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nichts als die wahrheit

nichts als die wahrheit

Titel: nichts als die wahrheit
Autoren: Anne Chaplet
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in die Gaststube trat, die neben dem Hofladen lag, erstarb das Gespräch.
    »Ihr braucht ja nicht gleich Fähnchen zu schwenken, wenn ich komme.« Sie blickte herausfordernd in die Runde.
    Gregor Kosinski grinste, Anne Burau rührte in der Kaffeetasse, und Paul Bremer sah betont woanders hin.
    »Hallo, Frau Stark«, sagte Anne.
    »Wir kämen nicht auf die Idee.« Paul klang sarkastisch. Das mußte man wohl als Fortschritt ansehen.
    »Darf ich mich trotzdem setzen?« Kosinski rückte zur Seite, und Anne holte ihr eine Tasse aus dem Regal. Als Karen Platz nahm, hörte sie ein seltsames Klacken auf dem Steinboden – der rote Setter trabte auf sie zu. Man müßte dem Köter mal wieder die Krallen beschneiden, dachte sie und betrachtete angewidert ihre ungewaschenen Hände. Dann ergab sie sich in ihr Geschick und tätschelte das Tier, das sich vor dem Stuhl aufgebaut hatte und ihr vertrauensvoll die Pfote hinstreckte. Vielleicht würde sie auf diese Weise herausfinden, was dran war an der Tierliebe.
    »Und?« Paul war der erste, der ungeduldig wurde. Ein flüchtiger Blick auf Kosinski zeigte ihr, daß ihm das auch aufgefallen war.
    »Der Fall wird wahrscheinlich nie wirklich zu den Akten gelegt werden können. Vielleicht kriege ich deshalb mildernde Umstände dafür, daß ich nicht früher auf die richtige Antwort gekommen bin.«
    Sie kraulte die Ohren des roten Setters, der ihr den Kopf aufs Knie gelegt hatte. Karen stellte verwundert fest, daß man sich an soviel Zuneigung durchaus gewöhnen konnte.
    »Es beginnt mit dem Tod Alexander Bunges. Bunge stürzte sich vom Glockenturm einer Frankfurter Kirche, nachdem er im ›Journal‹ bezichtigt worden war, sich aus dem Internet pornografische Darstellungen mit Kindern heruntergeladen zu haben. Diese Meldung war, wie wir heute wissen, von Peter Zettel gefälscht und ins Blatt lanciert worden.«
    »Wissen wir das?« fragte Paul Bremer.
    »Wir wissen das. Die Experten von der Spurensicherung haben entsprechende Spuren in Zettels privatem Computer gefunden.« Bremer klappte den bereits geöffneten Mund wieder zu.
    »Aber wenn die Meldung gefälscht war …«
    »Bunge gehörte zu den wenigen anständigen …« Jetzt redeten Kosinski und Anne im Chor.
    Karen lächelte in die Runde. »Die Meldung war gefälscht, aber der Sachverhalt war wahrscheinlich nicht falsch. Erstens. Und nur wer Anstand hat, zieht daraus solche Konsequenzen.«
    »Politiker sitzen so was aus. Politiker sitzen noch ganz andere Sachen aus. Politiker …« Bremer verstummte. Karen war der lange Blick nicht entgangen, den Anne Burau ihm zuwarf.
    »Alexander Bunge war verheiratet. Er hatte zwei Kinder. Seine Frau hat gewußt, daß er schwul war, sie hat das akzeptiert, ja, sie hat es sogar begrüßt. Aber sie hätte es wahrscheinlich nie zugelassen, daß ein Mann, der sich an Pornografie mit Kindern aufgeilt, auch nur ein einziges Mal noch seine eigenen Kinder zu Gesicht bekommt.«
    Karen sah in die Runde. Kein Widerspruch. Gut so.
    »Zweitens«, sagte sie und nahm einen Schluck Kaffee. »Als Hans Becker nach dem Ursprung der gefälschten dpa-Meldung suchte, gelang es ihm, sich in Zettels Computer einzuloggen. Er dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit gesehen haben, was auch die Ermittler gefunden haben: Peter Zettel hat systematisch Dateien angelegt, in denen er alles sammelte, was er über seine Kollegen, über Politiker, über andere Prominente in Erfahrung bringen konnte. Es waren zum Teil hochkompromittierende Informationen dabei.«
    Karen dachte an das Dossier, das Zettel über den derzeitigen Außenminister angelegt hatte, an dessen militante Vergangenheit auch sie sich noch gut erinnerte. Wenn Zettels Informationen stimmten – und warum sollten sie ausgerechnet in diesem Fall nicht stimmen? –, dann wäre im Falle einer Enthüllung dessen Beharrungsvermögen ziemlich gefragt. Ein Fall für die Ermittlungsbehörden war die Sache zwar nicht, dazu war sie zu lange her. Aber für die Medien gab so was ein gefundenes Fressen ab.
    »Zunächst dachte ich, Peter Zettel hätte Hans Becker beim Spionieren entdeckt und deshalb aus dem Wege geräumt – obwohl mir auffiel, daß ein so offener Mord nicht richtig paßte zu der indirekten Vorgehensweise, die im Fall Bunge an den Tag gelegt worden war. Ich habe eine Zeitlang auch nicht ganz ausgeschlossen, daß Anne von Zettels Aktionen wußte. Schließlich profitierte sie davon.«
    Bremer guckte gequält, Anne reserviert. Nur Kosinski sah aus, als ob er sich gut
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