroline“, ermahnte ihre Mutter sie. „Ich bekomme Kopfschmerzen. Du weißt, dass ich gesundheitlich angeschlagen bin. Ich könnte dich ohnehin nicht zu all den Bällen begleiten, die du besuchen möchtest.“
    „Verzeih mir, Mama“, bat Caroline, die ihrer Mutter keinen Kummer bereiten wollte. „Ich hoffe bloß, dass Tante Louisa nicht versucht, mir Vorschriften zu machen, insbesondere in Bezug auf meinen künftigen Ehemann.“
    „Natürlich nicht, mein Liebes. Allerdings musst du schon jemand Passenden aussuchen – falls du Angebote erhältst, versteht sich.“
    Marianne Holbrook betrachtete ihre Tochter mit Sorge. Sie fiel gewiss auf, wenn auch nicht im Sinne des gängigen Ideals, wonach eher schwächliche Mädchen mit zurückhaltenden Umgangsformen bevorzugt wurden. Caroline war eine verführerische Rothaarige mit einer verlockenden Stimme und leuchtenden grünen Augen. Sie war groß und voller Energie. Manchmal wunderte sich die Mutter, dass sie einem so temperamentvollen Wesen das Leben geschenkt hatte. Caroline schlug nach dem alten Marquis, ihrem Großvater, der jetzt zurückgezogen lebte, aber einst als Lebemann und Spieler von sich Reden gemacht hatte. Mit meiner eigenen Familie besitzt Caroline keinerlei Ähnlichkeit, dachte Marianne.
    „Du hast doch aus Liebe geheiratet, nicht wahr, Mama?“
    „Ja, und das habe ich seitdem bedauert“, bemerkte Marianne. „Louisa hat der gesellschaftlichen Stellung und des Wohlstands wegen geheiratet. Ich habe einen jüngeren Sohn ausgewählt, der nur über wenig Eigentum verfügte, und habe unter den Konsequenzen gelitten.“
    „Arme Mama“, sagte Caroline. „Ich dachte, du wärest glücklich gewesen, als Papa noch lebte.“
    „Ja, vielleicht …“ Erneut seufzte die Mutter. „Dennoch ertrage ich es kaum, mit anzusehen, mit welchen Sorgen Tom belastet ist. Und Nicolas ist zur Armee gegangen. Ich finde nachts keine Ruhe, weil ich weiß, dass er sich in Gefahr befindet.“
    „Der Krieg ist doch zu Ende, Mama, jetzt, wo Bonaparte Elba nicht verlassen darf“, beruhigte Caroline sie. „Außerdem wäre Nicolas zu Hause nicht glücklich. Du weißt ja, wie sehr er schon als Kind das Abenteuer geliebt hat.“
    Sie und Nicolas waren nur elf Monate auseinander. Obwohl sie sich nicht besonders ähnelten, denn er schlug nach der Mutter, waren sie doch seelenverwandt. Er hatte ihr gezeigt, wie man auf Bäume klettert, durch den Fluss schwimmt und reitet. All diese wenig damenhaften Fähigkeiten hatten ihr gehörige Schwierigkeiten eingebracht. Mit der Zeit war Caroline vorsichtiger geworden, beneidete ihren Bruder aber insgeheim um dessen Freiheiten.
    „Du hast ihn immer zu seinem waghalsigen Verhalten ermutigt“, hielt Marianne ihr ungerechterweise vor. „Aber du hast recht. Eine Mutter kann ihren Sohn nicht ewig an der Leine halten. Allerdings ist es meine Pflicht, dich mit einem guten Ehemann zu versehen. Aus diesem Grund sollten wir Louisas Einladung, bei ihr in der
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