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Nördlich des Weltuntergangs

Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs
Autoren: Arto Paasilinna
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und Käse und für den Bären Fisch kaufen. Die Leute in den Dörfern wollten nicht glauben, dass der dritte Weltkrieg wirklich zu Ende war. Sie fragten, ob auch in Finnland Kometen am Himmel gesehen worden seien und was das bedeutete. Stand der Weltuntergang bevor? Die Finnen sagten darauf, dass sie von Kometen nichts wussten und auch nichts wissen wollten.
    Die Strecke endete in Jyskyjärvi. Dort hatte es wohl einmal Industrie gegeben, jetzt waren nur noch leere Hallen mit Blechdächern und eingestürzte Wohnhäuser zu sehen. Die Kunde war dem finnischen Ochsenzug vorausgeeilt, und so kamen mehrere Neugierige zum Bahnhof, die am Oberlauf des Weißmeer-Kemi wohnten. Sie erzählten, dass der Fluss bis ans Weiße Meer befahrbar sei, denn die einst gebauten Staudämme seien im Krieg gesprengt worden, und es gebe sogar wieder Lachse.
    Die Finnen errichteten ein Lager und machten sich daran, zwei Flöße zu bauen. Sie banden den Bären an einer dicken Kiefer fest und forderten die Dorfleute auf, ihre Hunde nicht frei herumlaufen zu lassen, damit sie den Bären nicht reizten. Die Männer des Dorfes halfen beim Bau der Kieferflöße. Bei der Arbeit war der Ochse von großem Nutzen, er zog die Stämme ans Flussufer. Schließlich tauschten die Finnen ihn gegen Proviant ein, und er konnte sich endlich in einem Stall ausruhen.
    Die Dorfleute wussten davon, dass Ukonjärvi einen Fischereistützpunkt am Weißen Meer unterhielt und mehrere Segelschiffe besaß, die zum Fischen bis in die Barentssee fuhren. Das Walfett, das die Finnen auf dem Stützpunkt verkauften, wurde hier im Dorf als Lampenöl benutzt.
    Die Flöße wurden sieben Meter lang und zwei Meter breit. Am schwierigsten war es, den Bären auf eines zu hieven, dabei mussten wieder die Männer aus dem Dorf helfen. Der mit einem Maulkorb versehene und mit Lederriemen gefesselte Petz widersetzte sich heftig, aber sieben Männer schafften es schließlich, die Aufgabe zu erledigen. Auf dem Floß wurde der Bär fest an die Stämme geschnallt, und es wurde zusätzlich mit einem Teerfass und weiteren Ausrüstungsgegenständen beladen; Kapitän wurde Tuirevi Hillikainen, die Besatzung bestand aus zwei Partisanen. Die übrigen Reiseteilnehmer stiegen auf das zweite Floß, das Kommando dort übernahm Taneli Heikura.
    Die Fahrt auf dem schnell fließenden klaren Fluss war ein großartiges Erlebnis. Es war gerade die schönste Ruskazeit, die Birken am Ufer leuchteten in gelben und roten Farben. Die Reisenden angelten während der Fahrt, holten sogar ein paar Lachse aus dem Fluss. Die Stromschnellen sorgten jedes Mal für ein wildes Tempo, die Wellen klatschten auf die Flöße, wobei der Bär den Hintern anhob, denn er hasste es, sein Fell zu benetzen. Tuirevi Hillikainen und Taneli Heikura stakten im Schweiße ihres Angesichts und lenkten ihre Gefährte in die stärkste Strömung. Weil der Fluss tief war, stießen die Flöße kein einziges Mal gegen Steine.
    Die Mahlzeiten wurden am Rande des Floßes über einem Feuer gekocht, das zwischen Steinen brannte. Wenn der Fluss die Richtung wechselte und der Bär Rauch in die Augen bekam, nieste und schnaubte er jedes Mal wütend. Auf dem offenen Wasser gab es keine Mücken mehr, es war bereits Herbst, und Wind wehte. Was für ein Leben! Auch nachts ging die Fahrt weiter, aber über die Stromschnellen fuhr man nur bei Tageslicht.
    Vom Feuer wehte der Duft einer röstenden Äsche herüber, der Mond ging am kalten Himmel auf, durch gedämpftes Brausen kündigte sich eine nahende Stromschnelle an. Eemeli Toropainen lag auf der Spitze des Floßes und ließ den Blinker in den Wasserwirbeln tanzen. Er spürte keinen stechenden Schmerz mehr in der Brust, und das verdankte er Sorjonen, der am anderen Ende des Floßes schlief. Der Fluss machte eine Biegung, eine weite silberne Wasserfläche war zu sehen, dazu das ganze große Firmament und in dessen Mitte ein sonderbarer heller Komet mit langem Schweif.
    Es stimmte! Der Komet schwebte wie ein glühender Fächer am sternklaren Himmel, wie ein Tuch, das eine Göttin achtlos weggeworfen hatte, oder wie der Mantel einer Elfe. Eemeli weckte die Schlafenden und zeigte auf den Kometen. Auch die Besatzung des Nachbarfloßes erwachte, ebenso der Bär, und alle starrten verwundert auf die seltsame Erscheinung am Himmel! Dann kam überraschend die letzte Stromschnelle vor der Flussmündung, der Strom riss die Flöße mit sich, der Schaum spritzte, die dunkle Wasserfläche wurde weiß. Unterdessen blieb der
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