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Noch ein Kuss

Noch ein Kuss

Titel: Noch ein Kuss
Autoren: Carly Phillips
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murmelte Carly.
    »Ganz bestimmt. Erst als du um ein Haar meinen Bruder geheiratet hättest, ist mir klar geworden, was für ein trauriges Leben ich führe. Das war der beste Weckruf, den ich je bekommen habe.«
    »Und ich dachte, du hättest mich aufgeweckt.« Carly sah ihn mit einem so warmen und offenen Lächeln an, dass Mike beinah vergessen hätte, wie sehr er sie den ganzen Monat vermisst hatte.
    »Wir sind gut füreinander.« Ihrem Aussehen nach zu urteilen hatte sie sich ebenso sehr nach ihm verzehrt wie er sich nach ihr. Sie hatte Gewicht verloren in der Zeit, in der sie getrennt gewesen waren, stellte Mike fest, als er ihre schlanken Beine musterte, die in engen Leggins und Wildlederschuhen steckten. Ihr frisch geföhntes Haar fiel auf ein viel zu großes weißes Sweatshirt herab, das bis zu den Oberschenkeln reichte. Und in ihren dunklen Augen entdeckte er Schatten. Schatten, die er verjagen würde, koste es, was es wolle – wenn sie ihn ließ.
    Mit einem Fingerknöchel strich er über Carlys weiche Wange. »Auf deine sanfte Art hast du mir schließlich klargemacht, was mir fehlt.«
    Carly schüttelte den Kopf. »Ich habe dich im Stich gelassen.« Sie wich seinem Blick aus.
    »Aber nein.« Mike zog sie an sich, vergrub das Gesicht in ihrem Haar und berauschte sich an dem Duft, von dem er nur hatte träumen dürfen. »Du hattest mich gern genug, um mich gehen zu lassen, als ich gehen musste.«
    Mit einer Heftigkeit, die ihn erstaunte, wich Carly zurück und befreite sich aus seinen Armen. Dann sprang sie auf – und brach in Tränen aus.
    »So viel Lob habe ich nicht verdient.« Sie schüttelte den Kopf und lachte so schroff, dass es Mike einen Stich versetzte. »Ich habe dich gehen lassen, weil das einfacher war, als selber zu gehen. Aber glaub bloß nicht, dass ich keinen Vorwand gefunden hätte, dich zu verlassen, wenn du diesen Anruf nicht bekommen hättest.«
    Stumm stand Mike ebenfalls auf. Nichts von dem, was Carly gesagt hatte, wunderte oder störte ihn so sehr, wie sie zu glauben schien. »Und?«
    »Verstehst du denn nicht? Ich wollte, dass du gehst.« Offenbar war sie der Ansicht, dass sie ihm die Wahrheit schuldete.
    Dafür schätzte er sie, dachte Mike, während er zusah, wie sie sich wieder aufs Sofa fallen ließ. »Aber du hast dir auch gewünscht, dass ich wiederkomme, und zwar genauso sehr, wie ich mir gewünscht habe, zu dir zurückzukehren.« Er schwieg so lange, bis sie ihn endlich ansah. »Ich bin gegangen, weil ich es musste, und aus demselben Grund bin ich jetzt wieder da.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Oder sie wollte es nicht verstehen. Ihre Augen glitzerten jedenfalls nicht vor Freude, sondern spiegelten ihre Unsicherheit wider, dasselbe Gefühl, das auch ihn plagte. Denn zum allerersten Mal gestand er sich ein, dass er sie vielleicht wirklich verlieren würde.
    »Es ging um eine Verpflichtung«, erklärte er. »Ich musste sie erfüllen, ehe ich eine andere eingehen konnte.« Dann beugte er sich über Carly und kostete ihre Lippen, labte sich an ihrer einzigartigen Süße und liebkoste sie zärtlich und neckend, damit sie sich öffneten. Innerhalb von Sekunden hatte Carlys Widerstand sich mit einem leisen Seufzen in Luft aufgelöst, und ihre Zungen trafen sich zu einer innigen Begrüßung. Mike brauchte all seine Selbstbeherrschung, um sanft, aber beharrlich zu bleiben. Er konnte und wollte sie jetzt nicht mehr gehen lassen.
    Carly strich ihm durchs Haar und erlaubte es ihm, sie enger an sich zu ziehen. Mike hauchte federleichte Küsse auf ihre Nase und ihr Kinn. Dann nahm er sie in seine Arme, und sie ließ es geschehen. Das gab ihm Hoffnung.
    Nun war es an ihm, ehrlich zu sein. »Zur Waise zu werden ist nicht dasselbe wie verlassen zu werden. Weißt du noch, dass du mir das mal gesagt hast?« Er schob sie ein wenig von sich, um in ihre braunen Augen blicken zu können.
    Carly nickte.
    »Damals habe ich das nicht verstanden. Das war mir erst möglich, nachdem ich einige Zeit mit den Kindern verbracht hatte, die diesen Unfall überlebt haben. Aber jetzt ist mir klar geworden, dass ich mich immer noch wie ein verlassenes Kind fühlte … und jede Chance, zur Ruhe zu kommen, verschenkt habe. Ich bin von einem Auftrag zum nächsten gehetzt, ohne mich länger zu binden, und habe niemanden an mich herangelassen … weil ich niemandem die Gelegenheit geben wollte, mich noch einmal im Stich zu lassen.«
    »Mir auch nicht?«
    »Dir am allerwenigsten. Weil du mir mehr bedeutest, als jeder
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