Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst

Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst

Titel: Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst
Autoren: Marlies Ferber
Vom Netzwerk:
Werkzeuge in der Hand, die sie brauchen, um unser Leben vollständig zu kontrollieren«, ereiferte sich Thomas Maddison.
    »Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht«, sagte Eleonora Hideous und nippte an ihrem Tee.
    »Dort, sehen Sie doch«, fuhr Thomas Maddison erregt fort und deutete auf eine Ecke des Saals. »Selbst hier hat der Staat ein Auge auf uns! Man kann niemandem trauen.«
    »Aber ich bitte Sie, Thomas«, sagte Edith Hideous vergnügt, während sie ihr mit Erdbeermarmelade bestrichenes Scone mit einem dicken Klecks Sahne versah und James zuzwinkerte. »Denken Sie wirklich, den Staat interessiert es, wer von uns beim Bingo gewinnt? Was meinen Sie, James?«
    Sie saßen zu viert am Tisch: die Schwestern Edith und Eleonora Hideous, Thomas Maddison und James. Während die Schwestern und er höflich den weitschweifigen Ausführungen Maddisons über die Gefahren zunehmender staatlicher Kontrolle zuhörten, fragte sich James, warum Maddison wohl hier war. Er wirkte kerngesund und vital. Doch als er sich erhob, um die Teekanne in der Küche wieder auffüllen zu lassen, entdeckte James den kleinen Aufnäher hinten auf seiner Strickjacke: »Eaglehurst, Hastings«.
    Eleonora bemerkte seinen Blick. »Thomas ist zuweilen etwas verwirrt«, erklärte sie. »Die Polizei hier kennt ihn schon. Sie bringen ihn immer wieder nach Hause. Aber stellen Sie sich vor, einmal hat er es sogar bis nach Brighton geschafft!«
    Edith machte eine unmissverständliche Handbewegung zum Kopf hin. »Es gibt Tage, da redet er nur dummes Zeug«, ergänzte sie flüsternd.
    »Ach.«
    Eleonora lächelte. »Aber ansonsten ist er zuvorkommend, gebildet, und er hat gute Umgangsformen. Er war an der Universität Glasgow. Irgendetwas Naturwissenschaftliches hat er gelehrt. Was war es noch gleich?«
    Thomas Maddison kam mit der Teekanne zurück. »Wem darf ich einschenken? Eleonora, meine Liebe, wie sieht es aus, noch eine Tasse Tee?«
    Eleonora machte eine abwehrende Handbewegung. »Danke, ich habe genug. Aber sagen Sie, Thomas, was haben Sie an der Universität gelehrt? Es ist mir entfallen.«
    Thomas Maddison schaute sie irritiert an. »Ich habe an der Universität Glasgow gelehrt«, sagte er langsam, so als versuche er sich zu erinnern, was genau es gewesen war.
    Edith reichte ihm ihre Tasse. »Bitte nur ein Schlückchen!« Etwas leiser fügte sie hinzu: »Ich muss an meine Blase denken. Es wäre zu schade, Bingo zu verpassen, nur weil ich zur Toilette muss.«
    James verabscheute Tee. Ein Scotch, das wäre jetzt das Richtige. Mit einem Anflug von Vorfreude dachte er an einen der Umzugskartons, der zur Hälfte mit den Beständen seiner Bar gefüllt war. Das Alter mochte Jahr für Jahr etwas von der Liste streichen, das ihm Freude bereitete. Aber bis jetzt war genug von dem übrig geblieben, was das Leben lebenswert machte. Erinnerungen gehörten dazu. Das Theater, Bücher, das Rauchen.Und ganz entschieden auch Alkohol. Er fand es immer noch großartig, sich von Zeit zu Zeit zu betrinken.
    Plötzlich wurden die Tische abgeräumt, nur die noch nicht geleerten Teetassen blieben stehen. Offensichtlich wusste jeder im Raum, was dies bedeutete, denn Papier raschelte, man kramte Bingo-Scheine und Bleistifte hervor.
    »Was gibt es zu gewinnen?«, scherzte James. »Eine Reise nach Las Vegas?«
    »Sie werden schon sehen«, meinte Eleonora, und Edith fügte trocken hinzu: »Erwarten Sie nicht zu viel!«
    Dann ging alles ganz schnell. Die selbst ernannte Seele von Eaglehurst, Mrs White, verlas die Nummern, und es blieb kaum Zeit, aufzuschauen. Alle sahen konzentriert ihre Zahlenreihen durch, denn sie hatten samt und sonders das Angebot »Drei Scheine für zwei Pfund« wahrgenommen, einige Glücksspielbegeisterte hatten sogar sechs Scheine vor sich ausgebreitet. James erinnerte sich an frühere Besuche in den Spielcasinos der Welt. Und nun, mit siebzig, Bingo im Altenheim! Er stöhnte leise.
    »Kein Glück?«, fragte Eleonora mitfühlend. »Warten Sie nur, das kommt vielleicht noch!«
    »Chemie«, sagte Thomas Maddison plötzlich und prostete James lächelnd zu. Armer Kerl, dachte James, während er zusah, wie Maddison hastig trank und gleich wieder nach dem Bleistift griff.
    »Sie waren Chemieprofessor?«, fragte James höflich nach. »Welch interessanter Beruf!«
    Doch Thomas Maddison antwortete nicht, sondern sprang erregt auf und warf dabei fast seinen Stuhl um.
    »Bingo!!«, rief er so durchdringend, dass alle am Tisch zusammenfuhren. Kaum war sein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher