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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg
Autoren: Dorothy Dunnett
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waren, kehrten der Stadt den Rücken und schauten zum Hafen hinaus, wo hundert große und kleine lichterfunkelnde Schiffe sachte schaukelnd vor Anker lagen. Banner und Wimpel und Festzelte glühten im Schein der riesigen Laternen am Masttop und in der Takelage in prächtigen Farben: Azur und Indigo, Krapprot und Zinnober, Erdgrün und Safrangelb. Und allein in der Mitte, von Musik umspielt, lag unter Lichtern und Blumen, flatternder Seide und wehenden Fransenbesätzen wie ein herrliches Schmuckstück das Flaggschiff der Flandernflotte.
    Piero Zorzi, der mit seinen Edelleuten die Gäste empfing, begrüßte persönlich die wohlhabende Marian de Charetty.
    Im rosigen Schimmer unter dem Baldachin wirkte ihr Gesicht nicht so angestrengt wie bei dem Empfang im Hause Gruuthuse, als sie hatte mit ansehen müssen, wie man ihren Ehemann beleidigte. Zorzi hatte, als er seinen Leuten von dem Vorfall berichtete, noch einmal auf seine eigenen Bedenken hingewiesen. Zum Erhalt ihres Reichs bediente sich die signoria der Republik Venedig jedes Werkzeugs, das sich bot. Die Qualität der Werkzeuge schwankte. In der Regel jedoch waren sie so beschaffen, daß sie gebildeten Männern zuzumuten waren.
    Über diesen jungen Mann allerdings hatte man seine Zweifel. Erst am heutigen Tag hatten Corner, Bembo und andere venezianische Kaufleute von einer völlig hirnlosen Eskapade berichtet. Unvernünftige Kinder veranstalteten Wettrennen und ärgerten ernstzunehmende Leute. Der junge Mann war vielleicht einen Fuß größer als Messer Piero Zorzi und kam heute in Pelz und Damast daher, aber er blieb doch ein Färberlehrling.
    Doch man mußte an das Wohl der Republik denken. Der Kommodore geleitete seine beiden seltsamen Gäste durch die plaudernde, juwelenfunkelnde Menge und bat sie (auf italienisch) in seine Kajüte, wo sich bald Messer Prosper Camulio aus Genua mit zwei Freunden zu ihnen gesellen würde.
    Sie sprachen beide italienisch. »Und Ihr, Kommodore?« fragte die Flämin.
    »Mich rufen leider meine anderen Gäste. Aber später werde ich mir hoffentlich das Vergnügen Eurer Gesellschaft gönnen können. Durch diesen Vorhang bitte, Madonna.«
    Er ließ ihr den Vortritt. Hinter dem Vorhang war ein kleiner holzgetäfelter Raum, vom Licht silberner Wandleuchter erhellt. Ein Tisch, in dem mit einem Teppich bedeckten Boden fest verankert, war auf drei Seiten von gepolsterten Sitzbänken umgeben. Marian de Charetty dachte, als sie eintrat, an Prosper de Camulio. Gleich würde er hereinkommen und ihr sein Beileid zum Tod ihres tapferen Sohns Felix ausdrücken, der in Mailand einmal sein Gast gewesen war. Sie hörte, wie der Vorhang an der Tür sich schloß. Der Kommodore entfernte sich mit soldatischem Schritt.
    Nicholas, der neben ihr stand, stutzte plötzlich. Die Kajüte war nicht leer. Ein bärtiger Mann, der bisher im Schatten gesessen hatte, stand auf einen Stock gestützt auf und musterte sie. Ein Mann mit schwarzem Haar in florentinischer Tracht, mit olivfarbener Haut und dunklen Augen. Kein Italiener. Er richtete den Blick auf Nicholas und verzog die roten Lippen zu einem erheiterten Lächeln. »Keine Angst, mein Freund Niccolò. Ich kann Euch nichts wegnehmen. Und was ich Euch anzubieten haben, braucht Ihr nicht anzunehmen.«
    Es blieb einen Moment still, dann sagte Nicholas: »Das höre ich gern.«
    Beunruhigt über seinen Ton, schaute Marian zu ihm hinauf, doch sein Gesicht verriet nichts. »Demoiselle«, sagte er, »Ihr erinnert Euch an Messer Nicholai Giorgio de’ Acciajuoli, der im letzten Jahr auf der Durchreise nach Schottland in Brügge Station gemacht hat? Messer Nicholai, meine Frau.«
    »Meinen Glückwunsch«, sagte der Grieche. Der Grieche mit dem Holzbein, der mit zugesehen hatte, wie in Damme die Kanone untergegangen war. Der Nicholas jenen ersten, spielerischen Wink zum phokäischen Alaun gegeben hatte. Der von Anfang an gewittert hatte - war das wirklich möglich? -, daß er diesen jungen Mann vielleicht würde brauchen können.
    Nicholas sagte: »Messer Prosper …?«
    »Er kommt später. Zusammen mit Messer Caterino Zeno und dessen Frau. Messer Caterino hat das Alaunabkommen genehmigt, Demoiselle. Ihr habt seine Unterschrift gesehen. Der Mann wird Euch gefallen. Und ebenso seine Frau Violante. Die Prinzessinnen von Trapezunt sind berühmt für ihre Schönheit.«
    »Dann setzen wir uns doch«, meinte Nicholas. »Ihr werdet sicher zur Sache kommen wollen.« Sein Ton war wieder ruhig.
    Der Grieche machte ihr lächelnd
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