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no_way_out (German Edition)

no_way_out (German Edition)

Titel: no_way_out (German Edition)
Autoren: Alice Gabathuler
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Kleider in meine Tasche, klemmte sie unter meinen Arm und verzog mich damit ins Bad. Als ich die Tür hinter mir zuzog, schaute ich noch einmal nach draußen. Die Tusse saß immer noch auf dem Sprungbrett und beobachtete mich. Ich fror, obwohl mich diese beiden irren Weiber nichts angingen. Absolut nichts. Sie lebten auf einem Planeten, auf dem ich mich nicht mal geschenkt niederlassen würde. Und sie hatten Badezimmer, die nichts mit der Welt zu tun hatten, in der ich lebte.
    Dieses hier war nicht ganz so groß wie das vom Vortag, aber immer noch ziemlich beeindruckend, vor allem ziemlich weiß. Nur die steinernen Bodenfliesen waren dunkel. Auf ihnen lag ein weißer Teppich, so weich, dass man darauf hätte schlafen können. Alles glänzte, wahrscheinlich von derselben Frau Blitzblanksauber auf Stufe Keimfrei gebracht, die meine Kleider gebügelt und meine Springer poliert hatte. Ich stellte meine Tasche auf den Boden und stützte mich auf das Waschbecken, so ein rechteckiges, ziemlich flaches Ding. Aus dem Spiegel blickte mir eine Vogelscheuche mit Zombiegesicht entgegen. Mein Kopf wurde von einem Verband zusammengehalten, unter dem wirr mein Haar herausquoll, auf der rechten Wange und auf dem Kinn klebte auf kleinen Schürfungen rot-braun getrocknetes Blut.
    Noch vor Kurzem hatte ich völlig gesund bei Smiley am Fluss unten gesessen. Ich hätte auf ihn hören und bleiben sollen. Hatte ich aber nicht. Es nützte also nichts, über all die Wenns und Abers nachzudenken. Jetzt war jetzt. Ich steckte in der Scheiße und musste irgendwie raus. Dazu brauchte ich einen klaren Kopf. Einen, der nicht so höllisch wehtat. Erst einmal aber musste ich pissen.
    Danach dauerte es Ewigkeiten, bis ich herausfand, wie ich das Wasser zum Fließen bringen konnte. Als ich den Bogen endlich raushatte, plätscherte es nicht sanft und edel aus dem Hahn, sondern schoss in einem harten Strahl ins Becken und spritzte von dort in alle Richtungen. Ich hielt meine Hände unter den Strahl, worauf das Wasser noch heftiger spritzte. Statt es abzustellen, schaute ich den Tropfen zu, wie sie auf den Fliesen ein Muster bildeten. Ich wusste, das war ich, der da stand, und diesem seltsamen Spiel zuschaute, aber es fühlte sich nicht an wie ich. Irgendwann waren meine Hände eiskalt, das rechte Bein knickte ein, ich zuckte zusammen und war wieder ich.
    Ich öffnete den Spiegelschrank. Der ganze Krimskrams an Dosen, Tuben, Fläschchen und anderen Dingen, die kein Mensch braucht, interessierte mich nicht. Was mich interessierte, waren die Schmerztabletten. Sie lagen in einer angebrochenen Schachtel direkt vor mir. Jemand im Haus musste wohl öfter auf sie zurückgreifen. Ich tippte auf die scharfe Lady.
    Mit zitternden Händen griff ich nach der Packung. Es dauerte Ewigkeiten, bis ich zwei Tabletten herausgeklaubt hatte. Ich warf mir beide gleichzeitig ein. Danach machte ich das Handtuch nass und wusch mir das Gesicht. Als ich das Wasser endlich abstellte, sah das Badezimmer aus wie nach einem Kampf und ich war bereit für den Abgang, doch ein Blick durch den Türspalt nach draußen zeigte mir, dass die Tusse immer noch auf dem Sprungbrett saß wie eine Spinne, die auf ihre Beute wartet. Also manövrierte ich den Teppich an die Wand und legte mich hin, was keine wirklich gute Idee war, denn das Ding war völlig nass gespritzt. Trotzdem blieb ich liegen, schloss die Augen und wartete auf die Wirkung der Tabletten.
    Irgendwann machte der Vorschlaghammer Pause und ein leises Sirren nahm seinen Platz ein. Auch mit meinem Bein wurde es wieder besser, zumindest fühlte es sich nicht mehr so an, als bohrten sich Messer ins Fleisch. Ich zog meine Tasche heran und kippte den Inhalt auf den Boden.
    Frau Blitzblanksauber hatte nur die Kleider gewaschen, die ich beim Unfall getragen hatte. Den Rest, drei T-Shirts, zwei Kapuzenpullover und eine Ersatzhose, hatte sie nicht angerührt, wahrscheinlich aus Angst, sich irgendeine furchtbare Krankheit zu holen. Die beiden Ausweise, die Jake gefunden hatte, waren immer noch da, genauso wie die kleine Blechschachtel, in der ich meine ganz persönlichen Dinge aufbewahrte. Ich öffnete sie. Auf den ersten Blick fehlte nichts, doch als ich langsam und behutsam jedes einzelne meiner Erinnerungsstücke durchgegangen war, wurde mir eiskalt. Obwohl ich sicher war, nichts übersehen zu haben, ging ich alles noch einmal durch. Dann wühlte ich mich durch meine Kleider, durchsuchte die Tasche ein zweites Mal, gründlicher, als jeder
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