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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir
Autoren: Berte Bratt
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– Nina aber nur ein ganz alltägliches Kleinstadtmädchen, und sie fühlte sich unsicher.
    „Es muß komisch für Sie sein, so viele Gäste zu haben, die Sie nicht kennen“, sagte Nina. „Aber wir kennen Sie alle.“
    „Tatsächlich?“
    „Ja, wir haben Sie so oft in dem Auto Ihres Onkels gesehen.“
    „Das kann schon sein. Sie wissen: Alle kennen den Affen, aber der Affe kennt niemanden!“
    Nina fand es ungemein witzig. Sie lachte.
    „Einem Affen ähneln Sie aber nicht gerade. Es muß Spaß machen, mit einem so schicken Wagen…“
    „Nun ja, das macht es natürlich.“
    „Wenn ich alt genug bin, mache ich auch meine Fahrprüfung.“
    Warum sage ich das? dachte Nina im selben Augenblick. Es ist doch nie davon die Rede gewesen, daß sie fahren lernen sollte.
    „Dann sind Sie also noch nicht alt genug?“
    „Nein, ich muß noch ein Jahr warten. Ich bin erst siebzehn.“
    „Sie gehen vermutlich noch in die Schule?“
    „Nein, ich habe seit vorigem Jahr die mittlere Reife, und dann wollte ich gern ein bißchen reisen, aber mein Vater fand, ich wäre noch zu jung.“
    „Da hat Ihr Vater sicher recht.“
    „Aber ich gehe nach Oslo und lerne weben, und hinterher will ich nach Paris.“
    Paris, dachte Nina. Warum sage ich Paris? Davon hat kein Mensch gesprochen.
    „Ja, Paris ist eine schöne Stadt“, sagte Gunnar.
    „Sind Sie da gewesen?“
    „Ja. – Sie haben ja nichts auf Ihrem Teller, Fräulein Löge. Soll ich Ihnen etwas holen? Kaltes Birkhuhn vielleicht?“
    Gunnar ging, und Nina sah ihm nach. Man stelle sich das vor, er war in Paris gewesen!
    Nina fühlte sich klein und ratlos, und sie wollte so gern, so furchtbar gern, daß sie Gunnar gefiele.
    „Dann können Sie sicher gut Französisch?“ fragte Nina, als er mit ihrem Teller an den Tisch zurückkehrte.
    „Och, ich kann mich gut verständigen. Möchten Sie etwas zu trinken haben?“
    „Nein, danke. Oh, wie ich Sie beneide, daß Sie Französisch können!“
    „Etwas muß ich ja auch können“, sagte Gunnar trocken.
    „Sie können sicher eine Menge. Sie arbeiten doch bei Ihrem Onkel im Büro – und Sie können den großen Wagen fahren – und…“
    „Na, Ninachen, wie geht es? Sorgt Gunnar gut für dich?“ Direktor Espetun war an ihren Tisch gekommen. Er war vergnügt und nett und jovial.
    „O ja, ganz groß! Ich habe gerade zu Herrn Wigdahl gesagt, es muß wunderbar sein, Ihr schönes Auto zu fahren.“
    „So, du hast einen Blick für Autos, Ninachen? In meinem bist du aber noch nie gefahren, nicht wahr?“
    „Nein!“
    „Nun, dem kann ja abgeholfen werden. Du mußt Nina mal auf eine Fahrt mitnehmen, Gunnar. Du weißt, du kannst den Wagen nachmittags immer haben.“
    „Oh, das wäre ja phantastisch!“ Ninas Augen blitzten. Gunnar murmelte: „Ja, danke, Onkel, das ist furchtbar nett von dir.“
    Espetun nickte ihnen freundlich zu und ging weiter an den nächsten Tisch.
    Und Nina nahm sich vor zu imponieren. Sie bemerkte beiläufig, sie sei im vergangenen Sommer in Stockholm zu Besuch bei einer Kusine gewesen, deren Vater Arzt ist und eine große Praxis in einer der schönsten Straßen von Stockholm hat.
    „Wir sind oft mit ihm in die Stadt gefahren, wenn er in die Nervenklinik fuhr“, sagte Nina. „Mein Onkel ist nämlich Psychopath!“
    „Nein, wirklich?“ sagte Gunnar, und mit einemmal zuckte ein Lächeln um seinen Mund. Er stand auf und holte sich etwas von der Tafel. Als er zurückkam, war seine Miene wieder ernst.
    Nina sah ihn unsicher an. Hatte sie etwas Verkehrtes gesagt? Hieß es etwa nicht Psychopath?
    „Erzählen Sie doch mal ein bißchen von Paris, Herr Wigdahl. Waren Sie im Louvre oder in Sanssouci?“
    „Sanssouci liegt nicht in Paris; das liegt in Potsdam, nicht weit von Berlin.“
    Eine heiße Röte schoß Nina in die Wangen. Sie hätte heulen mögen! „Ja… ja natürlich, ich habe mich bloß versprochen. Ich meinte… ich meinte…“
    Gunnar sah in das glühende kleine Gesicht, und er empfand plötzlich Mitleid. „Man irrt sich so leicht, weil Sanssouci ein französischer Name ist“, sagte er gutmütig. „Sie haben vermutlich an Versailles gedacht.“
    „Ach natürlich! Und sind Sie in Versailles gewesen?“ Ja gewiß, Gunnar war da gewesen, und er erzählte von dem Spiegelsaal und den Kunstwerken und all der verschwenderischen Pracht, und Nina lauschte. Und unterdessen kamen sie beim Nachtisch an, und Nina wußte selbst nicht, daß sie dasaß und blaue Trauben aß und Mandeln knackte.
    Sie fühlte
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