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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir
Autoren: Berte Bratt
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Zweig machen; sie wollte klug und gescheit werden, und sie wollte Gunnar zeigen, daß sie mehr war als ein gewöhnliches Kleinstadtmädchen.
    Nina kam von der Haushaltungsschule nach Hause. Sie begrüßte die Mutter mit einer schnellen kleinen Umarmung und ging dann in ihr Zimmer. Draußen strahlte die Märzsonne und kündigte den Frühling an mit blauen Leberblümchen und gelben Krokussen.
    Nina zog sich um. Sie wechselte das Schulkleid gegen das neue Kostüm aus. Dann bürstete sie sorgfältig ihr Haar, polierte sich die Nägel, legte Rot auf die Lippen und zog die neuen, teuren Wildlederschuhe an, die sie ihrem Vater eines Tages in einer seiner schwachen Stunden abgebettelt hatte. Solche schwache Stunden hatte er ziemlich häufig; das ließ sich nicht leugnen.
    „Na, Nina, willst du ausgehen?“
    „Es ist so herrliches Wetter, Mammi. Ich möchte einen Spaziergang machen, solange die Sonne scheint.“
    „Tu das, mein Kind. Möchtest du aber vorher nicht etwas essen?“
    „Nein, danke, ich bin nudelsatt. Wir hatten heute in der Schule geräuchertes Hammelfleisch und Fleischbrühe.“
    Nina aß in der Haushaltungsschule zu Mittag. „Es ist doch nötig, daß wir uns durch unsere Kunststücke hindurchessen. Dabei lernen wir ja“, hatte sie den Eltern erklärt. Nur wenn das Essen in der Schule nicht nach Ninas Geschmack gewesen war, hielt sie sich an Mutters Tisch schadlos. Aber in den letzten Tagen hatte sie stets versichert, daß sie satt sei, und dann hatte sie sich so hübsch gemacht, wie sie konnte, und war spazierengegangen.
    Die Mutter sah ihr nach und schüttelte den Kopf. Sie war nicht froh, ihre Nina! Irgend etwas bedrückte sie. Dachtesie vielleicht immer noch an den jungen Gunnar? Jetzt war eine Woche seit dem Ball verstrichen, und Nina war in dieser Woche schweigsam und verschlossen gewesen. Sie konnte abends stundenlang in ihrem Zimmer sitzen und lesen. Die Mutter sah sich nachdenklich die Bücher an, die auf Ninas Tisch lagen. Sie hatte sie sich aus Vaters Bücherregal geholt: ein paar Bände vom großen Konversationslexikon, ein Buch über klassische Malerei, ein Buch über französische Schlösser und einen Fremdenführer von Paris.
    Wissensdrang war gut und schön. Aber bei Nina war er ein bißchen plötzlich gekommen, und es war keinerlei Freude damit verbunden. Und der Wunsch, aufs Gymnasium zu gehen? Ja, die Mutter freute sich darüber, aber…
    Frau Löge seufzte. Sie wußte, daß es im Leben eines jungen Mädchens Augenblicke gab, in denen niemand helfen konnte, nicht einmal die Mutter. Eine Mutter schon gar nicht.
    Nina blickte auf die Uhr. Halb vier! Sie ging rasch und zielsicher den Strandweg entlang. Zwischendurch warf sie immer einmal einen schnellen Blick auf die Armbanduhr.
    Als diese vier zeigte, machte Nina kehrt, und nun ging sie langsamer, auffallend langsam.
    Die Bürozeit in der Fabrik war um vier Uhr zu Ende. Zwischen vier und halb fünf mußte doch Espetuns Wagen herausgefahren kommen! Gestern war sie zu früh unterwegs gewesen. Vorgestern war Vorstandssitzung gewesen, das hatte der Vater abends beiläufig erwähnt. Aber heute…?
    Nina ging immer langsamer. Sie blieb stehen und blickte über den Fjord. Dann hob sie den Kopf. Sie hatte ein Auto brummen hören.
    Und dort – dort kam er, der große amerikanische Wagen mit Glas vorn und Glas hinten und Glas überall – der Wagen, den ganz Lillevik kannte. Ein dunkler Kopf am Steuer, Espetuns rundes, joviales Gesicht daneben.
    Nina lächelte und winkte. Espetun sagte etwas zu Gunnar, und das Auto hielt an. Espetun kurbelte das Fenster herunter und streckte Nina die Hand hin. „Hallo, Ninachen, was machst du denn hier draußen?“
    „Ach, ich gehe nur spazieren in dem schönen Wetter… Übrigens: Guten Tag, Vielliebchen, Herr Wigdahl!“
    Espetun lachte. „Da hattest du Pech, Gunnar. Nun bist du aber reingefallen.“
    Gunnar lächelte ein wenig. „Ich hatte ja von vornherein gesagt, daß ich verlieren würde.“
    „Und worum ging es denn, wenn ich mir erlauben darf, zu fragen?“
    „Um eine Autofahrt“, sagte Nina schnell, „die Sie mir neulich so nett angeboten haben – oder richtiger uns.“
    „Sieh mal einer an, das ist gar nicht dumm.“ Espetun streckte die Hand nach hinten und öffnete die hintere Tür. „Steig ein, Nina, wenn du Zeit hast! Du kannst bei uns zu Mittag essen, und dann könnt ihr den Wagen haben und einen langen Nachmittagsausflug machen. Ein verlorenes Vielliebchen ist doch eine Ehrenschuld,
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