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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
Autoren: Carin Gerhardsen
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»Anscheinend liest er in dir wie in einem offenen Buch. Er konnte deine Gefühle für den Polizeidirektor förmlich riechen.«
    Petra seufzte hörbar und leerte ihr Glas.
    »Was, glaubst du, könnte Brandt denn mit ›feminin‹ gemeint haben?«, fragte sie dann mit einer angedeuteten Sorgenfalte zwischen den Augenbrauen.
    »Ich glaube, er meinte …«
    Jamal schaute sie mit ernster Miene an, bevor er fortfuhr.
    »… sexy«, beendete er den Satz und brach in lautes Lachen aus.
    Petra hob resigniert die Arme und schüttelte den Kopf.
    »Ich gebe noch eine Runde aus«, sagte Jamal und stand auf.
    Petra schaute ihm nach, während er sich mit den beiden leeren Biergläsern einen Weg zur Theke bahnte. Er machte über alles Witze, während sie Schwierigkeiten hatte, irgendetwas Komisches an dieser Situation zu erkennen.
    Nachdem sie ansehnliche Mengen Bier konsumiert hatten, verabschiedeten sie sich eine gute Stunde später vor dem Eingang zur U-Bahn-Station Allhelgonagatan voneinander. Petra schlug vor, noch ein wenig weiterzuziehen, aber Jamal meinte, dass er am nächsten Morgen früh aufstehen müsse und deswegen gerne zu Fuß nach Hause gehen wolle, um ein wenig nüchterner zu werden. Als sie nach seinen Plänen für den kommenden Tag fragte, sagte er, dass er nach Nacka zum Golfspielen wolle.
    »Golf?«, fragte Petra. »Kannst du etwa Golf spielen?«
    Aber in ihrem Kopf schwirrte eine ganz andere Frage herum: Nacka? Dann hast du wohl doch eine Sache mit Bella Hansson laufen?
    »Tja, das weiß ich noch nicht«, sagte Jamal lächelnd. »Ich habe es noch nie versucht.«
    Nach einer kurzen Umarmung und einem Kuss auf die Wange eilte Petra die Treppe hinunter. Ihr Schwerpunkt schien dabei irgendwo im Unterleib zu liegen.
    *
    Trotz der späten Stunde waren immer noch viele Autos unterwegs und machten Lärm, bespritzten Fußgänger und Radfahrer mit schmutzigem Wasser und sättigten die kühle Luft mit stinkenden Abgasen. Nina stand schon vor dem Zeitungskiosk am Einkaufszentrum Ringen an der Götgatan, als Elise auftauchte.
    »Mensch, siehst du schick aus!«, sagte Nina.
    Das bunte Licht der Neonreklame spiegelte sich in der Sonnenbrille, die sie in die Haare gesteckt hatte.
    »Wo hast du die Jacke gekauft?«
    »Ach, das ist gar nicht meine«, antwortete Elise. »Ich habe sie von meiner Schwester geliehen.«
    »Bist du besoffen?«
    Elise musste lachen.
    »Mama hat mir was abgegeben. Und du?«
    »Noch nicht«, antwortete Nina. »Aber wir gehen doch rüber ins Krokodil , oder?«
    »Ich hab kein Geld. Kannst du mir was leihen?«
    »Du, guck mal, der Typ dahinten.«
    Nina flüsterte, obwohl der Mann, den sie durch das Fenster des Zeitungsladens hindurch beobachteten, sie unmöglich hören konnte.
    »Verdammt, sieht der hässlich aus! Das ist so ein Pädophiler, ein richtiger Schweinigel«, fuhr Nina fort.
    Der Mann blätterte in einer Zeitschrift und hatte ihnen den Rücken zugewandt, sodass Elise sein Gesicht nicht sehen konnte. Aber zumindest trug er keinen verdächtigen Hut oder hatte sich den Mantelkragen hochgeklappt, um sich vor ihren Blicken zu schützen.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Elise. »War er etwa hinter dir her …?«
    »Nein, wo denkst du hin!? Ich hab es von anderen gehört. Er ist scharf auf kleine Mädchen und kann seine Finger einfach nicht von ihnen lassen. Gehen wir?«
    »Aber ich hab kein Geld. Du wirst mir doch wenigstens einen Hunni leihen können, oder?«, bettelte Elise.
    »Was ich habe, reicht ja kaum für mich selbst. Sofia und Magda sind schon im Krokodil , und ich geh jetzt auch hin. Du kannst ja nach Hause gehen und Geld besorgen, dann treffen wir uns dort wieder.«
    Vollkommen unbeschwert machte sich Nina auf den Weg und ließ eine ratlose Elise zurück. Nach einer Weile drehte Nina sich um, winkte und rief mit einem fröhlichen Lächeln:
    »Beeil dich!«
    Elise schaute erneut durch das Fenster des Zeitschriftenladens, und ihre Augen blieben an dem Typen hängen, den Nina als Pädophilen bezeichnet hatte. Er stand immer noch an derselben Stelle und las seelenruhig in den Zeitschriften, aber es waren ziemlich viele Leute in dem Laden, und der Verkäufer hatte wahrscheinlich keine Zeit, ihn zurechtzuweisen.
    Elise musste an eine Fernsehsendung denken, die sie vor einer Weile gesehen hatte. Eine Reportage über ein paar Mädchen in Malmö, die aus den verschiedensten Gründen auf den Strich gingen. Ihre Gesichter waren unkenntlich gemacht und ihre Stimmen verzerrt worden. Elise
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