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Notruf 112

Notruf 112

Titel: Notruf 112
Autoren: Christian Seifert , Christian
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sicher das falsche Wort. Aber manchmal ist das Leben eben doch ein ganz klein bisschen gerecht.
Das Qualitätsprodukt
    Über was unterhält man sich mit einer Frau, in deren Innerstem ein Vibrator unaufhörlich seine Runden dreht? Eine schwierige Frage, die die Ärzte und eine resolute Schwester schließlich mit Bravour gelöst haben. Ein Fall, über den wir auch heute noch schmunzeln – natürlich nur, weil am Ende ein Happy End ohne schwere gesundheitliche Folgen stand. Sonst wär es ja auch nicht lustig.
    Anruf mitten in der Nacht bei uns in der Integrierten Leitstelle, wiederum ein Mann:
    »Guten Abend, Schmitz mein Name. Meine Frau hat ein Problem …«
    »Was denn für ein Problem?«
    »Sie blutet ziemlich … unterwärts.«
    »Also hat sie ein gynäkologisches Problem? Ist Ihre Frau schwanger?«
    »Nein, nein! Eher ganz im Gegenteil! Es ist, ja also, es ist ein Vibrator, den wir nicht mehr rauskriegen. Wenn Sie verstehen …«
    »Oh! Ich verstehe. Also doch ein gynäkologisches Problem?«
    »Neiiin! Nein, eben nicht.« Er ringt nach Worten und Fassung. Und fährt tapfer fort: »Es ist nämlich so, dass der Vibrator nicht da ist, wo er eigentlich hingehört. Verstehen Sie?«
    Na klar, Mann. Ich bin doch nicht blöd. Und noch dazu bin ich erwachsen. Ich lasse ihn einfach weiterreden.
    »Und jetzt bringt sie das Ding eben nicht mehr raus. Wir haben es versucht, aber jetzt ist sie so wund, dass überhaupt nichts mehr geht. Ach, ich weiß auch nicht. Es ist eine saublöde Situation …«
    »Ist der Vibrator noch an?«
    »Und wie. Höchste Stufe …«, antwortet Herr Schmitz und ich sehe ihn förmlich dasitzen auf der Bettkante, ratlos, mutlos und verlegen.
    Jetzt bloß nicht grinsen. Das überträgt sich nämlich am Telefon auf das Gegenüber. Zudem besteht allmählich akute Lachkrampfgefahr. Und das geht natürlich gar nicht.
    »Okay, Herr Schmitz. Ich schicke Ihrer Frau jetzt einen Rettungswagen. Machen Sie und Ihre Frau jetzt nichts mehr. Alles Weitere überlassen Sie besser dem Doktor.«
    Was für ein Meldebild soll ich da jetzt eingeben? Ich entscheide mich für die ungeschminkte, hässliche Wahrheit: »Sonstiger Notfall« – mit dem Zusatz »Vibrator in Rektum«. Damit die Rettungswagenbesatzung auch schon mal eine kleine Vorfreude hat.
    Die Fahrt in die Klinik verläuft eher wortkarg. Der Rettungsassistent und die Patientin Schmitz bemühen sich um Normalität. Aber mit dem ständig präsenten Surren im Bauch ist natürlich überhaupt nichts mehr normal. Alle Konversationsversuche ersticken jedenfalls im Keim. Ein Versuch: »Haben Sie Schmerzen?«
    »Nein, nein. Geht schon. Danke …«
    Und dann die Patientin: »Wie viel Uhr ist es eigentlich?«
    »Kurz nach drei Uhr.«
    »Oh, schon so spät …«
    Eine absurde Situation und alle sind heilfroh, als endlich die Klinik in Sichtweite kommt.
    Gut, ich gebe es zu: Ich war neugierig. Ich habe später in der Ambulanz angerufen, weil ich wissen wollte, wie dieses Problem gelöst wurde. Der Chirurg war relativ schnell am Ende mit seinen Möglichkeiten. Weil Frau Schmitz nun über Schmerzen klagte, entschied er sich für die radikale Variante: »Also, ich mache dann jetzt den Bauch auf!« Frau Schmitz brach umgehend in Tränen aus.
    Aber es nahte Rettung, und zwar in Gestalt der erfahrenen, mit allen Wassern gewaschenen Oberschwester. Sie nämlich schlug vor, vor dem operativen Eingriff noch den diensthabenden Gynäkologen um Rat zu fragen. Dieser Spezialist ist es schließlich gewohnt, auf – sagen wir mal – engstem Raum zu arbeiten, und hat für Probleme dieser Art auch die entsprechenden Instrumente.
    Zehn Minuten musste die arme Frau Schmitz noch die Zähne zusammenbeißen. Dann kam das immer noch vergnügt surrende, lilafarbene Corpus Delicti wieder zum Vorschein. Die Batterie hat bis zum Ende durchgehalten. Ohne Frage ein Qualitätsprodukt. Frau Schmitz wollte das Ding trotzdem nicht wieder mit nach Hause nehmen.

    Ich erinnere mich auch immer wieder gern an einen Mann, der sich mit einem wahrlich schmerzhaften Problem an uns wandte. In seinem Innersten steckte nämlich – unerreichbar für ihn – ein abgebrochener Klobürstenstiel. Er erzählte uns eine vogelwilde Geschichte, wie er beim Duschen auf der Seife ausgerutscht und aus der Wanne gefallen sei, bedauerlicherweise mit dem Hinterteil voran eben direkt auf besagte Klobürste. Ein bisschen viel Zufall. Diese lächerliche Geschichte glaubte er wohl selbst nicht.
    Der Arzt hörte sich den ganzen
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