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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk
Autoren: Bernhard Hennen
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nichts mehr von ihr gehört, und sie wird sicherlich sehr einsam sein. Reist also nach Marans und leistet ihr den Sommer über Gesellschaft. Ich bin sicher, daß sich alle bei Hof freuen werden, wenn wir Euch zum Christfest wiedersehen, Herr Volker.«
    »Aber … Das ist fast ein Jahr. Ihr könnt mich doch nicht ein ganzes Jahr lang in die Fremde schicken!«
    Hagen runzelte die Stirn. »Ich kann morgen einen Unschuld i gen für Eure Taten hängen lassen. Reden wir lieber nicht da r über, was ich sonst noch alles kann. Packt Eure Sachen und macht Euch zur Abreise bereit. Wenn sich morgen abend die Raben auf den Schultern des Gehängten niederlassen, solltet Ihr schon ein gutes Stück des Wegs gekommen sein. Versteht mich nicht falsch! Ich möchte Euch nicht verlieren, doch wenn ich befürchten muß, daß Ihr dem König durch Euer Ungestüm in Herzensangelegenheiten noch weitere Schwierigkeiten bereiten werdet, könnte ich vielleicht gezwungen sein, zu Mitteln zu greifen, die eine Reise nach Aquitanien noch vergleichsweise angenehm erscheinen lassen. Auch wenn wir gute Freunde sind, Herr Volker, gilt meine Treue doch zuallererst dem K ö nig!«

1. KAPITEL

    olo hatte die beiden Pferde trockengerieben und ging vom Stall zur Schenke. Was für ein Sauwe t ter! Seit drei Tagen regnete es. Wohin man sah, war Wasser. Die dürftigen Straßen bildeten eine einzige Pfütze, daneben Kanäle und bis zum Horizont Sumpf. Seine Kleider waren von oben bis unten mit Schlamm bespritzt, und er hatte keinen trockenen Faden mehr am Leib. Das war keine Jahreszeit, um zu reisen! Sie hätten jetzt auf der schönen, warmen Burg bei Worms sitzen können. Aber sein Herr mußte ja unbedingt dieser verfluchten Sächsin nac h ste l len. Volker sprach zwar nicht gerne darüber, doch ahnte Golo, daß sie der Grund für ihre überstürzte Reise gewesen war. So war das Leben als Knecht! Die Herren begingen eine Torheit, und wer mußte dafür zahlen? Ihre Knechte! Und jetzt auch noch das Spielchen mit dem Duell. Drei Tage lang hatte er Ruhe gehabt, doch es gab Gerüchte über Räuberbanden und Unholde aus den Mooren, die diese Gegend unsicher machten. Deshalb hatte Volker beschlossen, daß es heute wieder soweit sei. Golo blickte flüchtig auf den Platz in der Mitte des kleinen Dorfes. Hier mitten im Morast würde der Kampf stattfinden. Wütend spuckte der Diener aus und trat dann durch die nie d rige Tür in die Schenke.
    »Gott zum Gruß, Fremder. Habt Ihr die Tiere versorgt? Ein verfluchtes Wetter heute, nicht wahr?« Auf einem Stuhl neben dem Feuer hockte der hagere Schankwirt und blickte grinsend von dem Fisch auf, den er ausnahm.
    Golo schaute ihn verdrießlich an. »Ich hab ’ schon Flüsse ges e hen, die weniger Wasser führten als Eure Straßen.«
    Der Wirt lachte. »Ihr müßt auch die guten Seiten sehen. Hier gibt es jede Menge Fische. Ich bring ’ Euch ‘ nen Teller Suppe, und nach ‘ nem Schluck Branntwein, wenn Ihr erst einmal wi e der warm geworden seid, sieht alles schon ganz anders aus. Den Rest des Tages werdet Ihr Euch den Regen von hier im Trocknen anschauen können. In drei Stunden beginnt es zu dämmern. Ihr werdet doch gewiß nicht mehr weiterreiten wo l len.«
    Golo schnallte den Schwertgurt ab und legte die Waffe vor sich auf den Tisch. Dann zückte er den Löffel, den er seitlich im Stiefel stecken hatte, und blickte erwartungsvoll zu dem gr o ßen, dampfenden Topf, der über dem Feuer hing. Außer dem Wirt waren nur noch drei Bauern in der Schenke. Es war besser, jetzt schon mit dem Spiel anzufangen. Bei dem Regen würde es sicher nicht mehr lange dauern, bis Volker auftauchte.
    »Ist sicher besser, noch ein paar Meilen zu reiten, bis es du n kel wird. Sollte schauen, daß ich weiterkomme. Bis zu den Mauren wird er mir vielleicht nicht folgen.«
    Der Wirt stellte eine Schüssel voll dampfender Fischsuppe vor ihm auf den Tisch. Golo rümpfte die Nase. Er haßte Fischsuppe! »Wer soll Euch nicht bis zu den Mauren folgen, Herr?«
    Schlürfend begann der Knecht, die Suppe auszulöffeln. »Habt Ihr noch ein Stück Brot?«
    »Erzählt mir Eure Geschichte und was draußen in der Welt so vor sich geht, und ich schenk ’ Euch ein Brot. Wißt Ihr, nach hier verirrt sich nur selten jemand. Wir haben schon lange keine Neuigkeiten mehr gehört.«
    Golo blickte von der Suppe auf. »Ihr seid doch ein gotte s fürchtiger und ehrbarer Mann, nicht wahr?«
    Der Wirt nickte eifrig. »Natürlich. Frag nur den Pfaffen nach mir. Es gibt kaum
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