Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Norderney-Bunker

Norderney-Bunker

Titel: Norderney-Bunker
Autoren: Manfred Reuter
Vom Netzwerk:
Rezeptionisten, verhallte ungehört. Der junge Mitarbeiter schien tatsächlich bereits nach Hause gegangen zu sein. Von der Straße schimmerte nur noch der erbärmliche Lichtschein der Straßenlampe durch die breite Fensterfront. Aden erhob sich aus dem Sessel. Er spürte, wie seine Hände feucht wurden. Er hörte seinen eigenen Atem, und in diesem Moment nahm er ihn wahr wie eine Drohkulisse. Er tastete sich durch die Dunkelheit Richtung Rezeptionstheke, von dort aus waren es nur noch fünf, sechs Meter bis zum Technikraum mit dem Sicherungskasten. Vielleicht war ja nur wieder eine Sicherung rausgeflogen. Erst vor ein paar Tagen war dies passiert, als die neue Kühltheke einen Defekt hatte.
    Ohrenbetäubender Lärm erfüllte das Foyer, als Aden gegen eine Blumenvase stieß, die zu Boden fiel und klirrend in tausend Einzelteile zersprang. Mit den Schuhen schob Aden, der mittlerweile an einer Stehlampe provisorischen Halt gefunden hatte, die Glassplitter zur Seite, als er ein Knistern hörte, das nicht mehr als zwei, drei Meter von ihm entfernt sein konnte. Er fragte sich, ob wohl ein Feuer ausgebrochen war, doch weil er keinen Brandgeruch wahrnehmen konnte, verwarf er diesen Gedanken rasch. Nun war sie wieder da, diese Stille, die Aden den Schweiß auf die Stirn trieb. Er riss seine Augen auf, er spürte, dass er kreidebleich sein musste. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass er am ganzen Leib zitterte und die Gewissheit, dass er ein Flüstern wahrgenommen hatte und den Geruch frischen Körperschweißes sowie eines drittklassigen Eau de Toilettes, ließ ihn erstarren. Nur zu deutlich und bedrohlich intensiv spürte er jetzt den Atem eines Menschen am Ohr und an der Schläfe. In der gleichen Sekunde wurde er am Arm gepackt und nach hinten gerissen.
    „So, mein Freund. Höchste Zeit, ein paar Dinge zu klären“, stieß ihm jemand durch die Zähne wie einen Sirenenton mitten ins Gesicht. Aden fuhr erneut zusammen, er spürte, wie seine Knie nachgaben, sein Herz bis in die Schläfen pochte und ihm die Nase lief. Der Mann, der ihn gepackt hatte, schob ihn mit einem Ruck zwei Meter zurück. Dort war wenigstens wieder dieser Schimmer von der Straßenlaterne, sodass zumindest schon einmal die Konturen des Mannes sichtbar wurden, der ihn jetzt mit einem groben Rempler in den Sessel stieß. Nach einem neuerlichen Klacken im Technikraum tauchte ein zweiter Mann vor Aden auf. Der stellte sich breitbeinig vor ihn. Aden wagte es nicht, über dessen Gürtellinie nach oben zu schauen, um die Identität der Eindringlinge festzustellen. Sein Kopf war schwer wie Blei, ihm war speiübel und er hatte alle Mühe, nicht komplett die Kontrolle über seinen Körper zu verlieren.
    „Wir machen es kurz. Wir haben nicht vor, uns lange hier bei dir aufzuhalten. Wir sind woanders untergebracht. Du hast meinen Freund in der Spielbank beleidigt. Wo ist die Kohle?“
    Aden brauchte ein paar Sekunden, um zu realisieren, was da vor sich ging. Er schnaufte, aus der Nase trat Sekret aus, das er zitternd mit einer vollkommen unkontrollierten Bewegung mit dem Ärmel seines Hemdes abwischte. Gleichzeitig fuhr er sich mit dem anderen Hemdsärmel über die schweißnasse Stirn.
    „Was wollt ihr?“, fragte er, um Zeit zu gewinnen. Er hatte noch keine rechte Ahnung, wer vor ihm stand. Zu tief saß der Schock. Schwindel befiel ihn, sein Herz hörte für einen Augenblick auf zu schlagen, dann bollerte es wieder, ungestüm und fern jeder Kontrolle. Er wusste nur, dass auch hinter seinem Sessel, in den sein Körper inzwischen regelrecht eingesunken war, ein Mann stand, der ihn permanent betrachtete – da war er sich zu hundert Prozent sicher. Er hatte das Gefühl, als würde sich dessen Blick durch Schulter, Nacken und Brust gleichzeitig in sein Hirn hineinbohren.
    Endlich brachte er den Mut auf, den Kopf zu heben, während der Mann, der vor ihm stand, in die Knie ging und sie sich nun auf Augenhöhe im Halbdunkel begegneten. Er hatte diesen Mann noch nie gesehen. Außerdem konnte er nicht viel mehr als dessen kantige Konturen erkennen, außerdem die hellen, wuscheligen Augenbrauen und das extrem kurz geschnittene hellblonde, steif gegelte Haar.
    „Was wollen Sie von mir?“, fragte Aden, als er merkte, dass sein Gegenüber auf eine Reaktion von ihm wartete.
    „Wir wollen die Kohle, die du in der Spielbank abgeräumt hast. Sonst nichts.“
    „Wer seid ihr?“, fragte Aden nach einer Sekunde des Schweigens. Dann trat der andere endlich hervor. Er ging gleich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher