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No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

Titel: No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
Autoren: Marijke van Schindel , Joost Smiers
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sollten das Verhältnis des Einzelnen zu einem Gut oder einem Wert mindestens so stark prägen wie die Aussicht auf einen damit zu erzielenden privaten Gewinn. Aus kultureller Perspektive kann man durchaus fragen, ob das, was Künstler erschaffen, tatsächlich als individuelles Eigentum gefasst werden muss, ob das passend und notwendig ist. Denn per definitionem entsteht dann ein monopolistisches Nutzungsrecht an diesem Werk. So wird ein wesentlicher Teil unserer Kommunikation privatisiert. Das ist schädlich für die Demokratie.
    Dies bedarf einer Erläuterung. Man kommt nicht dagegen an, dass das Konzept des geistigen Eigentums am Begriff des Eigentums aufgehängt ist. Damit wird suggeriert, es bestünde zwischen geistigem Eigentum und Sacheigentum eine Verwandtschaft. Aber das ist aus zwei Gründen weniger selbstverständlich als es scheint. Erstens ist der Begriff Eigentum selbst schwer fassbar. Eigentum ist das Verhältnis einer oder mehrerer Personen in Beziehung zu einem bestimmten Ding. Wer darf den anderen von dessen Gebrauch ausschließen? In neoliberalistischen Zeiten ist das Recht, andere auszuschließen und auf diese Weise das, was vordem Gemeingut war, zu privatisieren, sehr in Mode gekommen. Es muss aber noch lange nicht die vernünftigste Lösung der anhaltenden sozialen Kämpfe sein, die sich etwa um die Aneignung von Produktionsmitteln drehen. (Siehe Kapczynski 2010: 29)
    Andererseits begegnet man Situationen, in denen die Eigentumsverhältnisse so gut wie gar nicht reguliert sind, wo es also zum Beispiel keine Eigentumsregister gibt, keine Grundbücher, keine Mechanismen, die die Einhaltung von Verträgen langfristig absichern würden und so weiter (vgl. Heller 2010: 155). Länder, in denen solche Verhältnisse herrschen, z. B. in den arabischen Ländern, tun sich allerdings auch schwer, eine funktionierende Wirtschaft zu entwickeln.
    Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bisweilen zu viele, bisweilen zu wenige Eigentumsrechte reklamiert werden, neben allen möglichen Zwischenstufen. Trotzdem dürfte klar sein, dass in Bezug auf ein bestimmtes Gut nicht zwei Personen oder Institutionen zugleich beanspruchen können, die legitimen Eigentümer zu sein. Und wenn doch, dann herrscht Krieg, oder zumindest kann man von einem erheblichen Konflikt ausgehen.
    Es ist faszinierend, dass ein solcher Interessenkonflikt bei Kunst oder Wissen grundsätzlich nicht auftritt. Dies ist der zweite Grund, weshalb man in Schwierigkeiten gerät, wenn man im Zusammenhang mit geistigen Schöpfungen und Erfindungen den Begriff des Eigentums verwendet. Die Ausdrucksformen des menschlichen Geistes sind nicht-rivalisierend. Wenn A ein bestimmtes Wissen nutzen oder eine Melodie singen möchte, kann B dies ebenfalls tun, ohne dass das Wissen oder die Melodie dabei etwas verlieren. A hat also nicht weniger davon. Das Wissen und der künstlerische Ausdruck bleiben exakt so, wie sie waren, und A kann nach wie vor darauf zugreifen.
    In den letzten Jahrhunderten ist diese grundlegende Realität immer mehr verdrängt worden, zumindest in der westlichen Welt, und zwar aus vielen, teils verständlichen Gründen. Warum sollte jemand in die Entwicklung eines neuen Bereichs von Wissen oder künstlerischem Ausdruck investieren, wenn jemand anderes die Errungenschaft tags darauf kommerzialisieren kann? Ökonomen wie Adam Smith haben die Probleme, die mit Monopolen aufkommen, genau analysiert. »Besonders problematisch«, meinen die amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Michele Boldrin und David K. Levine, sind dabei »staatlich abgesicherte Monopole wie Rechte des geistigen Eigentums«. (Boldrin/Levine 2008: 10) Wie Adam Smith haben sich zum Beispiel auch Jeremy Bentham, John Stuart Mill und Edmund Burke gegen ein solches Monopol gewendet, da es »unnötig und schädlich für den Wettbewerb sei. Kreativität und künstlerische Innovation lassen sich auch auf andere Weise stimulieren. Von den wenigen Ökonomen, die sich zu dem Thema äußerten, wurde diese Ansicht noch in den 1960er Jahren vertreten.« (Towse 2004: 54).
    Geht es zu weit, das Urheberrecht als eine Art von Zensur zu betrachten? Streng genommen nicht. Zunächst sollten wir uns vor Augen führen, dass jedes künstlerische Werk in nicht geringem Maße auf vor kürzerer oder längerer Zeit geschaffenen Werken Dritter aufbaut. Man schöpft aus einem schier endlosen Bereich der Gemeinfreiheit. Wenn man diesem nun einen Teil hinzufügt, so ist es schon recht sonderbar,
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