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Nova

Nova

Titel: Nova
Autoren: Wolfram Kober
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gehen«, knurrte Kyodo. »Soll jemand anders das Versuchskaninchen spielen.« Er wandte sich demonstrativ ab.
Narik sah abwechselnd von Asher zu Velasco. Dann sagte er lauernd: »Und du, Velasco? Du könntest doch…«
    Fast hätte Velasco laut aufgelacht.
Du hast wenig Überzeugungskraft in deinen Vorschlag hineingelegt, dachte er. Ich weiß schon, du hältst dich selbst für den Würdigsten, für den, der unsere Sache am besten vertreten kann, weil du die Nerven dazu besitzt. Ich könnte ja wieder schießen.
Aber laut sagte er: »Nein, ich auch nicht. Asher oder du. Ich glaube, du solltest gehen, schließlich stammen Hypothese und Experiment von dir.«
Er wollte noch etwas Verletzendes hinzufügen, weil Nariks Selbstgefälligkeit ihn abstieß, aber er schreckte davor zurück, als er sah, wieviel Freude in Narik war.
»Asher, Kyodo?«
Beide bejahten den Vorschlag.
Nur eine Frage noch quälte Velasco.
Wenn die Fremden Dimensionen durchquerten wie einfache Türen – weshalb ließen sie die Menschen das gewagte Experiment unternehmen? Warum öffneten sie nicht selbst das Tor zu ihnen?
8
    Narik schritt auf den Kreis der Bioroiden zu. Er setzte sich in das Alab.
Vom Schiff aus verfolgten sie die Zündung.
Der Lichtblitz, der innerhalb der Gravitationsglocke entstand, war nicht zu sehen. Die Glocke ließ keine Abstrahlung der Photonen und Gravitationswellen zu. Selbst das Grollen des Bodens wirkte nur schwächlich, als wäre nichts geschehen.
Nach zwanzig Sekunden verringerten die Bioroiden die Energiezufuhr. Die Glocke wurde durchsichtig. In ihr wogte milchiger Rauch, der sich konzentrisch zusammenzog. Ein Kegel entstand. Der Ausschnitt ockerbrauner Landschaft erschien in ihm.
Die andere Welt.
Das Alab ruckte an und fuhr in den Kegel hinein.
»Er hat es geschafft«, stöhnte Kyodo.
    Velasco wischte die feuchten Handflächen an den Hosenbeinen ab.
Dann brach die Verbindung mit dem Alab ab. Das alte, gewohnte Bild zeigte sich. Narik war unerreichbar für sie geworden; auf Gedeih und Verderb den Fremden ausgeliefert.
Die unerträgliche Spannung fiel von Velasco ab. Es war vorbei. Alles Weitere hing nicht mehr von ihnen, sondern von Wesen ab, die keiner kannte. Niemand besaß auch nur ein Fünkchen Vorstellung davon, was dort drüben geschah. Auch die üppigste Phantasie war kein Ersatz für fehlendes Wissen.
Doch dann kam alles ganz anders, so widersinnig und überraschend, daß sich ihre Hilflosigkeit steigerte.
Nariks Alab blieb nicht verschwunden. Von einem Moment zum anderen wurde es wieder sichtbar.
    »Ich komme zurück«, hörten sie Nariks Stimme wie aus weiter Ferne, matt und niedergeschlagen.
»Ist was schiefgegangen?«
»Wartet, bis ich komme«, lautete seine Antwort, dann schwieg er.
    Nariks Gleichmut und Unnahbarkeit, seine stolze Zurückhaltung waren wie weggeblasen. Unübersehbare Enttäuschung hatte ihn gezeichnet.
    »Sie haben mich abgelehnt«, sagte er. »Ich sah sie nicht. Ich hörte nur eine Stimme. Sie sagte, ich sei nicht der Würdigste.« Er schüttelte den Kopf, ungläubig, gekränkt. »›Geh zurück‹, sagte jemand, ›und schick den Würdigsten.‹«
    »Das gibt es doch nicht!« rief Kyodo. »Und du hast niemand gesehen?«
»Wäre die Stimme nicht gewesen, ich würde an einen Traum glauben, so, wie Velasco vielleicht gefühlt hat auf der Lichtung. Aber sie existieren.«
    »Die spielen Katze und Maus mit uns…« Der Zorn erstickte Kyodos Stimme.
»Wir werden es nur erfahren, wenn sie einen von uns annehmen«, sagte Asher.
»Dann geh du«, bestimmte Velasco. Wer anders als die einfühlsame, freundliche Asher konnte nach Narik diese schwere Mission übernehmen? Kyodo? Der benahm sich wie eine Ladung Dynamit. Er selbst? Nein! Da war das Geschehen auf der Lichtung.
»Gut«, sagte Narik. »Wir benötigen einen Tag, um ein neues Tor zu schaffen.«
Als es fertig war, fuhr Asher hindurch.
     
Aber auch sie kam zurück – mit der gleichen Antwort wie Narik.
    Es fiel Velasco schwer, Emotion von Vernunft zu trennen. Was hier geschah, verletzte ihn zutiefst. Daß Narik eine Abfuhr erteilt wurde, nahm er nicht tragisch. Zu einem Teil gönnte er es ihm sogar. Aber Narik war letztlich nicht schlechter oder besser als er selbst oder Asher oder Kyodo. Die Fremden legten in überheblicher Art einen Maßstab an, den die Menschen nicht kannten. Jeder von ihnen hatte seinen Platz im sozialen Gefüge, jeder Vorzüge und Mängel, die zu verurteilen oder zu loben der Menschheit insgesamt, nicht aber dem einzelnen
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