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Norderney-Bunker

Norderney-Bunker

Titel: Norderney-Bunker
Autoren: Manfred Reuter
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neben dem Weißbrauigen in die Knie.
    „Ich möchte mich bei dir noch einmal für die zwanzig Euro bedanken, die du mir in der Spielbank feierlich überreicht hast. Die Haarkur bei Rossmann habe ich mir noch nicht gekauft“, flüsterte er Aden ins Ohr. „Vielleicht mache ich das morgen.“
    Aden schüttelte Schultern und Kopf und richtete sich, so gut es ging und immer noch zittrig, im Sessel auf. Er betrachtete den Mann mit den langen schwarzen Haaren und ihm wurde nun allmählich klar, wen er da vor sich hatte.
    „Wo ist die Kohle?“, fuhr der Weißhaarige nun wieder dazwischen und packte Aden am Unterarm.
    „Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich das Geld hier für euch bereitliegen habe“, riss er all seinen Mut zusammen. Aden überlegte, dass er noch mehr Zeit gewinnen musste, denn er spürte, dass seine Besucher immer nervöser wurden. „Das sind keine Profis. Tagediebe, gescheiterte Existenzen. Ich denke ja nicht daran, mich von denen einschüchtern zu lassen“, dachte er, während nun der Langhaarige sprach: „Ich zähle jetzt bis drei. Dann erhebst du deinen vornehmen Arsch aus dem Sessel und führst uns dorthin, wo die Kohle liegt.“
    Fast übergangslos ergänzte der andere: „Und wenn du das nicht tust, dann weiß spätestens übermorgen die ganze Insel, und zwar offiziell, dass der feine Herr Hotelier in seinem früheren Leben in einem Vorort von Köln einen kleinen, aber sehr feinen Betrieb führte. Das wäre weiter nicht allzu verwerflich gewesen, wenn seine weiblichen Beschäftigten dort nicht unter Zwang und mit falschen Papieren ihrem horizontalen Gewerbe nachgegangen wären.“
    Dann ballte er die Faust, von der man meinen konnte, sie besitze die Größe und den Härtegrad einer mittelgroßen Bowlingkugel. Mit dieser Pranke packte er den Hotelier am Kragen. Schnaufend zog der Weißbrauige Aden an sich heran, und zwar so nah, dass sie sich mit den Nasenspitzen berührten. Aden versuchte, zurückzuweichen, doch ohne Erfolg. Er atmete tief durch, riss die Augen auf und rief „Hiiiilf“. Weiter kam er nicht. Die Bowlingkugel traf ihn zunächst auf der Nase, dann an der Stirn, schließlich rechts unten am Kinn, dass es Aden aus dem Sessel katapultierte und er vor der Rezeptionstheke zur Endlage kam. Der mit der Bowlingkugel kniete sich neben den Hotelier, der aus der Nase blutete und keinen Mucks mehr von sich gab. „Morgen Abend um die gleiche Zeit werden wir dich erneut besuchen. Es wäre ratsam, wenn der Koffer mit den 50   000 Euro dann bereitstehen würde“, hauchte die Bowlingkugel dem schwer atmenden Hotelier ins Ohr. Dann verschwanden die beiden Männer in der Dunkelheit der Inselnacht.
     

Gespräche beim Frühstück
    Als Gent Visser in das Apfelstückchen biss, das seine Frau ihm – fein geschält und mundgerecht zugeschnitten – aufs Frühstücksbrett gelegt hatte, hatte er keine Ahnung, ob er süß, süß-säuerlich oder sauer dreinblicken sollte. Er wusste die Situation am Frühstückstisch der Visserschen Küche nicht so recht einzuordnen. Normalerweise hätte er die erste Stulle mit dick aufgetragener Leberwurst oder fetttriefender Mortadella längst verputzt. Doch die Zeiten hatten sich geändert, schlagartig. Im Grunde fühlte Gent sich so gut wie lange nicht mehr, und wenn er über die neue Lebenssituation nachdachte, spürte er sogar so etwas wie Glückgefühle im Bauch. Gemessen am Volumen dieses Köperteils musste er sogar ein besonders glücklicher Mensch sein, dachte er und schmunzelte bei diesem Gedanken über sich selbst. Sicher war schon jetzt: Seinen Humor hatte er nicht verloren. Und während hinten vom kleinen Eckregal die Morgen-Nachrichten von Radio SWS ertönten und Gent sich wunderte, dass die Feuerwehr diese Nacht ohne Fehlalarm ausgekommen war, überlegte er, wie froh er doch sein konnte, dass er überhaupt noch hier neben seiner allerliebsten Frauke auf der Eckbank sitzen durfte.
    Tatsächlich war ihm gestern der Schreck gewaltig in die Glieder gefahren, als sein Hausarzt angerufen hatte. Sein Gefühl war nämlich alles andere als gut gewesen. Nach seinem Herzkasper am Morgen nach dem Auffinden des Prügelopfers am Damenpfad hatte Dr. Oswald de Boer die Stirn tief in Falten gelegt. Gent hatte ihn, das Gesicht weiß wie eine Wand und gebeugten Hauptes, unverzüglich aufgesucht und um Hilfe gebeten. Das EKG hatte zwar keine Auffälligkeiten aufgewiesen, doch sicherheitshalber wollte de Boer es noch einmal mit einem Kollegen besprechen. Zudem hatte
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