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November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)

November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)

Titel: November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)
Autoren: Alfred Döblin
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sich umständlich: »Waren Sie im Wachsaal? Was Neues?« Der Kollege sagte: »Zehn neue Grippe. Zwei Todesfälle, ein Moribunder.«
    Als der Chef allein saß, irrten seine Gedanken zu den Gärtnereikatalogen. Aber während seine linke Hand sie unter den Akten suchte, tastete seine rechte nach dem Telephon, er hob ab: »Meine Wohnung, Albert. – Frauchen? Ich bin’s. Was hast du für Mittag vorbereitet?«
    Drüben zwitscherte eine jüngere hübsche Frau, rundlich, lebendig: »Grade wollte ich anrufen. Unsere Leitung hat eine Störung. Ich telephoniere und telephoniere nach dir, und bekomme keinen Anschluß.« »Ich habe gleich Verbindung bekommen.« »Vielleicht ist es der Sturm.« »Ja, er ist furchtbar. Also ich werde es für dich übernehmen. Beim Schlächter?« »Überall. Ich habe doch nichts. Dein Bursche läßt sich von mir Aufträge geben, nimmt das Geld, es sind schon zwei Stunden, und kommt nicht. Wann soll ich mit dem Kochen anfangen. Und heute ist doch dein salzfreier Tag!« »Mein Gott, was machen wir.« »Männe, reg dich nicht auf, es wird eine halbe Stunde später fertig, der Blumenkohl braucht nicht viel.« »Ich schicke gleich einen Mann. Was sagst du, dein Bursche ist vor zwei Stunden weg, mit Geld? Das ist ja unerhört.« »Die Kaserne meldet sich nicht. Soll ich rübergehen?« »Nein, bitte nicht. Halte dich im Haus. Laß keinen rein.« »Aber Männe, so aufgeregt.«
    Er schrieb sich das Gemüse und Obst auf, das die Frau diktierte, klingelte nach Kralik, der sofort abzog, verlangte die Artilleriekaserne. Antwort: »Meldet sich nicht.« »Rufen Sie nochmal, sagen Sie, ich bin am Apparat und wünsche Herrn Oberst Zinn zu sprechen.« Nach einer Pause: »Die Artilleriekaserne meldet sich nicht.« Er schleuderte den Hörer hin.
    Wütend stand er auf, Unruhstifter, Rädelsführer, aufhängen, mit Geld durchgehen. Er schrie in den Apparat: »Der Sanitätsfeldwebel zu mir.« Der bekam keinen Gruß, als er eintrat. Er half dem Chef in den weißen Mantel.
    Auf der Treppe liefen Schwestern vor ihnen, der Chef sah sie nicht, er stürmte, ohne zu sehen und zu hören, ohne den ordinierenden Arzt der Station zu beachten, durch die ersten Krankensäle der Inneren Abteilung. Durch einen Seitenkorridor, dessen Boden rechts und links mit leichten Grippefällen belegt war, irrte eine Figur mit Schulterverband. Das Gesicht des Chefs entwölkte sich: »Leutnant Maus auf der Inneren?« »Entschuldigung, Herr Oberstabsarzt.« »Kein Grund, ich bin bald drüben.« »Wir waren neugierig, Becker und ich, wegen dieser« – er machte mit den Fingern eine zappelnde Bewegung – »Geschichte in der Stadt.« »So, Sie wissen was?« »Nein, ich dachte, Herr Oberstabsarzt.« »Nichts. Nur (er sann nach) die Artilleriekaserne meldet sich nicht.« »Telephonisch?« »Ja.« Sie waren plötzlich nicht mehr Oberstabsarzt und Patient, sondern zwei Offiziere. Als Maus schwieg, verabschiedete sich der Chef rasch.
    Einige Schritte darauf stellte er sich vor seinen Feldwebel und sah ihn an, als ob er ihn fressen wollte: »Ist hier Unordnung? Brennt man hier auch durch?« Der Feldwebel blickte nach rechts und links, die Oberschwester entfernte sich rasch aus dem Gesichtsfeld, der Feldwebel flüsterte: »Die Leute hier auf der Station wissen ja noch nichts, Herr Oberstabsarzt, die sind zu krank. Aber unten auf der Infektion und auf der Chirurgischen.« Der Chef war sprachlos: »Was ist auf der Infektion? Die Bazillenträger?« »Reißen aus, als wenn nichts wäre. Fast die ganze Station ist weg.« »Und das sagen Sie erst jetzt?« »Befehl. Es steht im Rapport, der auf dem Tisch von Herrn Oberstabsarzt liegt, ich habe im Zimmer von Herrn Oberstabsarzt gebeten, Rapport zu erstatten.« »Und?« »Herr Oberstabsarzt haben mich nicht angehört und sind aus dem Zimmer gegangen.«
    Der Chef glotzte ihn an, man setzt sein Leben aufs Spiel, sie verschwören sich gegen einen, Banditen, es ist mein salzfreier Tag (nur nicht aufregen, schadet dem Herzen). Der Sanitäter: Wenn er sich an mir ausläßt, brülle ich auch.
    Die große blonde Schwester war im chirurgischen Hauptsaal grade mit dem letzten Verband fertig und wollte den Wagen in den Operationssaal zurückfahren, als draußen eine Tür klappte. Die Mutter Hegen arbeitete im Korridor, hinter ihr schoben zwei Wärter das Bett des Fliegers aus dem Einzelzimmer.
    Sie rollten es in das kleine Zimmer dicht am Eingang, wo die Leichen auf Abholung warteten.
    Im Operationssaal, dessen Tür sie hinter
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