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Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Titel: Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)
Autoren: Tim Frühling
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weit entfernte Minden zum Vergleich heranziehen, ist kein Slogan vielleicht gar nicht die schlechteste Wahl: Dort versucht man, mit dieser wirren Phrase auf die Stadt aufmerksam zu machen: Min + Din – seit 798 unbedingt merkwürdig. Eigentlich müsste auf jeglichem Pamphlet, auf dem dieser Satz abgedruckt wurde, mit diesem kleinen Sternchen [1] gearbeitet werden, das signalisiert, dass Richtung Seitenende noch eine Erklärung des zunächst Unverständlichen folgt.
    Ganz was Feines hat man sich auch in Bonn ausgedacht: Hier wird der Gast mit dem Slogan Bonn – Freude, Joy, Joie willkommen geheißen. Wenn es schon dreisprachig sein soll, verehrte Ex-Hauptstädter, dann müsst Ihr leider auch mit dem Konter leben, dass Euer Claim scheiße, shit, merde ist.
    Bevor dem Besucher auf hilflose Weise Lebensfreude, Überraschung oder Weltoffenheit suggeriert wird, greife man lieber zu einem gewitzten Wortspiel, wie das nordhessische Frankenberg an der Eder es getan hat. Hier heißt es: Frankenberg – das Beste zwischen Himmel und Eder. Das ist lokal, schelmisch und positiv und hat es deswegen in meinem privaten Stadtmarketing-Slogan-Ranking auf Platz 1 geschafft. Noch vor: Pirmasens – das beste Pirmasens der Welt.
    Pirmasens liegt ja sogar noch hinter Kaiserslautern und ist demzufolge noch schwieriger zu finden. Zumal die ehemalige Metropole der Schuhfertigung nur über eine einspurige Autobahn zu erreichen ist. Sehr selten!
    Noch seltener sind an deutschen Straßen allerdings Entfernungsangaben, die mit fortschreitender Beschilderung inhaltlich nicht auseinanderklaffen. An nahezu jeder Kreis-, Landes-oder Bundesstraße finden sich Wegweiser, die nichts Besseres zu tun haben, als sich in den Kilometerangaben konsequent zu widersprechen. An der einen Kreuzung sind es noch 24 Kilometer bis Hameln, drei Fahrtkilometer weiter Richtung Rattenfängerstadt sind es an einem neu gebauten Kreisel plötzlich 25, 500 Meter weiter auf einem Schild aus den siebziger Jahren wiederum noch 19. Würde es sich bei Kilometerangaben um etwas handeln, das nur durch teure physikalische Spezialmessmethoden ermittelt werden kann, wäre ich bereit, Verständnis für diesen Wirrwarr aufzubringen. Da nun aber ein handelsüblicher Tageskilometerzähler ausreicht, um diese Messungen recht präzise durchzuführen, kann ich das Laissez-faire der Straßenmeistereien nur mit einem ungnädigen Kopfschütteln und einem zornigen, Witta-Pohl-artigen Lippen-Aufeinanderpressen quittieren.
    Und das, wo gerade den deutschen Straßenverkehrsbehörden der Nimbus des Überkorrekten anhaftet. Kein Sommerloch vergeht, ohne dass eine Gazette irgendeinen sinnlosen Schilderwald in Deutschland abbilden würde. Ich persönlich habe allerdings den Eindruck, dass unsere Nachbarn in Österreich und der Schweiz fast noch etwas kleinlicher sind als wir: Bei den Helveten muss man sich auf einem Großparkplatz häufig die Nummer des Einzelparkplatzes merken, auf dem man sein Auto abgestellt hat. Nur nach Angabe dieser Zahl ist der Automat bereit, ein Ticket auszuspucken. Damit man ja nicht einem anderen auf dem Parkplatz seinen Parkschein geben kann, falls man früher wegfährt. Der Schweizer sieht’s nicht gern, wenn Einnahmen wegbrechen.
    Noch tolldreister ist die Parkraumbewirtschaftung in Wien: Hier muss eine sogenannte »Parkometerabgabe« berappt werden. Und das geht so: In einer Trafik (Tabakwarengeschäft), Tankstelle oder einem der Autoclubs kauft man sich farbenfrohe Blöckchen. Es gibt sie in rot, blau, grün, gelb und violett. Den roten zückt man, wenn man eine halbe Stunde zu parken wünscht. Dauern die Einkäufe bis zu einer Stunde, reiße man ein Zettelchen vom blauen ab. Sollten die Erledigungen neunzig Minuten in Anspruch nehmen, greife man zum grünen, falls der Bummel allerdings ganze zwei Stunden währt, so zupfe man beherzt ein Blatt vom gelben Blöckchen herunter. Nun ist die Aufgabe damit freilich noch nicht erledigt: Man führe darüberhinaus einen Kugelschreiber mit sich, mit dessen Hilfe auf dem Wisch eingetragen wird, in welchem Jahr, welchem Monat, an welchem Tag, zu welcher Stunde und in welcher Minute das Parkvergnügen seinen Anfang nahm. Der aufmerksame Leser mag sich nun fragen, welche Funktion denn die violetten Blöckchen haben, die zwar erwähnt, aber noch nicht erklärt wurden. Diese verwendet der Autofahrer, der sein Vehikel zehn Minuten kostenlos abstellen will. Da ist der Wiener großzügig, das geht, aber natürlich nur, wenn man für
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