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Noch nicht mal alleinerziehend

Noch nicht mal alleinerziehend

Titel: Noch nicht mal alleinerziehend
Autoren: Dunja M Pechner
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selbst. Aber ich esse kein Fleisch.«
    »Ooh … ¡qué lástima! Nora, das ist gar nicht gesund.«
    Mariano schien wahrlich entsetzt, so als hätte sie ihn furchtbar beleidigt. Es entstand eine peinliche Pause, bis er schließlich zaghaft fragte: »Und pescado – Fisch?«
    »Fisch ist in Ordnung. Wann soll ich wo sein?«
    »Um neun! Ich wohne im Gereonswall 14. Du muss klingeln bei Maracedo.«
    Mariano Maracedo – na, wenn das nicht vielversprechend klang. »Alles klar. Soll ich etwas mitbringen?«
    »Nur dich!«
    Nora kicherte etwas verlegen.
    »Ich freu mich so sehr, Nora.«
    »Bis später!«, sagte sie und legte auf. So müssen Sonntage anfangen, dachte Nora zufrieden. Ihr Körper verlangte nach mehr Kaffee. Sie räkelte sich ausgiebig im Bett, wobei ihr Blick nach oben auf den von ihr eigens kreierten »Porno-Kronleuchter« fiel. Nora hatte das alte Stück aus Kristall, ein Erbstück ihrer Oma, mit Stripperschuhen, Handschellen, schwarzen und weißen Liebesfedern und Holzengeln verziert. Die durchsichtigen Plateauschuhe mit 18 cm Absatz, in deren Sohle sich Dollarscheine in Rollen aneinanderquetschten, hatte sie beim Bummeln in L. A. in einem professionellen Stripper-Laden entdeckt. Nora liebte die Gesichter der Menschen, wenn sie den »King-of-Porn«, wie sie den Kronleuchter liebevoll nannte, zum ersten Mal sahen. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, als ihr Bruder Johann und seine Frau Karin sie, zusammen mit den Kindern, zum ersten Mal besucht hatten. Karin hatte beim Anblick des Leuchters Marc, der damals wohl sechs gewesen sein musste, reflexartig die Augen mit ihren Händen verdeckt. »Geld«, hatte die kleine Mina beim Anblick der Schuhe gerufen, weil Karin sie ganz vergessen hatte. Minas Flehen, die »hübschen Schuhe aus der Lampe« mal anziehen zu dürfen, stieß damals jedoch auf Granit.
    Als Zeichen für Anstand und Sitte hing über Noras Bett ein Bild von Jesus und eins von Maria Magdalena. Beide hielten ihr flammendes Herz in den Händen. Die jeweiligen Rahmen leuchteten auf Wunsch in allen Regenbogenfarben.
    Vom Schlafzimmer kam man auf den Flur, der ins Wohnzimmer und in die Küche führte. Beide Räume waren durch einen Durchbruch miteinander verbunden und im selben Stil eingerichtet: antike Möbel, kombiniert mit schlichten Designermöbeln und »Sperrmüll « , wie ihre Mutter immer sagte. Nora liebte alte Holzmöbel, wie ihren antiken Esstisch von 1887, der bequem acht Personen in der Küche Platz bot. Über ihm baumelte ein sechsarmiger Kronleuchter aus Kupfer, den Nora in einer alten Schmiede in der Eifel entdeckt hatte. Hier stand auch ihr geliebtes Buffet, ein Schnäppchen vom Flohmarkt, in dem Noras » gutes Geschirr und Kristall « untergebracht waren. Im Wohnzimmer thronte an der kurzen Fensterseite ein riesiger, englischer Sekretär. Noras kostbarstes Stück aus dem Jahre 1731, mit dem sie sich vor fast sieben Jahren zum 30. Geburtstag beschenkt hatte. An der linken Wand hing mittig ein 40-Zoll-Flatscreen, darunter stand eine alte Aktenkiste aus Metall mit fünf langen Schubladen. Das gute Stück aus DDR -Zeiten hatte Nora in Berlin tatsächlich vor dem Sperrmüll gerettet. Es war wohl mal grau, beige und auch grün lackiert gewesen – das verrieten jedenfalls die von einigen Roststellen umrahmten, abblätternden Lackschichten. »Kind, willst du dieses hässliche Ding nicht wenigstens mal lackieren lassen?«, fragte ihr Vater sie bei fast jedem Besuch.
    »Nein, Papa, möchte ich nicht. Ich finde, die Truhe spiegelt mich so total wider«, antwortete Nora dann.
    Ihr Vater reagierte stets gleich: Er starrte sie eindringlich an. Mit einem Blick, der verriet, dass er seine älteste Tochter keinesfalls so hässlich und abgeranzt fand wie dieses Teil. Aber auch so, als befürchtete er, Noras Gesichtshaut könne dennoch jede Sekunde abblättern.
    Rechts und links der DDR -Trophäe standen alte, hölzerne Rollaktenschränke, die irgendwann mal Nordwest-Lotto gehört hatten. Das behaupteten zumindest die Aufkleber auf den hölzernen Tresoren in ihrem Inneren. Hier lagerte Noras Musikanlage, der DVD -Player, die Wii-Konsole und ihre unzähligen CD s und DVD s. An der Wand gegenüber stand ein puristisches, beigefarbenes Ledersofa. Davor, auf einem beigefarbenen Lederteppich, boten zwei kleine, antike Beistelltische aus Teakholz ihre Dienste an. Die ganze rechte Seite war mit weißen Wandregalen versehen, die Nora von einem Schreiner hatte anfertigen lassen. Auf ihnen standen unzählige Fotos
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