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Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny!
Autoren: John Ball
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gebräuchliche Waffe, die man überall kaufen kann. Sie ist leichter als einige andere Handfeuerwaffen, gedrungener und hat nur fünf Schuß.
    Natürlich prägte ich mir die Anzahl der Kugeln ein, die Johnny nacheinander abfeuerte, weil die fünfte zugleich auch die letzte sein würde, und damit die Gefahr, die er für sich selbst und andere darstellte, vorbei wäre. Die erste Kugel feuerte er ins Hotchkiss-Haus; angeblich zwei weitere auf Willie Orthcutt; die vierte im Stadiontunnel in Anaheim. Die fünfte Kugel schoß er in die Luft, nachdem ihn Gene Autry mit großer Geistesgegenwart dazu animiert hatte. Dann brachte ihn Autry, der seinen Ruhm als Amerikas größter Cowboy wahrhaftig verdient, dazu, noch einmal zu schießen; das macht insgesamt sechs Schüsse aus einem fünfschüssigen Revolver, was - ohne neu zu laden - ein Ding der Unmöglichkeit ist. Für mich war das der Beweis für zwei Dinge: erstens, Johnny hatte Willie Orthcutt nur in den Arm getroffen und zweitens, Charles Dempsey, von seinen Freunden Sport genannt, war Willies Mörder.
    Irgendwo auf der Fahrt ins Krankenhaus schoß Dempsey Willie Orthcutt in den Bauch. Er benutzte dazu seinen eigenen Revolver. Die Kugel durchquerte den Körper und trat auf der anderen Seite wieder aus; ein ballistischer Test konnte folglich nicht vorgenommen werden. Ich sehe jetzt ein, daß ich Dempsey noch in derselben Nacht zu einem Paraffintest hätte vorführen müssen, aber zu dem Zeitpunkt hatte ich nichts vorzuweisen außer einigen Verdachtsgründen, und die wollte ich zunächst für mich behalten.«
    Mrs. Orthcutt tupfte sich die Augenwinkel mit einem kleinen weisen Taschentuch ab. Sie sah auf und flüsterte mit einer Stimme, die ihre tiefe Erschütterung verriet: »Warum?«
    Virgil verschränkte die Finger und preßte sie zusammen. Er schien sich einen Ruck zu geben. »Es fällt mir nicht leicht, darüber zu reden. Dempseys Motiv war vielleicht das Schlimmste von allem; ich kam sehr bald dahinter, vermochte es aber einfach nicht zu glauben. Später, als ich bei einer Demonstration in gewisse Schwierigkeiten geriet, spielte er sich in einer Art auf, die meinen Eindruck bestätigte. Auch seine überstürzte Fahrt nach Anaheim trug dazu bei.
    Ich sollte dies hier eigentlich nicht ausposaunen, aber Sie haben ein Anrecht darauf, es zu erfahren: Wir haben sein Geständnis. Nach seiner Festnahme wußte Dempsey, daß er erledigt war. Wir machten ihn auf seine verfassungsmäßigen
    Rechte aufmerksam und daß er als Erwachsener bestraft werden würde, aber das schien ihn kalt zu lassen. Er erzählte uns die ganze Geschichte, so daß wir also nicht mehr auf bloße Vermutungen angewiesen sind.
    Ihr Sohn Willie war laut Aussage aller Beteiligten, Dempsey mit eingeschlossen, ein hochbegabter Junge. Er sah gut aus, war sehr musikalisch und eine Führernatur.«
    Bob Nakamura tauchte stumm in der Bürotür auf und machte sich dem Captain bemerkbar. Er zeigte mit dem Kopf aufs Fenster. Lindholm schwenkte in seinem Sessel halb herum und spähte auf die Straße hinunter. Dann nickte er Nakamura zu, der sich daraufhin stillschweigend zurückzog. Nach diesem kurzen Zwischenspiel fuhr Tibbs in seiner Erklärung fort.
    »Willie wurde immer beliebter, zumal er für sein Alter sehr reif und beinahe schon ein junger Mann war. Dempsey wiederum legte größten Wert auf seine Vormachtstellung über die halbwüchsigen Neger in seinem Wohnviertel. Er erklärte des öfteren in meiner Gegenwart, er wäre der Boß der Jugendgruppe, und wenn ich in der Klemme säße, brauchte ich es nur zu sagen. Tatsächlich erwies sich seine Hilfe bei einer bestimmten Gelegenheit als äußerst wertvoll, aber ihm ging es in Wirklichkeit nur darum, Aufsehen zu erregen und jeden Verdacht von sich abzulenken.
    Dempsey wußte - er hat das inzwischen zugegeben -, daß er Willie nicht das Wasser reichen konnte. Im Gegensatz zu dem talentierten, musikalischen, wortgewandten, intelligenten Willie war Dempsey ungebildet, ein schlechter Schüler, eine Art Versager. Er ist alles andere als hübsch, und seine Zukunftsaussichten waren schon vor der Schießerei nicht gerade glänzend. Dennoch betonte er immer wieder, auch in Anwesenheit des Mädchens Luella, er wäre der >große Mann< im Viertel.
    Ich hätte blind sein müssen, um nicht zu bemerken, daß Dempseys Vormachtstellung, solange Willie lebte, ständig bedroht war. In ein oder zwei Jahren hätte er - mit oder ohne Wagen - gegen Willie Orthcutt keine Chance mehr
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