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Noch nicht mal alleinerziehend

Noch nicht mal alleinerziehend

Titel: Noch nicht mal alleinerziehend
Autoren: Dunja M Pechner
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Heute ließ sie es nicht selten stiefmütterlich im Off-Modus zu Hause liegen. Wer sie erreichen wollte, sollte es halt später noch einmal probieren. Oder eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen, schließlich war der 24 Stunden am Tag im Einsatz. Heute hatte sie das Handy allerdings angemacht und sogar in ihre Handtasche gesteckt. Aber nur, weil sie insgeheim mit einem Anruf von Mariano gerechnet hatte. Und in diesem Fall war eine SMS ausnahmsweise sehr willkommen und gar nicht störend. Im Gegenteil – ganz süß sogar …
    Das fleißige Aufflackern des Anrufbeantworters zeigte Nora an diesem späten Samstagnachmittag, dass seine Existenz durch und durch berechtigt war. Nora drückte die Play-Taste – der AB antwortete prompt mit der gewohnt blechernen Frauenstimme: » Nachricht eins, Samstag, 10. April, 14 Uhr 24: Hey Süße, ich bin’s! Wo hast du denn gestern plötzlich gesteckt? Hast mich einfach stehen lassen. Ich glaub’s ja nicht. Ich hoffe, es hat sich wenigstens gelohnt. Du musst mir alles erzählen, hörst du?! Alles, ich will jedes Detail, vor allem die schmutzigen. RUF MICH AN ! Sobald du das hörst! Tschüüüüüüss.«
    Nora lachte laut, als sie die Nachricht ihrer Freundin Luna hörte. Dieses verrückte Huhn. Luna war eine von Noras besten Freundinnen. Sie hatte den krassesten Humor, den Nora je bei einer Frau erlebt hatte, und dabei sah sie aus wie eine Elfe: 1,76 Meter groß, schlank, mit langen, bis zu den Hüften reichenden schwarzen Haaren und grünen Augen. Luna war wunderschön – und derb. Ein Kerl in Frauengestalt, ganz nach Noras Geschmack. Dass Luna 26 war – zehn Jahre jünger als sie selbst – spielte in ihrer Freundschaft überhaupt keine Rolle. Mit Luna teilte sie die Liebe für intensive, tiefe Gespräche und die Leidenschaft für gute, wilde und lange Partynächte. Dennoch beschloss sie, Luna bezüglich der vergangenen Nacht noch ein bisschen im Unklaren zu lassen.
    »Nachricht zwei, Samstag, 10. April, 14 Uhr 51: Hier ist Sophie! Du bist bestimmt noch bei Mama und Papa und hast schon die frohe Botschaft erhalten. Wahnsinn, oder?! Ich freue mich so, ich hoffe, du auch. Jetzt wirst du also Vierfach-Tante! Na ja, ich wollte es dir eigentlich persönlich sagen. Ich habe auch dreimal versucht, dich übers Handy zu erreichen, aber du bist nicht drangegangen. Und zurückgerufen hast du auch nicht. Aber das ist ja nichts Neues. Egal, ruf doch jetzt mal zurück! Bis dann, Nora!«
    Sophies letzte Worte verfehlten ihre Wirkung nicht – Nora überkam augenblicklich ein schlechtes Gewissen. Ihre kleine Schwester hatte wirklich oft versucht, sie zu erreichen.
    »Nachricht drei, Samstag, 10. April, 15 Uhr 26: Nora, Baby, Kim hier. Wo steckst du? Ach shit, es ist ja Samstag. Du bist bestimmt bei deinen Eltern. Ich wollte nur ein bisschen quatschen. Und dich einladen, aber das erzähl ich dir dann, wenn du zurückrufst. Also, melde dich – BEVOR die Kinder ausziehen!«
    Nora grinste. Kim war wirklich unmöglich. Als ob er tatsächlich in irgendeiner Form zuverlässiger wäre als sie selbst. Nora war sich sicher, dass ihre beiderseitige Unzuverlässigkeit die Basis ihrer zehnjährigen Freundschaft war. Beide waren Profis im Zuspätkommen, wochenlang nicht zurückrufen, Verabredungen in letzter Sekunde absagen oder gar ganz vergessen. Manchmal sahen sie sich monatelang nicht. Vorwürfe gab es nie, eher mal einen dummen Spruch oder Kopfschütteln, weil sowohl Kim als auch Nora wussten, dass sie ihren Meister getroffen hatten. Widerstand und Leugnen war zwecklos. Und gerade deshalb war Kim wohl ihr engster Vertrauter. Nora klärte zwar die Dinge grundsätzlich erst mal mit sich selbst, bevor sie überhaupt darüber sprach. Aber wenn sie jemanden ins Vertrauen zog, dann war Kim meist die erste Person. Dann saß er vor ihr, schaute sie mit seinen grau-blauen Augen aufmerksam an, fuhr sich regelmäßig durch das blonde, wuschelige Haar und hörte ihr bis zum Ende zu, bevor er ihr seine Meinung – meist schonungslos – kundtat. Er war Maler, und wie es sich für einen Kreativen gehörte, tiefsinnig, sensibel, herrlich unkonventionell, chaotisch und völlig irre. Er lebte mit seiner Freundin Marie seit Jahren in wilder Ehe – auch die beiden gemeinsamen Kinder konnten an diesem Status quo nichts ändern.
    »Nachricht vier, Samstag, 10. April, 16 Uhr 19: Nora, Frauke hier. Sag mal, denkst du daran, dass wir am Montag Gabriella haben?! Bei mir um 12 Uhr. Ach ja, und du bist dran mit
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