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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi
Autoren: Jörg Maurer
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wurde er als Bergwerksstollen benützt. Aber vieles deutet auch auf eine alte militärische Befestigung hin. Auf eine sehr alte. Das Skelett, das wir gefunden haben, hat einen zerschmetterten Schädel. Unser Täter wird wohl nichts damit zu tun haben, der Tote liegt nämlich schon mindestens zwanzig Jahre in dem Stollen. Vielleicht auch noch länger. Wann hat der Andreas Hofer gelebt? Da war doch einmal ein Krieg zwischen Bayern und Tirol –«
    »Das werden wir sehen«, sagte Jennerwein. »Wie sieht es mit dem Lager des Secondhandladens Weichmoser aus?«
    »Da kann ich noch nichts dazu sagen. Da steht so unglaublich viel Gerümpel unten im Lager – wir werden Tage brauchen, um alle Spuren zu sichern. Als erstes sind wir übrigens auf ein Cello gestoßen.«
    »Irgendeinen Fehler hat er gemacht. Irgendeine Spur hat er hinterlassen. Wir werden ihn überführen, da bin ich mir sicher«, sagte Jennerwein. »Gehen wir in die Cafeteria? Ich könnte einen Kaffee vertragen.«
     
    Nach einer halben Stunde fuhren Jennerwein und Stengele mit dem Aufzug wieder nach oben, um die erste Wache anzutreten.
    »Irgendwelche Besonderheiten?«, fragte Stengele einen der beiden Wachen. »Haben Sie jemanden reingelassen?«
    »Nein«, sagte der Wachmann. »Nur der Arzt hat ihn besucht, dann ein Pfleger und zwei Krankenschwestern, die uns bekannt sind. Und dann die Mutter von ihm. Die haben wir natürlich reingelassen.«
    »Wie bitte?«, schrie Stengele. »Wann haben Sie die Mutter reingelassen?«
    »Gerade eben. Sie ist noch drin.«
    Stengele griff vorsichtshalber nach seiner Dienstwaffe und stürmte ins Krankenzimmer. Eine Gestalt hatte sich über das Bett gebeugt. Stengele hechtete hin und riss sie zu Boden.
    »Was tun Sie hier?«, rief der gehandicapte Jennerwein. Stengele drehte die Gestalt im grauen Mantel um. Die Perücke war heruntergefallen, der Mann hielt einen Fotoapparat umklammert.
    »Versuchen kann man es ja mal«, sagte der Journalist.
     
    Sonst gab es in dieser Nacht keine weiteren Vorkommnisse. Jennerwein und Stengele hielten die erste Wache, ihr Patient, der meistgehasste Mann des Landkreises, schlief. Irgendwann in den frühen Morgenstunden rumorte Jennerweins Telefon, er hatte eine SMS bekommen. Mürrisch blickte er aufs Display:
Es gibt keine weiteren Opfer. Glaubs mir! – Ich habs überprüft. Der Holländer.
Schon wieder der Holländer, dachte Jennerwein. Erst Michelle, dann Hauptmann Stecher, jetzt auch noch der Holländer. Man kann sich seine Hilfstruppen nicht aussuchen.
     
    Und irgendwo im Kurort vor einem Nachtclub saß schon wieder ein verdutzter Jugendlicher mit einem Klebeband über dem Mund und vier Fünfhunderteuroscheinen in der Tasche.

Après
    Johann Ostler hatte einen Tisch im Bierzelt bestellt, ganz vorne und ganz nah an der Blasmusik. Es war schon fast eine Tradition für das Team der Mordkommission IV , die Lösung eines Kriminalfalles bei den jährlich stattfindenden Heimatwochen zu feiern. Die Festwochen, bei denen Schuhplatteln, Steinheben, Goaßlschnalzen und Fingerhakeln gegeneinander konkurrierten, waren das Sommerereignis schlechthin, das Touristen und Einheimische gleichermaßen anlockte. Doch der Weg vom Polizeirevier ins Bierzelt war dieses Mal etwas beschwerlich, weil einige Invaliden zu beklagen waren im Kampf gegen das Böse. Lediglich der Spurensicherer Hansjochen Becker hatte keine Blessuren bei dem Einsatz am Zirler Berg davongetragen. Die Gesichter von Maria Schmalfuß und Franz Hölleisen hingegen waren ganz und gar zerkratzt, das war das Ergebnis ihrer wilden Jagd durchs Unterholz am Martinsbichl. Die Suche nach dem mysteriösen Schaufelschwinger hatte damit geendet, dass die beiden abends frierend und zähneklappernd in einem Wald fernab von jeder Zivilisation abgeholt werden mussten, Erkältung inklusive. Nicole Schwattke trug immer noch eine Halskrause, Kommissar Jennerwein hatte beide Hände dick eingebunden, die Finger konnte er aber schon wieder bewegen.
    »Den Maßkrug werden Sie wahrscheinlich nicht alleine halten können«, spottete Ostler.
    »Dafür habe ich ja mein Team«, gab der Kommissar zurück. »Beißt mich dieser Kerl in beide Hände! Aber das war es mir wert. Ich bin heilfroh, dass es so ausgegangen ist.«
    Ostler nickte. »Stellen Sie sich vor, er wäre abgestürzt. Dann wäre unsere ganze Kletteraktion umsonst gewesen.«
    »Apropos Klettern. Eines hätte ich doch gerne gewusst: Was hat es nun mit diesem
Scharteln
auf sich?«
    Ostler schwieg eine
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