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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament
Autoren: Liza Marklund
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um.
    Blank geputzt und gescheuert, der antiseptische Duft von Domestos.
    Sie machte das Licht aus und ging hinaus in den Flur. Dunkelheit umhüllte sie, sie atmete auf und entspannte sich.
    Ich habe es in der Hand, dachte sie. Ich kriege es hin, wenn ich mich zusammenreiße. So einfach ist es.
    Sie war auf halbem Weg zum Schlafzimmer, als der Knall kam.
    Das Geräusch erreichte sie im Traum, unwirklich und weit entfernt, es erschreckte sie nicht, sondern überraschte sie. Es war ein unglaublicher Lärm, gefolgt von einem Kristallregen aus zerbrochenem Glas.
    Was in aller Welt …?
    Sie ging zur Treppe und spürte einen Luftzug, das große Fenster neben der Eingangstür gähnte zersplittert und zerfetzt in die Nacht. Sie machte ein paar Schritte, ehe sie begriff und die Angst sie packte. Jemand hatte mitten in der Nacht ihr Fenster eingeworfen, jemand war zu ihrem Haus gekommen und hatte ihr Panoramafenster kaputt gemacht …
    Ihr Puls explodierte, sie atmete wie nach einem Hundertmeterlauf. Sie nahm immer drei Stufen auf einmal und landete in den Glasscherben, als der nächste Knall das Haus erschütterte. Mitten in einem Schritt hielt sie inne, dieses Mal kam das Geräusch von oben.
    Das Fenster in Ellens Zimmer.
    Sie machte kehrt, rannte die Treppe wieder hinauf, riss die Tür des Kinderzimmers auf, und im selben Augenblick segelte etwas durch die zersprungene Fensterscheibe, etwas Dunkles und Schweres und Viereckiges mit einem kurzen leuchtenden Schwanz.
    In der Sekunde, bevor das Wurfgeschoss auf dem Boden aufschlug, wusste sie, was es war: eine große Glasflasche, die mit Flüssigkeit gefüllt und mit einem brennenden Lappen verschlossen war, ein Molotowcocktail.
    Sie bekam die Tür im selben Moment wieder zu, als die Flasche zerschellte und das Feuer im Zimmer explodierte. Annika spürte, wie die Hitze die Tür erreichte und sie traf wie eine Druckwelle. Sie stolperte rückwärts, ruderte mit den Armen in der Luft, hörte, wie die Flammen auf der anderen Seite der dünnen Holzplatte tobten. Oh Gott, das war doch alles nicht wahr! In der nächsten Sekunde zerschellte das Fenster in Kalles Zimmer mit einem Knall. Durch die halb geöffnete Tür sah Annika einen Ziegelstein im Bett des Jungen landen. Sie sah den Stein dort liegen, er bewegte sich nicht, mit verzerrtem Gesicht starrte sie das geborstene Fenster an und sah dieselbe schwere Flasche noch einmal durch den Raum fliegen, dieselbe viereckige, dunkle Flasche mit leuchtendem Schwanz. Oder war es eine andere Flasche, gab es mehrere?
    Der Feuerball in Kalles Zimmer traf die Decke, unmittelbar nachdem die Flasche an der Wand über dem Bett zerbarst. Das Benzin verflog augenblicklich, das Feuer ritt auf seinem Rücken, kletterte an den blauen Auto-Gardinen empor und leckte an den Willy-Werkel-Büchern im Billy-Regal.
    Annika starrte die Flammen an, ohne sich bewegen zu können. Die Hitze traf Haut und Haar, und sie taumelte unfreiwillig rückwärts gegen die geschlossene Schlafzimmertür.
    Die Kinder. Oh Gott, die Kinder.
    Sie riss die Tür auf, stolperte hinein und machte sofort wieder hinter sich zu. Sie sah die unförmigen Konturen unter der Decke, sie mussten raus, jetzt sofort!
    Der Rauch war am gefährlichsten, es war in erster Linie der Rauch, der tötete, nicht die Flammen. Sie schaute zur geschlossenen Tür hinüber und sah den lebensgefährlichen Rauch schon darunter hervorquellen. Sie stürzte zum Bett und zog Ellen die Decke weg.
    »Kinder«, brüllte sie und warf die Decke auf den Boden vor die Tür, trat sie fest vor die Ritze, dann lief sie wieder zum Bett zurück.
    »Ellen«, schrie sie und schüttelte das Kind, »Ellen, du musst aufwachen, wir müssen hier raus.«
    Das Mädchen blinzelte erschrocken und schlaftrunken. Annika hob sie hoch und rannte mit ihr zum Fenster. Unter dem Schlafanzug war die Kleine verschwitzt und glitschig.
    »Ellen«, flüsterte Annika atemlos, »es brennt, ich werde dir gleich raushelfen, und wenn du unten angekommen bist, läufst du rüber zur Hecke und wartest dort auf Kalle und mich, hast du verstanden?«
    Das Mädchen begann zu weinen, laut und ängstlich.
    »Mama«, kreischte sie, »Mama, nein, Mama …«
    Annika wand sich aus den Armen des Kindes und stellte es vor dem Fenster auf den Boden. Sie lief zum Bett zurück und riss Kalle ebenfalls die Decke weg.
    »Kalle«, rief sie und rüttelte den Jungen, während sie gleichzeitig das Laken von Thomas’ Bettseite zog. »Kalle, geh zu Ellen, stell dich da drüben
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