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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir
Autoren: Berte Bratt
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hingestellt. Seine Augen hingen an dem kleinen Mädchen.
    Jetzt wandte er sich kurz zu Nina um und sagte leise auf englisch zu ihr: „Machen Sie doch die Augen auf! Sehen Sie nicht, daß das Kind blind ist?“
    Gunnar war aufgestanden. Nina folgte ihm mit den Augen. Seine Bewegungen waren plötzlich verändert. Und als er sich über das Kind neigte und mit ihm sprach, zuckte Nina zusammen. Seine Stimme war nicht krampfhaft liebevoll und ruhig, aber sie hatte eine Wärme, daß Ninas Herz laut schlug. Es durchfuhr sie ein stechender Schmerz.
    Ob er wohl jemals diese Stimme haben würde, wenn er mit ihr redete?
    Gunnar hatte das kleine Mädchen an die Hand genommen. „Komm, wir wollen deine Musch holen. Du hast aber eine hübsche Musch! Ist das deine?“
    „Ja, meine ganz allein!“
    „Dann gibst du ihr zu fressen?“
    „Ja, und auch Milch, und ich wasche ihren Futternapf ab; Mutter sagt, alle Miezekatzen wollen saubere Näpfe für ihr Fressen haben. Bist du hier Gast?“
    „Ja, ich sitze hier und trinke Kaffee zusammen mit einem Mädchen. Willst du ihr guten Tag sagen?“
    „Ist sie ebenso nett wie du?“
    „Findest du, daß ich nett bin?“
    „Ja, das bist du. Wie heißt du?“
    „Ich heiße Gunnar. Und du?“
    „Ellen, und ich bin sieben Jahre alt.“ Gunnar hatte die kleine Ellen an seinen Tisch geführt. Jetzt nahm Nina die kleine Kinderhand in die ihre. „Guten Tag, Ellen. Ich heiße Nina. Hier hast du deine Musch. Sie hat auf meinem Schoß gelegen.“
    Gunnar hob Ellen hoch und setzte sie auf den freien Stuhl neben sich. Die Kleine streckte die Hand aus und stieß an Gunnars Teller mit dem halbgegessenen Kuchen.
    „Au, was habe ich denn da jetzt gemacht? Nein, so was! Weißt du“ – das Gesicht mit den blinden Augen war auf Gunnar gerichtet – „ja weißt du, ich kann nämlich nicht sehen!“
    „Es gibt viele, die das nicht können“, sagte Gunnar. Seine Stimme war so nüchtern und ruhig, und trotzdem – es zitterte eine verhaltene Wärme darin.
    Nina hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Das kleine runde Kindergesicht mit dem toten Blick und die zarte, vertrauensvolle Kinderstimme – und dann Gunnars Stimme– o diese Stimme – diese Stimme!
    „Du kommst doch sicher nächstes Jahr in die Schule?“ fragte Gunnar. „Ja, wenn ich acht bin. Und dann reise ich ganz weit weg– so weit – einen ganzen Tag mit dem Zug. Eßt ihr Apfelkuchen?“
    „Ja, das tun wir. Er schmeckt gut. Hat ihn deine Mutti gebacken?“
    „Ja, gewiß. Und ich habe auch ein Stück bekommen. Aber von den Gästen darf ich nichts annehmen. Sonst bekomme ich Bauchweh, sagt Mutti. Die wollen mir immer alle was geben, weißt du!“
    „Ja, ich verstehe. Aber deine Musch bekommt doch sicher kein Bauchweh. Sie hat nämlich von uns ein bißchen Sahne bekommen.“
    „Oh, ihr seid aber lieb!“ sagte Ellen. Ihre Stimme war hell und vergnügt. „Weißt du was? Ich fahre heute zu Großmama. Und Großmama hat eine Kuckucksuhr. Wenn die schlägt, dann klingt es gar nicht so wie bei unserer Uhr. Bei Omas Uhr kommt ein Vogel heraus und schreit. Ich habe ihn gesehen. Du, ich möchte dich auch ansehen.“
    Gunnar neigte sich zu dem Kind hinunter. Zwei kleine Hände legten sich auf sein Gesicht: Kleine leichte Finger strichen über seine Stirn, über die Wangen, über sein Kinn und den Nasenrücken.
    „Du bist aber hübsch! Dich mag ich leiden“, sagte Ellen und setzte sich ganz dicht neben Gunnar.
    Jetzt konnte sich Nina nicht mehr halten. Die Tränenstürzten ihr aus den Augen. Und sie mußte schnell ihr Taschentuch hervorholen.
    „Wo wohnt denn deine Großmama?“ fragte Gunnar.
    „In der Stadt, in Lillevik. Wir fahren mit dem Autobus“, erzählte Ellen.
    „Sitzt du hier, du Strick?“ Es war die Wirtin, die in der Tür erschien. „Sie müssen das Kind entschuldigen – sie weiß, daß sie Gästen nicht lästig werden soll…“
    „Sie ist uns aber gar nicht lästig gewesen, im Gegenteil!“ Gunnars Stimme klang hell und gut. „Wir haben uns schon angefreundet, nicht wahr, Ellen?“
    „Ja, das haben wir, klar. Fahrt ihr nachher auch bald mit dem Bus?“
    „Nein, wir haben draußen unseren Wagen. Aber vielleicht möchtest du mit uns kommen und deine Mutti auch. Dann fahren wir euch bis zu Großmamas Haustür.“
    „Aber ich bitte Sie! Sie dürfen doch nicht…“ Es war Ellens Mutter, die höflich widersprach.
    „Oh, Mutti, dürfen wir nicht? Gunnar ist so nett, und ich möchte so gern in seinem Auto fahren!“
    „Ja,
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