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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg
Autoren: Dorothy Dunnett
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mehr brauchen kann, werde ich dich auch nicht mehr rufen lassen.«
    »Ich habe verstanden.« Nicholas stand auf. »Aber das nächste Mal solltet Ihr vielleicht den Mut aufbringen, mich in Eurem eigenen Namen rufen zu lassen.«
    De Ribérac lachte laut. »Als wüßtest du, was Mut ist. Eines kann ich dir jedenfalls sagen, von Simons Ehefrau wirst du keine weitere Aufforderung erhalten. Und wenn doch, solltest du ihr besser nicht folgen.«
    Auf dem Heimweg beleidigte er ohne Zweifel alle möglichen Leute, weil er blind und taub war bis zu dem Moment, als er das Haus in der Spanjaardstraat betrat. Dort bemerkte er immerhin Julius, der sich nach seinem Befinden erkundigte und dann verschwand. Anscheinend warnte er die anderen, denn weder Tobias noch Gregorio ließen sich blicken. Dafür bemerkte er rundherum in Haus und Hof amüsierte Mienen. Schlagartig fiel ihm der Strauß wieder ein.
    Sein eigenes Zimmer, das er behalten hatte, war leer. Eine Zeitlang stand er nachdenklich da, dann machte er sich auf den Weg zu Marians Kabinett. Es gab einiges zu regeln. Er traf sie in Gesellschaft von Bellobras an, den sie aber gleich fortschickte. Er hatte sich auf lange Erklärungen gefaßt gemacht, doch sie schien über alles auf dem laufenden zu sein. Julius hatte sich offenbar nicht in Zurückhaltung geübt. Nur von dem letzten Gespräch wußte sie nichts.
    »Denk dir nichts wegen der Sache mit dem Strauß«, sagte sie. »Gregorio und Henning haben alles in Ordnung gebracht, sogar Tommaso ist versöhnt. Ich habe ihm geraten, dem Herzog Francesco mitzuteilen, der Vogel sei krank, er werde ihn für ihn hüten, bis sein Gefieder nachgewachsen sei.«
    »Wenn er das schafft«, sagte Nicholas. Er setzte sich. »Die Hüter brauche ja anscheinend ich.«
    »Julius hat es dir gesagt?« Sie war blasser als sonst, aber ihr Blick war klar, fest und liebevoll. Ihm fiel auf, daß sie sehr elegant gekleidet war, und er erinnerte sich, daß auch sie zu dem Fest auf dem venezianischen Flaggschiff eingeladen war.
    »Er hat mir gesagt, daß sie alle bereit sind zu bleiben. Trotz allem.«
    Sie antwortete nicht gleich. Erst nach einer Pause sagte sie: »Und willst du denn bleiben, Nicholas?«
    Er wußte nicht gleich, wie er darauf antworten sollte. In der vergangenen Nacht, nachdem sie alles über Jaak de Fleury erfahren hatte, nachdem sie ihm eröffnet hatte, daß Julius und den anderen seine Verbindung zu Simon von Kilmirren bekannt war, hatten sie nur sehr vorsichtig miteinander gesprochen. Und als sie am Ende des Gesprächs gesagt hatte, daß sie aus einem bestimmten Grund allein schlafen wollte, hatte er nicht sagen können, ob es ein echter Grund war oder nur eine Ausrede, war aber froh darum gewesen. Wieviel Werben, wieviel Leidenschaft sind angemessen, wenn man nur liebevolle Zärtlichkeit geben und nicht irgendwelche neuen und diffusen Schwüre bekräftigen oder herauslocken will? Er hatte es nicht gewußt und nicht gewagt, die Probe zu machen.
    Jetzt lauschte er auf ihren Ton und versuchte, in ihrem Gesicht zu lesen, und machte sich klar, was Julius ihr vermutlich noch alles erzählt hatte. »Es war gar nicht Katelina van Borselen, die in der Zilverstraat auf mich gewartet hat«, sagte er. »Das war nur eine List. Es war Jordan de Ribérac.«
    Sie empfand, was er empfunden hatte, und wurde rot. »Er ist also nicht tot.«
    »Er ist geflohen. Mit Hilfe von Katelina van Borselen. Simon weiß nichts davon.«
    Er war nicht sicher gewesen, ob er ihr das überhaupt sagen sollte. Doch sie war mit ihren Gedanken woanders. »Aber er weiß, wer ihn verraten hat?«
    »Nicht einmal das«, sagte Nicholas. »Er wollte mich nur davor warnen, Simon etwas anzutun. Seit ich angefangen habe, meine ganze Familie umzubringen, kann er mir eine gewisse Begabung nicht absprechen. Er hat außerdem angedeutet, daß Simon und Katelina meinetwegen eine Bedrohung für dich und das Unternehmen sein könnten. Ich fürchte, da hat er recht.«
    Er schwieg einen Moment, dann sagte er: »Ich will bleiben.«
    »Das glaube ich«, sagte Marian de Charetty. »Heute abend gehen wir zu dem Fest auf der Galeere, nicht wahr?«
    »Ja. Aber ganz gleich, was geschieht, du entscheidest. Ich werde das tun, was du willst.«
    »Ja. Das weiß ich«, sagte sie.
    Sie hatten jetzt ein eigenes Boot und konnten zusammen mit all den anderen Booten die Fahrt nach Sluis mit Stil antreten. Die Ruderer trugen Charetty-Blau und hinter ihnen stand ein prächtig gekleideter Riese, Loppe. Er hatte
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