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Nur Dumme machen keine Fehler

Nur Dumme machen keine Fehler

Titel: Nur Dumme machen keine Fehler
Autoren: Andreas Schlueter
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roten Elektro-Lok! Etwa doppelt so groß wie eine Playmobil-Figur, aber offenbar aus Fleisch und Blut, mit lakritzschneckenschwarzen, glatt gegelten Haaren, die in der Mitte gescheitelt, an der Seite zu Hörnchen hochgezwirbelt waren, und einem breiten Gesicht, welches mit sommersprossenähnlichen rußigen Sprenkeln übersät war. Das Wesen trug einen Mantel, rot wie bengalisches Feuer, der über einem schwarzen Fitness-Anzug falsch zugeknöpft war. Unter dem Mantel leuchteten rechts eine grüne Socke und links ein blauschwarzer Ringelstrumpf hervor, die sich in Schnabelschuhen verkrochen. In der Hand trug es ein Gerät, welches an eine Mistforke erinnerte, aber die Gabelspitzen waren harmlose Ösen. Johanna verschlug es die Sprache.
    Ganz im Gegensatz zu dem kleinen Wesen.

    „Na, hast du mich endlich gefunden?“, fragte es grinsend. „Ich dachte schon, du schaffst es nie! Herrlich, wie du immer in die falsche Richtung gelaufen bist.“
    „Wer bist du?“, brachte Johanna endlich hervor.
    „Wer bist du?“, wiederholte das Wesen und kicherte fröhlich. „Was für eine lustige Frage! Wer soll ich schon sein? Der Weihnachtsmann vielleicht?“
    „Ich weiß es nicht, deshalb frage ich dich ja“, gab Johanna ehrlich zu.
    Sie war noch immer mehr als verwundert über den Zwerg, der da plötzlich in ihrerEisenbahn aufgetaucht war, sodass ihr nicht die Zeit blieb sich zu fürchten.
    Das Wesen hüpfte aus der Bahn, lief an den Gleisen entlang, wobei der bengalische Feuermantel sich lustig aufblähte. Es kletterte in den ersten Waggon, der an der Lok hing, und legte sich hinein, als ob es sich um ein Bett handelte. Dabei schlug es keck die Beine übereinander.
    „Bequem, die Bahn! Lustig, die Lok. Stell ihn mal an, den zügigen Zug!“, verlangte das Wesen von Johanna.

    „Wieso?“, fragte Johanna.
    Das Wesen setzte sich auf, ließ seine Beine über den Rand des Waggons baumeln und rief zu Johanna hinauf: „,Wieso, wieso, wieso?‘ Nun mach schon. Stell den Zug an und guck mal zu, was ich anstelle! Das kannst du dir nicht vorstellen. Hinten anstellen. Abfaaaahrt!!“
    Johanna zögerte, ob sie der Anweisung dieses kleinen komischen Wesens wirklich folgen sollte, aber anders schien sie keine Antworten auf ihre Fragen zu erhalten. So steckte Johanna den Stecker in die Steckdose und drehte den Trafo der Eisenbahn auf halbe Kraft.
    Das Wesen pustete unterdessen in sein Gerät und aus den drei Ösen schwebten kleine Seifenblasen, die an der Elektro-Lok zerplatzten.
    Jetzt hätte die Lok sich eigentlich in Bewegung setzen müssen. Aber das tat sie nicht. Der Winzling begann lauthals zu kichern. Gerade wollte Johanna prüfen, ob die Lok richtig auf den Schienen saß, als der Zug plötzlich mit nie gekannter Geschwindigkeit losraste.Er fegte um die Kurve, entgleiste und kippte um. Johlend sprang das Wesen im letzten Moment vom Waggon, kugelte mit der Forke in der Hand über den Teppich, rappelte sich auf, um sich im nächsten Moment vor Lachen den Bauch zu halten und auf den Rücken zu werfen.
    „Welch fantastischer Fehler!“, rief es vergnügt. „Monströs missglückt!“
    Dabei stand es auf, breitete die Ärmchen aus und verbeugte sich vor Johanna, als erwartete es Applaus.

    Johanna begriff nicht, weshalb das kleine Wesen von dem Unfall so begeistert war.
    Der Winzling hob den Kopf und blickte Johanna erstaunt an. „Wie, das fragst du noch?“ Mit Empörung setzte es fort: „Denkst du vielleicht, es ist leicht, die Bahn so mir nichts, dir nichts entgleisen zu lassen? Ts, ts, ts! Das ist eine Kunst. Große, traditionelle Fehlerkunst!“
    „Fehlerkunst!?“ Johanna rümpfte die Nase. „Ich find’s gemein, meine schöne Bahn aus den Gleisen zu werfen! Lass das gefälligst sein!“
    „Gemein?“, krächzte das Wesen aufgebracht. „Dreimal verflixte sechs Richtige! Das ist überhaupt nicht gemein. Das ist eine L eister m eistung, die Fehlerflüssigkeit so genau zu dosieren. Was glaubst du wohl? Ha!“
    „Doch, es ist doof und gemein!“, beharrte Johanna, während das Wesen sich einen neuen Sitzplatz suchte. Es klemmte sich die Forke zwischen die Zähne und kletterte auf das Dach des Bahnhofsgebäudes.

    „Wer bist du überhaupt, dass du hier einfach so hereinplatzt und meine Eisenbahn entgleisen lässt?“, setzte Johanna nach.
    „Du weißt es immer noch nicht?“, mokierte sich das Wesen. „Trotz fehlerfantastischer Vorführung?“ Das Wesen verschränkte die Arme vor seiner Brust, rückte den Rücken gerade,
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