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no_way_out (German Edition)

no_way_out (German Edition)

Titel: no_way_out (German Edition)
Autoren: Alice Gabathuler
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ein ganzes Stück gepflegter Rasen lagen, hörte ich das leise Plätschern des Wassers. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, und was ich wirklich hörte, war die Erinnerung an die Nächte in Smileys Hütte am Fluss.
    Das ist ein Zeichen , flüsterte Smileys Stimme in meinem Kopf jetzt ziemlich eindringlich. Hau ab, bevor es zu spät ist .
    Ich brauchte keine Zeichen, um zu wissen, dass dies von all den schlechten Orten, an denen ich aufgewacht war, einer der ganz schlechten war. Trotzdem überstürzte ich nichts. Es war mitten in der Nacht, ich war mit irgendeinem Medikament abgefüllt und ich lag unbeaufsichtigt in diesem Raum. Vor dem Morgen würde wahrscheinlich niemand bei mir vorbeischauen. Bis dann würde ich weg sein.
    Ich testete meine Körperfunktionen. Langsam setzte ich mich auf. Ein Teil von mir funktionierte also. Aber nur ein Teil. Meine Beine blieben taub. Ich schlug die Bettdecke zurück. Mein rechtes Knie und Bein steckten in einem Verband. Das linke Bein lag daneben wie totes Fleisch. Genauso fühlte es sich auch an. Wenigstens trug ich immer noch meine Boxershorts und ein T-Shirt. Ich erinnerte mich daran, wie Jake und der Doc es mir übergezogen hatten. Was hatten sie mit meinen Sachen gemacht? Wo waren sie? Wo war meine Tasche?
    Mir war jetzt nicht mehr kalt, sondern siedend heiß. Alles, was ich besaß, befand sich in dieser Tasche. Ich widerstand dem Drang, den Schalter der Nachttischlampe zu suchen. Wenn ich das tat, verriet ich, dass ich wach war. Das war das Letzte, das ich wollte.
    Weil sich meine Beine kaum bewegen ließen, half ich mit den Händen nach. Vorsichtig rückte ich sie über die Bettkante. Schweiß rann über meine Schläfen. Ich wischte ihn nicht weg, aus Angst, damit den Vorschlaghammer weiter anzutreiben.
    Als ich auftreten wollte, knickte ich ein und ging neben dem Bett auf die Knie. In meinem Kopf besangen die Eagles das Hotel California , aus dem man jederzeit auschecken, es aber nie verlassen kann. Genau in dem Moment gingen die Lichter im Pool aus. Noch ein Zeichen , hätte Smiley gesagt. Mitternacht, vermutete ich und beschloss, meinen Fluchtversuch auf später zu verschieben. Zum Glück steckte in meinen Armen noch genügend Kraft. Ich zog mich hoch und schaffte es zurück ins Bett.
    Ich weiß nicht, ob der Schlaf oder die Bewusstlosigkeit auf mich Jagd machten, auf jeden Fall erwischte mich einer der beiden und schickte mich auf die Reise, aber kurz bevor ich ins Dunkel eintauchte, hörte ich jemanden weinen. Eine Hand schob sich in meine. »Alles wird gut«, flüsterte ich, doch als ich zudrückte, spürte ich nur meine eigenen Finger an meinen Handflächen.
    In dem Moment, in dem mich Jakes Luxusschlitten erwischte hatte, musste ich durch einen Riss in der Zeit geflogen sein. Er hatte sich nicht schnell genug hinter mir geschlossen. Die Geister meiner Vergangenheit waren mir gefolgt. Sie trieben mich in eine Traumwelt, in der die Hölle auf mich wartete.

 
    Klaus P. Niedermeier @KPNiedermeier
    Manche Menschen richten sich in ihrer Lüge ein, bis sie zu ihrer Wahrheit wird, und diese falsche Wahrheit wird zur Entschuldigung, warum sie sind, wie sie sind.
     
     
     
    Ein leises Surren holte mich aus dem Schlaf. Hinter meinen geschlossenen Lidern wurde es heller. Ein süßer Duft, den ich von irgendwoher kannte, hing in der Luft. Ich war nicht allein.
    »Guten Morgen«, sagte eine Stimme, die besser zu einer Nacht in einer verruchten Bar als zu einem neuen Morgen passte.
    Ich öffnete die Augen.
    Am Fenster stand eine Frau. Sonnenstrahlen beleuchteten sie wie das Scheinwerferlicht einer Bühne. In ihrem figurbetonten weißen Top und den eng anliegenden Röhrenjeans sah sie aus wie ein Model. Ihre Haut war leicht gebräunt, ihr langes blondes Haar glänzte. Auf den ersten Blick hätte sie die ältere Schwester der Tusse vom Vortag sein können, aber die aufgespritzten Lippen, die zu straffe Haut um die Augen und die etwas zu hohen Wangenknochen verrieten die Mutter.
    Ich beobachtete, wie die Frau auf mich zukam. Sie machte ihren Auftritt zur Show und mich zu ihrem einzigen Zuschauer. Mit Frauen wie ihr hatte ich für Geld geschlafen. Ich wusste, dass hinter der selbstsicheren Fassade das Grauen lag, die Angst vor der Gnadenlosigkeit des Alters, der Neid auf die Jüngeren, die Verzweiflung über den langsamen Verlust der Schönheit, den weder teure Ärzte mit Botoxspritzen und Skalpellen noch regelmäßige Workouts im Gym aufhalten konnten.
    »Ich hoffe, Jake
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