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Noch Einmal Sollst Du Buessen

Noch Einmal Sollst Du Buessen

Titel: Noch Einmal Sollst Du Buessen
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übertreiben. Sie war nun einmal kein Glamourgirl.
    Es hatte sie schon Überwindung gekostet, die Halskette aus Saphiren und Diamanten mit den dazu passenden Ohrringen anzulegen. Sie trug den Schmuck, der ihrer Mutter gehört hatte, nur auf Victors inständige Bitte hin – an diesem letzten Tag ihrer Tätigkeit für Montgomery Hotels. Es war ein Zugeständnis an ihren Vater, genau wie ihre Teilnahme an der Eröffnungsparty. Sie kam sich vor wie eine Heuchlerin, aber die paar Stunden würde sie auch noch überstehen. Dann wäre sie frei.
    „Marnie?“ Ihr Vater klopfte leise an die Tür des kleineren Schlafzimmers seiner Suite. „Es wird Zeit.“
    „Ich komme sofort“, rief sie, aber schon bei dem Gedanken an das Fest graute ihr. Sie legte die Schminktasche in den kleinen Koffer, der auf dem Bett lag, schlüpfte in ein Paar hochhackige silberne Pumps und öffnete die Tür zum angrenzenden Raum, wo ihr Vater mit einem Drink in der Hand wartete.
    Ein bewunderndes Lächeln huschte über sein Gesicht, als Marnie hereinkam. Er schluckte, betrachtete sie einen langen Moment. „Mir war gar nicht klar, wie sehr du Vanessa ähnelst.“
    Marnie fühlte eine beglückende Wärme. Ihr Vater hatte ihr ein verstecktes Kompliment gemacht. Er hatte seine Frau über alles geliebt und liebte sie noch über ihren Tod hinaus. Marnie wusste, dass er nie wieder heiraten würde. Sie wusste es so sicher, wie ihr klar war, dass sie Kent Simms nicht heiraten würde.
    Victor ging auf die Tür zu, aber dann blieb er stehen. „Kent ist schon da.“
    „Ich weiß.“
    „Er möchte mit dir reden.“
    Auch das wusste sie. „Ich wüsste nicht, was ich mit ihm zu bereden hätte.“
    Victor strich sich über die Unterlippe, als würde er sich seine nächsten Worte genau überlegen. Marnie musste sich zusammenreißen, um ruhig zu bleiben. Sie wusste, was kommen würde. „Der Mann liebt dich. Und er ist loyal.“
    „Der Firma gegenüber“, warf Marnie ein.
    „Ja. So etwas ist heutzutage eine Seltenheit. Spricht das nicht für den Mann? Kent ist seit zehn Jahren bei uns und …“
    „Dad, wenn die Dauer der Firmenzugehörigkeit dein Maßstab für meinen zukünftigen Ehemann ist, dann müsste ich Fred Ainger heiraten.“
    „Sei nicht albern“, tat Victor ihre Bemerkung ab, aber Marnie wusste, dass ihr Argument getroffen hatte. Fred Ainger, ein kleiner dürrer Buchhalter, war fünfundsechzig und würde demnächst in Rente gehen. Er arbeitete bei Montgomery Hotels, seit Victor sein erstes Hotel gekauft hatte.
    „Okay, okay. Die Anzahl der Jahre ist nicht maßgeblich“, gab Victor widerstrebend zu und strich sich, als müsse er Zeit für ein stichhaltigeres Argument gewinnen, das Haar glatt. Er blickte aus dem Fenster auf die Stadt, deren Lichter sich im Sund spiegelten. Port Stanton war kleiner als Seattle, Tacoma oder Olympia, aber als Tor zum Puget Sund gewann die Stadt zunehmend an Bedeutung und wuchs sprunghaft. Das „Puget West“ war die Antwort auf den wachsenden Bedarf an Hotels für Geschäftsleute und Reisende. „Aber du wirst mir wohl darin recht geben, dass Kent ein sehr zuverlässiger Mitarbeiter ist“, fuhr Victor fort. „Er widmet sich voll und ganz dem Unternehmen.“
    „Mir wäre ein Mann lieber, der sich voll und ganz mir widmet“, erwiderte Marnie trocken.
    „Ich bin überzeugt, dass Kent das tun würde, Darling.“
    Marnie wusste es besser, und ihr wurde klar, dass sie ihrem Vater erklären müsste, warum sie Kent nicht wollte. Sonst würde Victor sie bis in alle Ewigkeit bearbeiten. „Ich liebe Kent nicht, Dad. Und ich habe ihn nie geliebt.“ Beides war nicht gelogen, obwohl sie sich während ihrer Verlobungszeit eingeredet hatte, Kent zu lieben. „Er ist nicht der richtige Mann für mich, Kent war deine Wahl, nicht meine.“
    Ein paar Sekunden lang sagte Victor nichts, und Marnie glaubte fast zu hören, wie es in seinem Kopf arbeitete. Wieder einmal bewies er, dass er eine Partie nicht so schnell verloren gab. Mit gewichtiger Geste schob er den Arm vor und sah auf seine Uhr. „Komm, lass uns hinuntergehen. Über Kent können wir später noch reden.“
    Marnie schüttelte den Kopf. „Du kannst über ihn reden, aber nicht mit mir. Ich bin mit ihm durch.“
    Er hob ergeben die Hände. „Was immer du sagst, Darling. Es ist dein Leben.“
    Marnie durchschaute seine Taktik und zeigte es ihm mit einem vielsagenden Blick. Für sie war das Thema Kent Simms erledigt, und ob er wollte oder nicht, ihr Vater würde es
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