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no_way_out (German Edition)

no_way_out (German Edition)

Titel: no_way_out (German Edition)
Autoren: Alice Gabathuler
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sich das blöd an, aber Smiley hat was, das einen weitermachen lässt, auch dann, wenn man aufgeben will. Keine Ahnung wieso, denn bei unserer ersten Begegnung provozierte er seinen Abgang. Er balancierte auf einem Brückengeländer hoch über dem Fluss wie ein besoffener Seiltänzer.
    »Komm da runter«, sagte ich leise, damit er nicht erschrak.
    Er drehte sich um und grinste mich schief an. »Achtzehn Meter. Wenn ich richtig aufs Wasser knalle, bin ich entweder sofort tot oder trete weg und merke nicht mal, dass ich ersaufe.«
    Das war zu viel Gerede für einen, der sich aus dem Spiel nehmen will.
    »Schade um deine Segelohren«, sagte ich.
    »Arsch«, antwortete er.
    Er beugte sich nach vorn und geriet ins Wanken. Ich hörte auf zu atmen. Er ruderte mit den Armen, fing sich auf und sprang vom Geländer auf die Brücke. Ich atmete erst wieder, als er mir seine Hand auf den Rücken schlug.
    »Ich bin Smiley«, stellte er sich vor.
    »Tatsächlich?«, keuchte ich und spuckte einen Teil meines Mageninhalts auf den Boden.
    Er schaute den Fleck auf dem Teer an und dann mich. »Ja. Weil ich fast immer grinse.«
    Ich war nahe dran, ihm eine reinzuhauen.
    »Lust auf ein Bier?«, fragte er.
    »Wolltest du wirklich springen?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Warum?«
    »Mit meinem Kopf ist etwas nicht in Ordnung.«
    Das sah ich auch so. Ich wandte mich ab und ließ den Grinskopf stehen.
    »Und?«, rief er mir hinterher.
    »Was?«
    »Willst du jetzt ein Bier oder nicht?«
    Ich war den ganzen Tag unterwegs gewesen. Ich hatte Hunger und ich hatte Durst. Und die Zeiten waren härter geworden für solche wie mich. Deshalb sagte ich: »Ja.«
    »Dann müssen wir hier runter.« Er grinste schon wieder. Ich fand’s nicht lustig. Smiley schon. »Erwischt!« Er lachte. »War ein Witz. Logo, springen wir nicht. Wir laufen.«
    Worauf wir den Abhang hinunterschlitterten, uns durch das Gebüsch schlugen und vor einer alten Holzhütte mit einem Blechdach stehen blieben.
    »Hier wohne ich«, erklärte er.
    Ich wusste nicht, was er von mir erwartete, aber ich begriff, dass wir erst reingehen würden, wenn ich etwas gesagt hatte. »Nett hast du es hier«, murmelte ich.
    Das Grinsen kehrte in Smileys Gesicht zurück. Ich hatte das Richtige gesagt.
    Das Bier war zu warm, aber es schmeckte. In der Hütte gab es zwei Schlafplätze. Smiley fragte, ob ich bleiben wolle. Nun, er war zwar ein bisschen verrückt, aber sonst ziemlich okay. Ich blieb. Eine ziemlich lange Zeit. Die längste, die ich je freiwillig irgendwo geblieben war.
    Pass auf dich auf , sagte Smiley in meinem Kopf, aus dem Blut rann.

 
    John_Gambler @derSpieler
    Ein guter Spieler ist immer auch ein guter Schauspieler. #Spielregeln
     
     
     
    Der Wagen kam zurück. Langsam fuhr er auf mich zu und hielt auf meiner Höhe an. Ein leises Klicken der Tür, polierte Schuhe auf dem Asphalt, darüber Anzughosen, eine Stimme. »Scheiße, Junge, bist du verletzt?«
    Ich antwortete nicht. Schließlich hatte der Typ Augen im Kopf und konnte das Blut sehen.
    »Kannst du aufstehen?«
    Ich sagte immer noch nichts.
    Er stolperte über meine Tasche, die am Straßenrand lag. »Ist das deine?«, fragte er.
    Zum ersten Mal, seit er ausgestiegen war, schaute er mich an. Seine grauen Augen waren leer. Da war nichts drin, kein Bedauern, keine Schuld, kein Mitleid, einfach nichts. Ich schwitzte und fror gleichzeitig. Einen Augenblick lang dachte ich, er sei zurückgekommen, um mich fertigzumachen. So, wie man zurückkommt und die sterbende Katze erschlägt.
    Ich rollte reflexartig zur Seite. Die heftige Bewegung verwandelte meine Umgebung in ein Karussell. Alles drehte sich. Immer schneller. Bis ich nur noch verschwommene Umrisse sah, durch die schwarze Linien blitzten.
    Ich muss kurz weggetreten sein, denn das Nächste, an das ich mich erinnere, ist, wie der Typ sich über mich beugte. Diesmal waren seine Augen voller Sorge und Mitleid. So, wie er roch, war es nicht Sorge um mich, sondern Sorge um sich, und das Mitleid war reines Selbstmitleid. Er hatte getrunken. Einen Unfall verursacht. Fahrerflucht begangen. Wenn das rauskam, war er geliefert. So viel checkte ich sogar in meinem Zustand. In mir flatterte die Panik wie ein gefangener Vogel. Er würde mich beseitigen!
    »Ich bin Jake«, sagte er und drückte mir etwas gegen die Wunde am Kopf. »Verdammt, es tut mir leid, ich war in Gedanken woanders und habe dich zu spät gesehen.« Er führte meine Hand an ein Stück zusammengeknüllten Stoff. »Halt
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