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Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)

Titel: Nichts kann ich mir am besten merken (German Edition)
Autoren: Tim Frühling
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studieren. Eine möglicherweise zeitlich beschränkte Gültigkeit mit allen mitgeführten Uhren, Weckern, Chronometern und sonstigen Zeitmessern abgleichen. Befindet sich ihr Parkwunsch außerhalb der verbotenen Zeit: Nichts wie rauf mit der Karre auf die Abstellfläche!!! Allerdings – ohne diese Warnung wäre dieser Tipp nicht komplett – müssen Sie mit einem Keif-Opi rechnen. In 70 bis 80 Prozent der Fälle kommt ein ordnungsliebender Senior angewackelt, der Sie geifernd belehren wird. Dass Sie da nämlich gar nicht parken dürfen. Es gibt zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Entweder zurückgeifern oder unter heftigem Stöhnen schwer hinkend den Weg fortsetzen. Das ist zwar Menschen mit einer wirklichen körperlichen Behinderung gegenüber nicht fair – aber ist es vielleicht fair, von einem Keif-Opi angemacht zu werden, ohne gegen geltendes Recht verstoßen zu haben?
    Wenn wir uns nun schon mit dem großen Zeh auf dem dünnen Eis der political incorrectness befinden, hier noch ein ganz anderer Gedanke: Haben Sie schon mal bemerkt, dass Deutschland immer genau da aufhört, wo es anfängt, interessant zu werden? Bevor ich meine steile These näher ausführe, muss ich vorweg schicken, dass mir jeglicher Revanchismus fernliegt. Meine schlesische Oma pflegt zu sagen: »Wat weg is, is weg« – und da bin ich voll auf ihrer Seite. Aber wenn wir unsere Geschichtskenntnisse mal dahingestellt sein lassen und uns einfach nur der Fiktion hingeben, Deutschland wäre in alle Himmelsrichtungen hundert Kilometer größer, dann verstehen Sie den Satz, dass unser Land immer da aufhört, wo es anfängt, interessant zu werden. Besonders ärgerlich ist der Grenzverlauf im Süden: Kaum entwickelt sich mal so etwas wie ein hochalpines Gefühl, schon tappt man über die Grenze nach Österreich. Für einen Bergfreund wie mich, der seinem Land etwas mehr davon gönnen würde, wirkt die Südgrenze so wie ein Futtertrog auf eine Kuh, prall gefüllt mit frischstem Gras, von dem aber immer nur ein paar Halme herausragen.
    Oder nehmen Sie Salzburg. Kein Baumeister wäre in der Lage, eine derart puppenstubenhaftige Stadt auf einem Reißbrett zu planen. Über der Salzach thront stolz die Festung, im Vordergrund die Altstadt, im Hintergrund die Berchtesgadener Alpen, in der Nase der Duft süßer Desserts, im Ohr der sanfte Schmäh der Bewohner. Und? Pferdefuß? Korrekt: alles genau drei Kilometer hinter der deutschen Grenze.
    Achtung, ich komme in Fahrt. Wenden wir unseren Blick dem Bodensee zu. Der liegt zwar mehrheitlich auf deutschem Staatsgebiet, aber die Herangehensweise der drei Anliegernationen lässt tief blicken. Auf deutscher Seite wird ein rechter Zinnober um das »Schwäbische Meer« veranstaltet. Konstanz, Überlingen, Meersburg, Lindau: Touristenziele par excellence, überall Postkartenständer, das halbe Jahr überflutet von erholungswütigen Sommerfrischlern. In Österreich und der Schweiz dagegen? Kalte Schulter für den Bodensee! Bregenz muss schon extra Festspiele anbieten, um Gäste anzulocken. Rorschach? Romanshorn? Kreuzlingen? Kein Eidgenosse käme im Traum auf die Idee, dort seinen Urlaub zu verbringen. Und warum? Weil für Österreicher und Schweizer der Bodensee nur einer von vielen ist – und bei weitem nicht der schönste. Die liegen weiter im Landesinnern, allerdings immer noch in der 100-Kilometer-Zone.
    Ein wahrhaft höhnendes Beispiel für die Unterstützung meiner Behauptung ist der Rheinfall von Schaffhausen. Dieser gischtige Besuchermagnet befindet sich doch tatsächlich weniger als einen Kilometer von der deutschen Grenze entfernt – aber natürlich in der Schweiz. Ist eigentlich Lörrach für städtebauliche Glanzpunkte berühmt? Mir wäre da noch keiner untergekommen.
    Basel? Sehr wohl! Allein die Gegenüberstellung der Rathäuser beider Städte verdeutlicht, wer den besseren Schnitt macht. Lörrach wird aus einem schmucklosen Hochhausklotz verwaltet, während die Baseler Ratsherren in einem über und über verzierten Sandsteingebäude aus dem 16. Jahrhundert ihre Entscheidungen treffen. Und natürlich steht dieser Traum in Sandstein wieder nur wenige Steinwürfe von der Grenze entfernt, auf der falschen Seite.
    In puncto Genuss rangieren das Markgräfler Land, der Kaiserstuhl und die Ortenau schon recht weit oben in der Schlemmerliga – gegen das Elsass verblassen sie aber allesamt. Kehl? Trostlos. Straßburg? Ein Traum!
    Um das noch mal klarzustellen: Diese Gedankenspiele sollen nicht in die
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