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Nur Der Tod Bringt Vergebung

Nur Der Tod Bringt Vergebung

Titel: Nur Der Tod Bringt Vergebung
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Ordensschwester grün oder blau schimmerten.
    «Was ist, mein Kind?» fragte die Äbtissin.
    Fast ein wenig kampflustig schob die junge Frau das Kinn vor und stellte sich auf irisch vor.
    «Ich bin gerade angekommen, Mutter Oberin, und wurde gebeten, Euch und Bischof Colmán meine Anwesenheit zu melden. Mein Name ist Fidelma von Kildare.»
    Ehe die Äbtissin noch fragen konnte, warum eine irische Nonne für würdig befunden worden war, ihnen ihre Anwesenheit zu melden, hatte sich der Bischof auch schon von seinem Stuhl erhoben und ging mit ausgestreckten Händen auf die junge Frau zu, um sie willkommen zu heißen. Hilda schaute ihn verwundert an. Es sah dem hochmütigen Colmán, der für Frauen sonst häufig nur Verachtung übrig hatte, gar nicht ähnlich, sich zur Begrüßung einer jungen Ordensschwester zu erheben.
    «Schwester Fidelma!» sagte Colmán mit freudig erregter Stimme. «Euer Ruf eilt Euch voraus. Ich bin Colmán.»
    Die junge Ordensschwester nahm seine Hand und neigte den Kopf. Hilda hatte sich schon an die mangelnde Unterwürfigkeit der Iren gegenüber ihren Oberen gewöhnt, welche sich grundlegend von der demütigen Art der Sachsen unterschied.
    «Das ist zuviel der Ehre, Euer Gnaden. Ich wußte gar nicht, daß ich einen Ruf besitze.»
    Die wachen Augen der Äbtissin sahen das belustigte Lächeln, das die Lippen der jüngeren Frau umspielte. Es war schwer zu sagen, ob sie nur bescheiden war oder sich über den Bischof lustig machen wollte. Die hellen Augen – inzwischen war sich Hilda sicher, daß sie grün waren – wandten sich fragend in ihre Richtung.
    Verlegen, weil er die Äbtissin vernachlässigt hatte, wandte Colmán sich um.
    «Dies ist Äbtissin Hilda von Streoneshalh.»
    Schwester Fidelma trat vor und neigte den Kopf über Hildas Ring.
    «Seid mir willkommen, Fidelma von Kildare», sagte Hilda, «auch wenn ich gestehen muß, daß der Bischof von Lindisfarne mich bisher, was Euren Ruf betrifft, in Unkenntnis gelassen hat.»
    Hilda sah den hakennasigen Colmán herausfordernd an.
    «Schwester Fidelma ist eine hochangesehene dálaigh der irischen Brehon-Gerichtsbarkeit», erklärte Colmán.
    Äbtissin Hilda runzelte die Stirn.
    «Ich fürchte, ich bin mit dieser Bezeichnung nicht vertraut», erwiderte sie und sah die junge Frau fragend an.
    Eine zarte Röte stieg in Schwester Fidelmas Wangen, als sie es mit leicht atemloser Stimme zu erklären versuchte.
    «Ich bin eine Gesetzeskundige, eine Advokatin, berechtigt, vor den Gerichten meines Landes aufzutreten, um all jene anzuklagen oder zu verteidigen, die sich vor dem Gesetz verantworten und dem Urteil unserer Richter, den brehon, beugen müssen.»
    Colmán nickte. «Schwester Fidelma hat den Rang einer anruth errungen, den zweithöchsten Rang im Rechtswesen unseres Landes. Die Kunde von ihrem Scharfsinn und ihrer Gelehrsamkeit ist bis zu den Glaubensbrüdern von Lindisfarne gedrungen. Selbst dem Hochkönig in Tara hat sie bei der Lösung einer höchst heiklen Angelegenheit hilfreich sein können.»
    Fidelma hob abwehrend die Hand.
    «Ihr tut mir wirklich zuviel Ehre», sagte sie. «Jeder hätte diese Sache lösen können, wenn man ihm nur Zeit genug gegeben hätte.»
    Es lag keine falsche Bescheidenheit in ihrer Stimme. Sie hatte einfach nur ihre Meinung kundgetan.
    Äbtissin Hilda betrachtete sie neugierig. «Eine angesehene Gesetzeskundige, so jung und eine Frau? Leider ist es unseren Frauen nicht vergönnt, solch hohe Ränge anzustreben, die ausschließlich den Männern vorbehalten sind.»
    Schwester Fidelma nickte bedächtig.
    «Auch mir ist schon zu Ohren gekommen, daß die Frauen bei den Angeln und Sachsen verglichen mit ihren Schwestern in Irland viele Nachteile hinnehmen müssen.»
    «Mag sein», versetzte Colmán in herablassendem Ton. «Doch vergeßt nicht, was das Buch der Bücher sagt: ‹Seid ihr in die Wildnis gegangen, um einen Mann in feinen Kleidern zu sehen?›»
    Hilda warf Colmán wütende Blicke zu. Daß er Northumbrien mit einer Wildnis verglich, war nur ein weiteres Zeichen seiner Überheblichkeit, die sie in den letzten Jahren mehr und mehr verärgert hatte. Fast hätte sie ihm heftige Widerworte gegeben, doch sie besann sich und wandte sich wieder Fidelma zu. Beunruhigt stellte sie fest, daß die hellen, grünen Augen sie so forschend betrachteten, als hätte die junge Frau ihre Gedanken gelesen.
    Fast herausfordernd sahen die beiden einander an, dann brach Bischof Colmán schließlich das Schweigen.
    «Ich hoffe,
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