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Nur Der Tod Bringt Vergebung

Nur Der Tod Bringt Vergebung

Titel: Nur Der Tod Bringt Vergebung
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Hafen gelegenen Abtei von Streoneshalh zu versammeln.
    Freudig erregt sah Eadulf zu, wie sich das Schiff den steilen Klippen näherte und die schwarzen Umrisse der mächtigen Abtei von Streoneshalh immer deutlicher zu erkennen waren.
     

III
     
    Äbtissin Hilda stand an ihrem Fenster in Streoneshalh und schaute auf den kleinen Hafen an der Flußmündung hinab. Im Hafen herrschte emsige Betriebsamkeit. Winzige Gestalten liefen eilig hin und her, um die vielen Schiffe zu entladen, die im Schutze des Hafenbeckens vor Anker gegangen waren.
    «Seine Gnaden, der Erzbischof von Canterbury, und seine Gefolgschaft sind sicher gelandet», sagte sie bedächtig. «Und ich habe die Kunde erhalten, daß mein Vetter, der König, morgen mittag eintreffen wird. Unsere Beratungen können also wie geplant morgen abend beginnen.»
    Hinter ihr, vor dem schwelenden Feuer in ihrem düsteren Gemach, saß ein hakennasiger, dunkelhäutiger Mann mit selbstherrlichem Gebaren. Er wirkte wie ein Mensch, der es gewohnt war, Befehle zu geben und diese Befehle auch befolgt zu sehen. Obgleich er das Gewand eines Abts trug, war an dem Kruzifix und seinem Ring unschwer zu erkennen, daß er gleichzeitig auch den Rang eines Bischofs innehatte. Und der von der Stirn bis zu einer von Ohr zu Ohr verlaufenden Linie kahlgeschorene Kopf zeigte auf den ersten Blick, daß er den Lehren Ionas verpflichtet war.
    «Das ist gut», sagte er. Er sprach sächsisch und betonte dabei langsam und ausdrücklich jede einzelne Silbe. «Es kann nur Gutes verheißen, wenn wir unsere Beratungen am ersten Tag eines neuen Monats beginnen.»
    Die Äbtissin wandte sich vom Fenster ab und sah ihn mit leuchtenden Augen an.
    «Noch nie zuvor hat es eine so wichtige Versammlung von Kirchenführern gegeben, werter Colmán.»
    Colmáns dünne Lippen zuckten verächtlich.
    «Auf Northumbrien mag diese Bemerkung zutreffen. Ich kann mich allerdings an viele wichtige Synoden erinnern. In Druim Ceatt zum Beispiel, wo unser heiliger Columcille den Vorsitz führte, fand eine für unseren Glauben in Irland äußerst wichtige Versammlung statt.»
    Die Äbtissin beschloß, den leicht herablassenden Ton des Abts von Lindisfarne zu überhören. Drei Jahre waren vergangen, seitdem Colmán von Iona gekommen war, um als Bischof von Northumbrien die Nachfolge des seligen Finán anzutreten. Doch die beiden Männer hätten gar nicht unterschiedlicher sein können. Finán galt manchen zwar als Mann von grimmigem Temperament, doch war er ernsthaft, höflich und eifrig darauf bedacht, den Glauben zu lehren. Vor allem aber behandelte er alle Menschen wie seinesgleichen. Auf diese Weise war es ihm sogar gelungen, den grimmigen Heidenkönig Peada von Mittelanglien, einen Sohn Pendas von Mercia, der Geißel der Christenheit, zum Glauben zu bekehren und zu taufen. Colmán dagegen war aus einem anderen Holz geschnitzt. Er behandelte Angeln wie Sachsen mit unverhohlener Herablassung, ließ sich verächtlich darüber aus, daß sie gerade erst mit den Lehren Christi in Berührung gekommen waren, und verlangte von ihnen, daß sie alle seine Anordnungen unwidersprochen befolgten. Auch ließ er es sich in seinem Stolz nicht nehmen, bei jeder Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß es die Mönche von Iona gewesen waren, die den Northumbriern das Lesen und Schreiben beigebracht hatten. Der neue Bischof von Northumbrien begriff sich als Herrscher der Kirche und machte kein Hehl aus seiner Abneigung gegen jeden, der es wagte, seine Macht in Frage zu stellen.
    «Wer wird die Eröffnungsrede für die Lehren Columcilles halten?» fragte Hilda.
    Die Äbtissin machte kein Geheimnis daraus, daß sie der Kirche Columcilles folgte und den Lehren Roms widersprach. Als junges Mädchen war Hilda von dem Römer Paulinus getauft worden, der von Canterbury zur Bekehrung der Northumbrier zur Kirche Roms ausgeschickt worden war. Aidán, dem ersten Missionar von Iona, war es jedoch gelungen, überall dort, wo Paulinus der Erfolg versagt geblieben war, die Bekehrung Northumbriens voranzutreiben. Aidán war es auch gewesen, der Hilda davon überzeugt hatte, in den Stand der Geistlichkeit einzutreten. Ja, ihre Frömmigkeit und Gelehrsamkeit erwies sich bald als so groß, daß Aidán sie zur Äbtissin eines neuen Klosters in Heruteu weihte. Ihre Frömmigkeit hatte vor nunmehr sieben Jahren zum Bau einer neuen Abtei namens Streoneshalh – «große Halle an der Küste» – geführt. Unter ihrer Leitung war die Abtei seit dieser Zeit zu einer
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