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Titel: nmp08
Autoren: Unknown
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der
Luxus-Herberge Plaza-Athénée ab, Dior und andere Mode-Zaren sind nur ein paar
Schritte entfernt und da, wo die Montaigne auf die Place de l’Alma mündet, da
wohnt hinter meist geschlossenen Vorhängen die greise Marlene Dietrich, von der
das Gerücht geht, sie melde sich am Telefon als ihre eigene Haushälterin, deren
Aufgabe es ist, Madame vor aufdringlichen Journalisten zu schützen.

     
    Am Alma-Platz findet sich noch
immer das Café-Restaurant „Chez Francis“. Hier spielt der erste Akt von Jean
Girodoux’ Bühnenstück „Die Irre von Chaillot“. Hinter der Place de la
Reine-Astrid verdecken hohe Bäume ein gediegenes Haus. „Es sah aus wie ein
ehemaliges Botschaftsgebäude, das jetzt in ein Mietshaus umgewandelt worden
war. Adrien Froment wohnte im Erdgeschoß, neben einem baumbepflanzten Hof.“ Bei
Malet läßt sich oft gut leben. Entweder ortet er seine Figuren in abbruchreifen
Steinbuden am Rand dunkler Hinterhöfe oder aber er vermacht ihnen
Patrizierhäuser, wobei Gut und Böse so leicht nicht zu trennen ist und gemordet
wird völlig unabhängig vom jeweiligen Interieur.

    An der Seine entlangzuspazieren
ist kein reines Vergnügen mehr. Die Ufer-Promenade ist heute ein
Auto-Schnellweg — auf der anderen Seite der Alma-Brücke laden die ,Egouts’ , die Pariser Kanalisationsanlagen zum
strittigen Vergnügen einer eingehenden Besichtigung. Der Darm von Paris, wie
Spötter die abwässrige Unterwelt der Stadt nennen, in Anlehnung an den Bauch
von Paris, die abgerissenen Hallen.
    Mehr als zwei Dutzend Brücken
führen in der Innenstadt über die Seine und es ist müßig zu streiten, welche
denn nun die schönste von allen sei. Von ganz besonderer Pracht ist gewiß der
Pont Alexandre III im reinen Belle-Epoque-Stil, zu dem der russische Zar
Nikolaus II. den Grundstein gelegt hat. „Typisch 1900“, wie Burma notiert, „mit
seinen goldenen Göttinnen, die oben auf den Säulen die Trompeten ansetzen und
gleichzeitig die feurigen geflügelten Pferde im Zaum halten.“

    Am Grand Palais vorbei, wo bei
großen Ausstellungen stets lange Menschenschlangen auf den Einlaß warten,
gelangt man in nur wenigen Gehminuten wieder zu den Champs-Elysées und stößt,
rechts abbiegend, auf die Place de la Concorde, der der russische
Revolutionslyriker Majakowski ein Gedicht widmete, in dem es heißt: „Die
kandelabernden Leuchten. Ein Platz, daß man vor Bewunderung heule. Jede Stadt
wär stolz auf dergleichen Schatz. Wär zufällig ich die Vendômesäule — ich
heiratete den Konkordiaplatz.“

    Hier steht auch der Obelisk aus
Luxor, 230 Tonnen schwer, und ein Zankapfel der Stadtarchitekten, die sich vor
jetzt genau 150 Jahren die Köpfe heißgeredet hatten, wohin man mit dem
exotischen Import aus Ägypten eigentlich hin wolle. Erbittert hatte der Baron
Haussmann, der später für radikale Kahlschläge im Stadtbild sorgen sollte,
gegen seinen Standort gewettert. Das Monstrum verstelle den Blick zum Arc de
Triomphe, mäkelte er, aber die Kritik verstummte rasch. Wohl auch unter dem
Eindruck der technischen Meisterleistung, die Steinsäule aufzurichten, ohne daß
es zu der von vielen prophezeiten Katastrophe kam. So stolz waren die Pariser
auf das Hochhieven, daß sie den Vorgang nachträglich in den Sockel
einmeißelten.
    „Schon seit mehreren Monaten
geht hier die Rede“, hatte Heinrich Heine notiert, „der Obelisk stehe nicht
fest auf seinem Postament, er schwanke zuweilen hin und her, und eines frühen
Morgens werde er den Leuten, die eben vorüberwandeln, auf die Köpfe purzeln.“
    Heine kannte sich in diesem
Viertel aus. Er hatte die letzten Jahre seines Lebens nach einem
Vierteljahrhundert in französischem Exil in seiner „Matratzengruft“ in der
Avenue Mati-gnon Nr. 3 zugebracht. Aber so elend er auch dahinsiechte, so wohl
hatte er sich doch in Paris gefühlt. „Fragt Sie jemand“, so hatte er in einem
frühen Brief an einen deutschen Freund formuliert, „wie ich mich hier befinde,
so sagen Sie: wie ein Fisch im Wasser. Oder vielmehr sagen Sie den Leuten, daß,
wenn im Meer ein Fisch den anderen nach seinem Befinden fragt, so antwortet
dieser: ich befinde mich wie Heine in Paris.“
    Noch einmal und wieder einmal
führt mich der Weg die Champs-Elysées hinauf zum
Triumphbogen. Und allein der Spurensuche zuliebe treibt es mich zum Grabmal des
Unbekannten Soldaten. Schließlich hatte sich Burma dort nach einem Schlag auf
den Hinterkopf, benommen zwar, aber wieder bei Sinnen, auf den Weg gemacht
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