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Noch Einmal Sollst Du Buessen

Noch Einmal Sollst Du Buessen

Titel: Noch Einmal Sollst Du Buessen
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respektieren müssen.
    Victor hielt ihr die Tür auf, und sie traten auf die Galerie. Die Festgeräusche drangen über vier Stockwerke aus der Halle nach oben. Selbst aus der Entfernung erkannte Marnie viele Gesichter, darunter prominente Politiker, Geschäftsleute und Stars aus dem Showgeschäft. Die weniger prominenten Gäste stellten sich in sündhaft teuren Kleidern und kostbarem Schmuck zur Schau, in der Hoffnung, ihre Namen und Fotos in den Gesellschaftsspalten des „Seattle Observers“ und des „Port Stanton Heralds“ wiederzufinden.
    Mit gezwungenem Lächeln betrat Marnie an der Seite ihres Vaters den gläsernen Käfig des Fahrstuhls. Während sie dem Partytrubel entgegenglitten, starrte sie durch die Scheibe und betrachtete das unwirkliche Bild unter ihr. Hoch aufragend über dem Gewimmel der Gäste die Eisstatue des Gottes Neptun. Pyramiden gekühlter Champagnerflaschen, kunstvoll arrangierte Leckereien auf langen blumengeschmückten Tischen, die sprudelnde Fontäne inmitten der Halle, Hunderte von Lämpchen in den verstreut stehenden Bäumchen und Pflanzen. Auf einem samtbelegten Podium spielte eine Band. Tanzende Paare, lachende Gesichter, ein Meer von Menschen, die Marnie alle mehr oder weniger gleichgültig waren.
    In der Nähe des Flügels bemerkte sie einen einzelnen Mann, der der Musik zuhörte. Einen attraktiven Mann, wie sie aus seiner Figur schloss. Breite Schultern, schmale Hüften, welliges schwarzes Haar. Obwohl sie ihn nur von hinten sah, kam er Marnie merkwürdig bekannt vor. Seine Haltung, die Art, wie er sich jetzt das Haar zurückstrich, weckten in ihr verschwommene Erinnerungen.
    Der Mann drehte sich um und griff nach einem Glas Champagner, das ein vorbeigehender Kellner ihm anbot. Und als die Fahrstuhltür sich öffnete, starrte Marnie in ein Paar belustigt lächelnder goldbrauner Augen. Fast wäre sie im wichtigsten Moment ihres Auftritts gestolpert.
    Adam Drake.
    Adam Drake, der Mann, der an oberster Stelle auf Victors Liste unerwünschter Personen stand. Was war in ihn gefahren, hier uneingeladen zu erscheinen? Wollte er einen zweiten öffentlichen Skandal riskieren? Hatte er es darauf abgesehen, sich von Victor Montgomery höchstpersönlich aus dem Hotel werfen zu lassen?
    Marnie war mit ihrem Vater nie ganz einer Meinung über Adam Drakes Schuld gewesen. Sie wusste aber, dass Victor seinen ehemaligen Günstling für einen Verbrecher hielt und es noch jetzt bedauerte, dass der Mann nicht hinter Gittern saß.
    Adam Drake schien das alles nicht zu stören. Er hielt Marnies Blick fest, zwinkerte ihr mit selbstironischem Lächeln zu, hob das Glas und trank mit sichtlichem Genuss von seinem Champagner.
    Marnie konnte sich das Lachen kaum verkneifen. Ihr Schock über seine Dreistigkeit war verflogen. Diesmal hatte Adam sich selbst übertroffen. Marnie hatte nie ganz geglaubt, dass er ein Dieb war, aber irgendwie haftete ihm etwas Gefährliches an, etwas Abenteuerliches. Nein, ein Verbrecher war er sicher nicht, aber Marnie fragte sich, was er über die halbe Million wusste, die von den Baugeldern für dieses Hotel abgeschöpft worden war. Was immer Adam Drake getan hatte, eines musste man ihm lassen – der Mann hatte Nerven.
    Marnie drehte sich amüsiert zu ihrem Vater um. Doch ehe sie feststellen konnte, ob er den ungeladenen Gast bemerkt hatte, waren sie von einer Schar von Gratulanten umgeben. Victor fasste Marnies Arm und bahnte sich einen Weg zu dem Springbrunnen. Er stieg auf den marmornen Sockel und zog sie mit sich. Reporter eilten herbei, erkämpften sich mit den Ellenbogen ihre Position, hielten Victor ihre Mikrofone vors Gesicht. Kameraverschlüsse klickten, Blitzlichter blendeten Marnie, als die Meute von der Presse sich auf sie einschoss.
    Victor genoss das Spektakel und beantwortete gut gelaunt alle Fragen. Vor Menschenmengen war er immer in Hochform, während Marnie nur ungern im Licht der Öffentlichkeit stand. Sie versuchte, unbemerkt zu entkommen, aber Senator Mann mit seiner notorischen Gier nach Publicity drängte sich neben ihren Vater und versperrte ihr den Weg. Zu allem Überfluss erschien auch noch Kent, der sich einen Weg durch die immer dichter werdende Menschentraube kämpfte und sich an Marnies Seite aufbaute. Sie war gefangen.
    „Hallo“, flüsterte er und warf ihr ein Tausend-Watt-Lächeln zu. Natürlich wusste sie, dass sein Lächeln für die Presse bestimmt war. Als er sich anschickte, ihr den Arm um die Taille zu legen, rückte sie mit
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