Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemand kennt mich so wie du

Niemand kennt mich so wie du

Titel: Niemand kennt mich so wie du
Autoren: Anna McPartlin
Vom Netzwerk:
er ihr Frage um Frage, aber diesmal folgten diese nicht stur einem Katalog, sondern eine Frage ergab die nächste, spezifischere, je nachdem wie sie antwortete. So manche Frage war ihr tatsächlich noch nie gestellt worden, und aller Vorbehalte zum Trotz spürte Eve, wie sie sich immer mehr öffnete. Er untersuchte ihre Zunge, er sah ihr forschend in die Augen und maß ihren Puls. Während er ihr Handgelenk zwischen Daumen und drei Fingern hielt, erklärte er ihr ausführlich die Funktionsweise der Pulsdiagnose, und plötzlich verspürte Eve den heftigen Drang, ihm den Arm wegzuziehen. Sie sah den Ausdruck in seinen Augen, und dann war es für einen Rückzieher zu spät.
    «Sie sagten mir, Sie würden unter Kopfschmerzen leiden, aber die Schmerzen wären nicht allzu schlimm», sagte er.
    Sie nickte, und ihr Herz fing wieder an zu rasen. So. Jetzt ist es so weit.
    «Sie sind sehr schlimm», sagte er.
    «Ich habe mich vor zwei Monaten untersuchen lassen und habe Entwarnung bekommen», sagte sie.
    «Es ist Zeit für eine zweite Meinung.»
    «Mir geht es gut.»
    «Heute befreie ich Sie von den Kopfschmerzen, die Sie angeblich nicht haben, und wenn Sie wieder zu Hause sind, müssen Sie sich einem CT oder einem MRT unterziehen, oder auch beidem.»
    Eve sagte nichts, weil sie nicht ganz aufrichtig gewesen war, als sie im St. Martin’s-Krankenhaus über ihre Kopfschmerzen befragt worden war. Sie verschwieg die Gleichgewichtsprobleme und die Sehschwierigkeiten, unter denen sie bereits vor dem Unfall gelitten hatte. Für jemanden, der rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, im Bett lag, waren Gleichgewichtsprobleme kein Thema. Ich habe Entwarnung bekommen. Wenn ihre Sicht nach stundenlangem Lesen verschwommen wurde, redete sie sich ein, es läge daran, dass sie eine Brille bräuchte. Ich habe Entwarnung bekommen. Sie erzählte niemandem von ihrem veränderten Geruchsempfinden, weil in diesem Krankenhaus alles komisch roch. Exkremente rochen nach Rosen, und Chanel No. 5 roch nach Babykotze. Ich habe Entwarnung bekommen. Sie redete sich ein, dass sie viel zu viele Medikamente bekam und viel zu lange in dieses winzige Zimmer eingesperrt war, dass sie sicher nur frische Luft und eine andere Aussicht brauchte. Ich habe Entwarnung bekommen. Hätte sie den endlos vielen Spezialisten, die ihr endlos viele Fragen stellten, erzählt, dass sie auch deswegen zu arbeiten aufgehört und ihre Firmenanteile verkauft hatte, weil sie Konzentrationsschwierigkeiten hatte, ihr Erinnerungsvermögen lückenhaft und ihr räumliches Vorstellungsvermögen völlig aus dem Gleichgewicht war, und dass sie bei dem Geruch von Katzenpipi Lust auf gebratenen Speck bekam, hätten die sie mit Sicherheit in dem winzigen Zimmer behalten, und das hätte sie nicht ertragen.
    «Es ist Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen», sagte Dr.   Thomas und sah sie mitfühlend an, als könnte er ihre Gedanken lesen. Er verordnete ihr eine Talam-Behandlung zur Linderung von Migräne und eine Kizhi-Massage zur Lösung ihrer Verspannungen und zur Unterstützung des Heilungsprozesses.
    Obwohl Dr.   Thomas die Befürchtungen, die sie im Grunde bereits seit New York hegte, bestätigt hatte, genoss Eve die beiden Behandlungen. Hinterher fühlte sie sich entschieden besser und entspannter. Ob es an der Magie von Ayurveda lag oder schlicht daran, dass sie nicht mehr so tun musste, als gäbe es kein Problem, wusste sie nicht. Jedenfalls fühlte Eve sich ruhig und bereit.
    Ich habe Entwarnung bekommen, aber sie haben sich geirrt.
    Als sie ins Zimmer zurückkam, strahlte Adam von einem Ohr zum anderen. Er hatte den Nachmittag mit der Lektüre von Dr.   Thomas’ Büchern verbracht.
    «Was hältst du von einer Reise nach Indien?», fragte er.
    «Toll!», sagte sie.
    Sie aßen alle früh zu Abend und zogen sich danach mit ihren Liebsten zurück, um sich auszuruhen für den großen Tag. Sie standen zeitig auf und gönnten sich ein gemütliches Frühstück. Adam blieb im Bett und las. Clooney zog in dem wunderschönen azurblauen Schwimmbecken seine Bahnen. Lily und Eve saßen im Whirlpool und sahen zu, wie er unter Wasser an ihnen vorbeiglitt.
    «Er war schon immer wie ein Fisch», sagte Eve, und Lily nickte.
    «Erzählst du mir, was dich beschäftigt?», bat Lily.
    Eve lachte und meinte, es sei nichts.
    «Erzählst du mir, womit du Declan unter Druck gesetzt hast?», fragte Lily daraufhin.
    Eves Lächeln verblasste. In Lilys Blick lag eine Mischung aus Verunsicherung und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher