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Nummer 28 greift ein Wir Kinder aus der Brunnenstraße

Titel: Nummer 28 greift ein Wir Kinder aus der Brunnenstraße
Autoren: dtv
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dem aus man sehen kann, ob mit dem Tandem
     alles okay ist«, erinnerte Fiede sie.
    Vorsichtig betraten sie die fremde Wohnung. Im Flur standen Plastiktüten, leere Flaschen und Schuhe herum. Stolpernd folgten
     sie dem Jungen in das Zimmer am Ende des Flurs, aus dem das Fernsehgedröhn kam. Ohne den gebannt Richtung Fernseher blickenden
     Jungen auf dem Sofa zu beachten, eilte Nadeshda sofort zum Fenster und schaute hinaus. Erleichtert atmete sie auf. Das Tandem
     stand noch genauso da, wiesie es verlassen hatten: Eingekeilt von Gogos und Poli-Kalas Rädern an den Fahrradständer gelehnt.
    Fiede klappte seinen weißen Stock aus und tastete sich damit zu Nadeshda.
    »Alles klar mit dem Tandem«, raunte Nadeshda ihm zu.
    Fiede rümpfte die Nase und flüsterte ihr zu: »Hier riecht es nach alten Socken und gammliger Milch. Wie mindestens drei Monate
     nicht mehr gelüftet. Sieht es auch so aus?«
    Erst jetzt nahm Nadeshda den merkwürdigen muffigen Geruch wahr, sie schaute sich genauer im Zimmer um. Auf dem Boden lagen
     leere Pizzakartons, mit Tomatensoße beschmierte Servietten, einzelne Socken, halbleere Joghurtbecher und angebissene Äpfel,
     als hätte hier seit Wochen niemand mehr sauber gemacht und aufgeräumt. Sogar das Ledersofa, auf dem der Junge saß, war übersät
     von zerknüllten Schokoriegelverpackungen, Getränkedosen und Chipstüten. Irgendwo mitten dazwischen saß der Junge, futterte
     Kartoffelchips und starrte gebannt auf einen Riesenbildschirm.
    Poli-Kala schien das alles nicht zu stören. »Boah, wie im Kino!«, trötete sie. Sie schmiss sich neben den Jungen auf das Sofa
     und starrte ebenfalls auf den Fernseher.
    Gogo stand ratlos mit der Tasche neben dem Sofa herum. Nadeshda und Fiede waren in der Nähe desFensters stehen geblieben. Von Zeit zu Zeit schaute Nadeshda kontrollierend zu den Fahrrädern hinunter. »Bist du sicher, dass
     dein Bruder gleich kommt?«, rief sie dem Jungen schließlich zu. Sie musste fast schreien, um das Getöse eines Wasserfalls
     im Fernsehen zu übertönen.
    »Klar, hundertpro«, brüllte der Junge zurück. »Der muss gleich da sein. Dann gehen wir nämlich Geschenke kaufen. Und hinterher
     essen und danach ins Kino. Ich habe nämlich heute Geburtstag. Ihr dürft mir gratulieren!«
    »Oh, herzlichen Glückwunsch«, beeilten sich Nadeshda, Gogo, Fiede und Poli-Kala zu sagen.
    Aber ihre Glückwünsche gingen im Fernsehgetöse unter. Der Junge hatte den Ton noch lauter gestellt. Zwischendurch wandte er
     sich ihnen wieder zu. »Ich heiße übrigens Elmo. Ihr könnt mich El nennen.«
    »Wo sind denn deine Eltern, Elmo?«, fragte Fiede. »Feiern die gar nicht mit dir zusammen deinen Geburtstag?«
    »Nö«, sagte Elmo schulterzuckend. »Meine Eltern, die sind auf Geschäftsreise. Macht aber nichts. Mein großer Bruder ist ja
     da. Sie haben ihm Geld gegeben. Davon darf ich mir alles wünschen, was ich will. Ich wünsche mir ein Fahrrad.« Sein Blick
     fiel auf Fiedes weißen Stock. Er deutete mit einer Kopfbewegung zu Fiede hin und fragte Poli-Kala, die neben ihm saß: »Hey,
     ist der blind?«
    Nadeshda wusste: Wenn Fiede eines hasste, dann war es, wenn Leute in seiner Gegenwart über ihn redeten, als wäre er gar nicht
     da. Bevor Poli-Kala dem Jungen antworten konnte, blaffte Fiede ihn an: »Ja, der ist blind.« Und fügte grantig hinzu: »Aber
     taub ist er nicht.«
    Elmo schaute verdutzt zu Fiede hinüber. »Oh, hey, sorry. Wie ist das denn so, wenn man blind ist?«
    »Mach die Augen zu. Dann weißt du’s«, erwiderte Fiede entnervt.
    »Hey, setz dich doch. Du musst nicht die ganze Zeit herumstehen!«, sagte der Junge versöhnlich. Während er mit einem halben
     Auge zum Bildschirm sah, fegte er die leeren Schokoriegelverpackungen vom Sofa, um Platz zu schaffen. »Hey, ihr könnt euch
     auch hinsetzen!«, forderte er Nadeshda und Gogo auf.
    Die beiden folgten Elmos Einladung zögernd. Nur Fiede blieb am Fenster stehen. Nadeshda sah, dass er nach dem Fenstergriff
     tastete und das Fenster auf Kipp öffnete. Er schien hinauszulauschen. Wie auch immer er das bei der Lautstärke des Fernsehers
     schaffte.
    »Wollt ihr was essen oder trinken? Nehmt euch, was ihr wollt!« Elmo wies großzügig auf die Getränkedosen und hielt ihnen eine
     der Chipstüten hin. Poli-Kala stürzte sich begeistert darauf.
    Endlich wurde der Film von einer Werbepause unterbrochen. Elmo lehnte sich auf dem Sofa zurück, verschränktedie Arme ineinander und schaute zufrieden in die Runde.
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