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Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny!
Autoren: John Ball
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wieder, alle in ihrem Besitz befindlichen Waffen anzumelden, und zwar in ihrem eigenen Interesse. Es gibt jedes Jahr Hunderte von Unfällen mit Schußwaffen. Und viele davon sind keine Unfälle.«
    »Durch Kinder verursacht?« fragte Hotchkiss ungläubig.
    »Normalerweise nicht. Falls es sich aber um ein Kind handelt, das gereizt und aufs äußerste erregt ist und Zugang zu einer geladenen Waffe hat...« Der Satz blieb in der Luft hängen.
    Ruhig und in beschwichtigendem Ton griff Virgil das Verhör wieder auf. »Billy, ich möchte dir ein, zwei Fragen stellen, und du sollst sie mir so überlegt und genau wie du kannst, beantworten. Verstanden?«
    »Ja, Sir.«
    Tibbs erkannte, daß die Schranke, die durch seine Hautfarbe aufgerichtet wurde und die ihm seine Arbeit so häufig erschwerte, hier nicht vorhanden war. Er war einfach nur ein
    Polizeibeamter in Zivil, der mit einem verstörten kleinen Jungen redete.
    »Hast du Johnny McGuire jemals nach Hause begleitet?«
    »Nein. Sie haben kein Haus; sie wohnen in einem Apartment.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß es eben, das ist alles.«
    »Weiß Johnny, wo du wohnst?«
    »Ja.« Die Antwort kam erst nach einem kaum merklichen Zögern, und Virgil machte sich das zunutze.
    »War er schon mal hier?«
    »Einmal.« Billy schien sich zu schämen.
    »Hattest du ihn eingeladen?«
    »Ja.« Es war nun offenkundig, daß der Junge ein schlechtes Gewissen dabei hatte.
    »Das ist sehr wichtig, Billy, und ich möchte, daß du mir eine ehrliche Antwort gibst; verstanden?«
    »Ja, Sir.«
    »Warum hast du Johnny McGuire mit hierhergenommen?«
    Billy überlegte und zuckte dann mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Ich habe ihn eben eingeladen.«
    »Vorhin sagtest du uns, Johnny hätte keine Freunde, weil er >komisch< sei.« Virgil sprach überdeutlich. »Und du hast uns zu verstehen gegeben, daß du ihn aus demselben Grund nicht zum Freund haben möchtest. Dennoch hast du ihn mit nach Hause genommen.«
    Grabesstille.
    Tibbs wartete die volle Wirkung seiner Worte ab und fügte dann mit ruhiger, klarer Stimme hinzu: »Billy, du hast ein wunderschönes Heim. Du wohnst besser und schöner als die meisten deiner Kameraden. Darüber bist du dir doch klar?«
    »Ja, Sir.« Der Junge wußte, daß er durchschaut worden war.
    »Du hast ihn hergebracht, um ihn zu hänseln - um ihm zu zeigen, wieviel schöner du wohnst als er. War es nicht so?«
    »Ja«, flüsterte Billy.
    Ralph Hotchkiss rutschte auf der Couch nach vorn, enthielt sich diesmal aber wohlweislich jeder Einmischung.
    »Billy«, Tibbs sah ihn fest an, »hast du jemals auch nur den Versuch gemacht, dich mit Johnny McGuire anzufreunden?«
    »Nein, nie.«
    Tibbs lockerte den Druck. »Das ist in Ordnung; warum hättest du das auch tun sollen. Es ist dein gutes Recht, dir deine Freunde selbst auszusuchen. Aber Johnny McGuire war hier und weiß infolgedessen, wo du wohnst.«
    »Ja, und jetzt fällt’s mir wieder ein - als er hier war, sagte er, in ihrem Apartment gäb’s bloß ein Badezimmer. Daher weiß ich das mit dem Apartment.«
    »Gut, ich bin froh, daß dir das wieder eingefallen ist. Und nun zur Hauptsache: wieso glaubst du, daß dir von Johnny McGuire körperliche Gefahr droht?«
    Billy reagierte auf die plötzliche Entspannung so, wie Virgil es vorausgesehen hatte. Er fühlte, daß er alles sagen durfte, und daß man ihm glauben würde.
    »Johnny rief mich an. Ich weiß nicht, woher er die Telefonnummer hatte, aber er rief mich an. Dann sagte er was Komisches - er sagte, ich hätte sein Radio getötet. Genauso drückte er sich aus - ich hätte sein Radio getötet, und deshalb würde er mich auch töten.«
    »Eine Menge Kinder sagen so etwas.«
    Billy hob das Gesicht, und dabei zeigte sich, daß ihm Tränen über die Wangen kullerten. »Aber er meint’s ernst, Mr. Tibbs. Er sagte, daß er kommen und mich umbringen würde.«
    Er machte eine Pause, damit alle genau zuhörten.
    »Johnny sagte, er würde mich erschießen.« Die Tränen flössen stärker. »Er sagte, er habe den Revolver seines Vaters genommen, und brächte ihn mit.«

3. Kapitel

    Virgil wußte, zu seinem Leidwesen, daß man solche Drohungen ernst nehmen mußte. Er hoffte, daß es diesmal nicht zum äußersten kommen würde, konnte es sich aber nicht leisten, Risiken einzugehen. »Darf ich mal telefonieren?« fragte er.
    »Selbstverständlich«, antwortete Hotchkiss. »Falls Sie allein sein wollen, können Sie von meinem Arbeitszimmer aus
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