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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg
Autoren: Dorothy Dunnett
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mitkommen wollen. Vor einem Jahr war er in Ketten auf einer der Flandern-Galeeren hier angekommen und auf Befehl des Kommodore zum Sprung in das Hafenbecken gezwungen worden. Seitdem hatte er dem Herzog von Mailand und Felix gedient. Doch wenn er nun nach Sluis zurückkehrte, so nicht aus Stolz, sondern - hätte man ihn danach gefragt - einer dunklen Vorahnung folgend.
    Vor der Abfahrt nach Sluis ging Nicholas allein ins Kontor, wo er Julius, Tobias und Gregorio antreffen würde. Zuvor hatte er sich umziehen müssen und für den Abend auf der Galeere den langen Mantel angelegt, den er sich für das Osterfest im Hause de Veere hatte anfertigen lassen und der inzwischen auf geheimnisvolle Weise neue Stickereien und einen edleren Pelz bekommen hatte. Es war Marians Werk. Sie hatte auch das Wams genäht, das er trug und das so gut saß wie ihr Damastkleid. Angesichts dessen, was sie alle von ihm wußten, hatte es einer gewissen Kühnheit bedurft - Mut konnte er ja nicht für sich beanspruchen -, ihnen gegenüberzutreten. Er sagte das erste, was ihm in den Sinn kam. »Betet, daß ich diesmal nicht ins Wasser falle. Ich trage die Gewinne des kommenden Jahres und eure Löhne am Leib.«
    Tobias musterte ihn ohne ein Lächeln mit durchdringendem Blick. »Prosper de Camulio ist angekommen. Du wirst ihm vielleicht begegnen.«
    »Ja. Ich weiß. Ich wollte wegen des Unternehmens mit euch sprechen. Ihr habt gesagt, ihr wollt bleiben ,,Aber wer weiß, worauf ihr euch einlaßt. Simon wird uns Schwierigkeiten machen. Und de Ribérac … sein Vater ist auf freiem Fuß. Ich habe ihn heute morgen gesprochen.«
    »Der Besuch in der Zilverstraat?« fragte Julius sofort.
    »Ja. Das war Jordan de Ribérac. Er wollte mich nur wissen lassen, daß meine … daß die Familie mir an den Kragen will. Und wenn nötig das Haus Charetty ruinieren wird.«
    »Da werden sie sich aber gewaltig anstrengen müssen«, sagte Gregorio.
    Angesichts der schwarzen Kappe und der eher komischen Nase hätte man Gregorio die Härte nicht zugetraut, die er besaß. Nicholas betrachtete ihn mit einer schwachen Regung von Zuversicht. »Das denke ich auch«, sagte er. »Ich meine, ich bin bereit zu kämpfen. Die Frage ist nur, wo lohnt es sich am meisten?«
    »Ich wüßte etwas«, sagte Tobias.
    »Ich verlange keine Versprechungen mehr.« Nicholas sah Tobias in die hellen Augen und versuchte, ihren Blick zu deuten.
    »Ich mache auch keine. Du weißt ja wohl, mit wem du es aufnimmst. Du mußt unbedingt dafür sorgen, daß du Adorne auf deiner Seite hast, ganz gleich, was geschieht. Der Bischof und einige der Schotten werden zu Simon halten. Und der Herzog von Mailand und seine Verbündeten sind gegenwärtig gut Freund mit dem Dauphin, aber das kann sich ändern.«
    Julius warf Tobias einen ärgerlichen Blick zu. »Wenn Ihr Angst habt, dann geht doch wieder zu Lionetto.«
    »Ich glaube nicht, daß ich ihm willkommen wäre«, meinte Tobias. »Er weiß inzwischen wahrscheinlich, was er Nicholas zu verdanken hat. Ich werde mich also wohl an Astorre halten müssen.«
    »Wir werden uns vielleicht alle an Astorre halten müssen«, sagte Nicholas. Sie starrten ihn alle drei an. Es war der Moment, in dem er es für das beste hielt, aufzustehen und hinauszugehen.
    Loppe wartete schon mit Marian. Ihre Töchter hatten zu dem Fest mitkommen wollen, aber sie hatte ihnen erklärt, daß der Besuch geschäftlicher Natur war.
    In Catherines Augen hatte sich Nicholas wiederum verändert. Aus dem Liebhaber ihrer Mutter war ein aufregender Mann geworden, der auf einem nackten Vogel Strauß einen wilden Ritt durch Brügge gewagt hatte. Selbst Tilde, stets reserviert und wachsam, sah ihn ein wenig anders an. Flüchtig stellte er sich die ziemlich sinnlose Frage, wie sich dasselbe Ereignis auf die Einstellung der wichtigen Leute aus Venedig und ihrer Verbündeten ausgewirkt hätte. Sie hätten alle Angebote zurückgezogen und alle Verbindungen abgebrochen. Und vielleicht wäre das genausogut.
    Es war dunkel geworden. Julius brachte sie zum Boot und sah ihnen nach, als es davonfuhr. Das Lampenlicht fiel auf sein gebräuntes gutgeschnittenes Gesicht. Er sah verwundert aus.
    In Sluis schien wieder Karneval zu sein. Die Kanalufer waren mit Laternen geschmückt, Fackeln loderten auf den von Gräben umgebenen Stadtmauern und Türmen, während die Befestigungen, der Belfried und die Burg in der Ferne in rötlichem Lichtschein glänzten. Aber die Menschen, die zu Fuß, mit Booten oder zu Pferd gekommen
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