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Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante

Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante

Titel: Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
Autoren: Linda Francis Lee
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zu optimistisch. »Ungeduldiges Staunen« würde besser zu seiner Miene passen. Wie auch immer, sein Anblick verblüffte mich so sehr, dass es eine Weile dauerte, bis meine Gehirnfunktionen wieder einsetzten.
    Seit unserer letzten Begegnung hatte er sich kaum verändert. Er wirkte höchstens noch attraktiver, auf gefährliche Weise. Immer noch dieselben breiten Schultern, die schmalen Hüften, das dunkelbraune Haar und die braunen Augen, ganz zu schweigen von den dichten schwarzen Wimpern, die ihm das Aussehen eines Engels verliehen. Aber er war keiner. Er hatte auch nie versucht, einer zu werden.
    Nach dem Jurastudium hatte er für die Staatsanwaltschaft gearbeitet. Bald erwarb er sich den Ruf eines aggressiven
Anklägers, der mit zu harten Bandagen kämpfte, zumindest nach dem Geschmack der Staatsanwaltschaft.
    Und so war keiner überrascht, als er diese Behörde verließ. Dass er nun für Howard Grout arbeitete, hatte niemanden veranlasst, die Brauen zu heben. Damals war das Wort »skrupellos« der Liste von Adjektiva beigefügt worden, die man benutzte, um ihn zu beschreiben (ein Mann, dem man nicht in einem dunklen Gerichtssaal begegnen wollte - nicht einmal in einem erleuchteten).
    Da ich Jack Blair sehr gut kannte, sah ich keinen Grund, an diesen Gerüchten zu zweifeln. Wahrscheinlich sollte ich erwähnen, dass er meine erste Liebe war. Außerdem spielte er eine tragende Rolle in den Ereignissen vor drei Jahren, die ich nur ungern meinen Ruin nenne.
    Nicht dass ich ihm grollen würde.
    Ich hatte Jack an meinem ersten Tag in der Willow Creek Highschool kennengelernt. Da Algebra I und Geometrie bereits hinter mir lagen, fing ich mit Algebra II an, von einer altklugen Arroganz erfüllt, die mir bewies, wie wenig ich von den anderen Kids verstand. An jenem Tag hatte ich mich besonders sorgfältig angezogen. Zu einer weißen Bluse mit aufgeknöpftem Kragen trug ich einen grün karierten Rock, grüne Kniestrümpfe und blank geputzte geflochtene Halbschuhe.
    Bevor die Glocke läutete, betrat ich den Klassenraum, hochzufrieden mit mir selber - bis ich merkte, dass alle Schüler und Schülerinnen verstummten und mich anstarrten.
    »He, Babe, der Kindergarten liegt einen Häuserblock entfernt, in der Willow-Creek-Grundschule.«

    »He, ruft die Heilsarmee, eins ihrer Mitglieder hat sich verlaufen!«
    Ich ignorierte sie und fand einen Platz, unglücklicherweise ganz hinten. In keiner anderen Schule hatte ich einen solchen Schreibtisch gesehen, mit schwarzer Platte und hohen Holzbeinen, für zwei Schüler. Sicher erraten Sie, wer jetzt ins Klassenzimmer und in mein Leben treten und sich prompt neben mich setzen würde. Jack Blair.
    Noch war der Lehrer nicht eingetroffen. Um zu merken, wie die Mädchen Jack anhimmelten, musste man kein Mathematikgenie sein. Die cooleren Jungs wollten ihm nacheifern, die schüchternen hatten Angst vor ihm. Auch ich gehörte sofort zur Kategorie, die ihn auf den ersten Blick vergötterte.
    »Hi«, grüßte er und schlenderte zu meinem Tisch, in einem T-Shirt, Jeans und Arbeiterstiefeln, die dringend eine Bürste gebraucht hätten. Er sah ziemlich derangiert aus, als wäre er eben erst aus dem Bett gestiegen. Aber sein Lächeln ließ mein Herz Purzelbäume schlagen.
    »Stört’s dich, wenn ich mich zu dir setze?«, fragte er.
    Ob mich das störte?
    O ja, bitte … Kann ich den Stuhl nachher mit nach Hause nehmen?
    »Klar«, sagte ich erstaunlich gelassen, trotz der Gymnastik in meiner Brust.
    Stöhnend ließ er sich auf den Stuhl fallen, dann schlief er ein. Er zuckte nicht mal mit dem kleinen Finger, als die Glocke erklang und Mr. Hawkins das Klassenzimmer betrat.

    Was der kleine Mathematiklehrer mit der Napoleonfrisur erzählte, hörte ich nur mit halbem Ohr, weil ein - nun ja -, ein Gott so dicht neben mir saß. Bis zu diesem Moment hatte ich kaum an Jungs gedacht, nur an die Schule, und stets exzellente Zeugnisse erzielt, um später zu einer noch exzellenteren Anwältin zu avancieren. In meinem Zukunftsszenario war kein Platz für romantische Verwicklungen. Die überließ ich meiner Mutter, meiner Schwester und meinem Bruder, die offenbar alle vom jeweils anderen Geschlecht besessen waren, was ihre Schicksale nachhaltig beeinflusste.
    Da ich mich so krampfhaft bemühte, den erstaunlich muskulösen, gebräunten Arm zu ignorieren, der neben mir auf der Tischplatte lag, merkte ich nicht, wie Mr. Hawkins’ monotone Stimme mit jeder Silbe näher kam. Als sein Zollstock neben uns auf den
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