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Notruf 112

Notruf 112

Titel: Notruf 112
Autoren: Christian Seifert , Christian
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es auch nur um die Ecke wäre – wird der Zusammenhang in unserer Dokumentation nicht erkannt.
    Extrem wachsam sind wir dabei immer. Es wäre doch denkbar, dass in der Nachbarschaft zu einem angekündigten Osterfeuer rein zufällig plötzlich auch noch ein Wohnungsbrand ausbricht. Oder ein Brandstifter das Osterfeuer als Inspiration begreift und in der Nähe gleich noch eine Scheune anzündet. Das ist schließlich alles schon da gewesen.
    Oft sind die Meldungen auch sehr ungenau. Was soll ich zum Beispiel anfangen mit folgender (übrigens häufiger vorkommendem) sehr vagen Beschreibung:
    »Ich fahre gerade auf der Autobahn und sehe in der Ferne Feuerschein.« Ist das jetzt das gemeldete Osterfeuer? Oder doch ein zweiter Brand? Bei den geringsten Zweifeln schicken wir deshalb immer ein Fahrzeug zur Erkundung los – selbst auf die Gefahr hin, milde belächelt zu werden.
    Nennt es übertriebene Vorsicht. Von mir aus sogar Blaulichtparanoia. Unsere Paranoia hat manchem von euch da draußen auf jeden Fall schon das Leben, Haus und Hof gerettet.

Oktoberfest
    Es gibt zwei Wochen in jedem Herbst – da kann man mit mir nicht rechnen. Da sage ich jede Einladung, jeden Wochenendausflug, jede Freizeitbeschäftigung ab. Denn da laufen wir auf Hochtouren. Es ist das Oktoberfest, das nicht nur uns in der Integrierten Leitstelle, sondern der gesamten Münchner Feuerwehr, dem Bayerischen Roten Kreuz und auch allen Hilfsorganisationen und privaten Rettungsdiensten Höchstleistungen abverlangt. Nicht weil da jedes Jahr aufs Neue das totale Chaos ausbricht. Sondern weil wir darauf vorbereitet sein müssen, dass das Chaos ausbrechen könnte. Brände, Terror, Sturm, Explosion, Massenpanik, Stromausfall, Unfälle in den Fahrgeschäften – es gibt kein Szenario, das wir nicht zumindest gedanklich bis in die Details durchgespielt haben. Schließlich erwarten wir Besuch. Unglaubliche Mengen Besucher aus der ganzen Welt!
    An den Spitzentagen tummeln sich auf der Münchner Theresienwiese bis zu 400.000 Menschen. Das kommt in etwa der Bevölkerung einer mittelgroßen deutschen Stadt wie Bochum gleich. Das größte Volksfest der Welt spielt sich jedoch auf einer Fläche von lediglich 31 Hektar ab. Das entspricht gerade mal der Größe von rund 40 Fußballfeldern. Und auf dieser Fläche stehen neben all den Menschen noch 14 große und 15 kleine Festzelte, zirka 120 Schaustellerbetriebe und 80 Fahrgeschäfte. Wenn das gut gehen soll, muss man planen, schon lange Zeit vorher.
    Nach der Wiesn ist somit vor der Wiesn. Das ist das Motto aller an der Wiesn beteiligten Behörden und Organisationen. Und so vergeht auch für uns übers Jahr kaum ein Tag, an dem wir nicht für das nächste Oktoberfest planen. Sämtliche Dienstpläne, die gesamte Personalplanung und die Besetzungen der Wachen richten sich an diesem Ereignis aus. Speziell am sogenannten Italiener-Wochenende, an dem unsere fröhlichen Nachbarn zu Zehntausenden über den Brenner kommen und die Wiesn in die »Festa alle birra« verwandeln. Da sind wir dann heilfroh, wenn unsere Kollegen aus Bozen/Südtirol uns unterstützen und die Verständigung mit ihrer Hilfe ein wenig einfacher wird. Uns wäre es mittlerweile sehr recht, wenn sie die gesamten 16 Wiesn-Tage an unserer Seite wären. Einer von ihnen fährt immer auf den ausrückenden Fahrzeugen unserer Wache mit, die sehr nahe am Oktoberfestgelände liegt. Das hat sich beispielsweise einmal bewährt, als ein sturzbetrunkener Italiener von der Brücke eines S-Bahnhofes stürzte und schwer verletzt unten liegen blieb. Da er noch bei Bewusstsein war, konnte der Bozener Kollege der Münchner Notärztin gleich mit seiner fachkundigen Übersetzung dienen.
    An den Oktoberfesttagen bescheren uns die Gäste aus München, Bayern und dem Rest der Welt zu den durchschnittlich täglich 1300 Einsatznummern weitere 600. Der weitaus größte Teil steht natürlich im direkten Zusammenhang mit der fatalen Wirkung der im Übermaß genossenen hervorragenden Münchner Biere. An den Spitzentagen kommen wir manchmal auf bis zu 2400 Einsatznummern. Unser Glück ist, dass auf der Theresienwiese im Jahr 2004 der alte, aus Baracken und Zirkuswagen bestehende Behördenhof durch ein modernes Servicezentrum ersetzt wurde. Die kuschelige Wiesn-Romantik im Behördenhof war damit zwar dahin, doch mit Romantik hat das Oktoberfest für die Einsatzkräfte schon lange nichts mehr zu tun. In den neuen Räumen sind neben Polizei und Tourismusamt auch die zwölf Mann starke
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