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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk
Autoren: Bernhard Hennen
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tet, und er sah aus wie ein Mann, der in den Krieg ziehen wol l te.
    Ungeduldig drehte sich Hagen nach ihm um. Offensichtlich war es klüger, den Tronjer nicht warten zu lassen. Er stand jetzt in einer Nische des großen Festsaals, wo er vor den Blicken der meisten Gäste verborgen blieb. Vor allem die Sachsen am Kopf der Tafel konnten ihn dort nicht sehen. Volker erhob sich und entschuldigte sich mit ein paar höflichen Floskeln bei den D a men, die an seiner Seite saßen. Dann verließ er gemessenen Schrittes den Saal, so als würde er einem tiefen, inneren Drang folgen, um sich von den Zinnen der Burgmauer herab zu e r leichtern.
    Vor dem Festsaal erwartete ihn Hagen bereits. »Wenn es nach mir ginge, würde ich diese sächsischen Bastarde von unseren Wachen noch in dieser Stunde hinrichten lassen und ihre Köpfe auf Lanzen gespießt vor dem Burgtor aufstellen. Es ist mir u n erträglich zuzusehen, wie sie unseren König demütigen. Wie steht Ihr dazu, Herr Volker?«
    »Wenn Ihr mein Schwert fordert, stehe ich Euch jederzeit zur Verfügung.«
    Hagen lächelte schief. Er hatte die Doppeldeutigkeit der Wo r te verstanden. »Wir haben zuwenig Männer unter Waffen, um uns auf einen Krieg mit den Sachsen einlassen zu können. Ho r sa weiß das genau, und deshalb demütigt er unseren König. Was Euch angeht, Herr Volker, denke ich, daß wohl niema n dem geholfen ist, wenn Ihr bereit seid, Euer Leben in einem Duell mit mir zu verschenken. Ich schätze Eure Kunst und den leichten Ton, mit dem Ihr diesen Hof selbst in den dunkelsten Stunden zu bezaubern wißt. Euren Lebenswandel jedoch werde ich niemals begreifen. Warum bei den Göttern mußtet Ihr mit der Sächsin buhlen? Seid Ihr nicht mehr bei Sinnen?«
    Der Spielmann schluckte. »Ich … Ich glaube, ich war verliebt.«
    Hagen schüttelte den Kopf. »Wenn ich Euch das glauben könnte, mein Freund, dann stünden wir jetzt nicht hier. Wißt Ihr, Ihr seid entschieden zu oft verliebt … «
    »Woher wißt Ihr eigentlich, daß ich in der letzten Nacht in der Turmkammer war? Nicht, daß ich es leugnen wollte, doch … «
    Hagen öffnete die kleine, lederne Geldkatze an seinem Gürtel und zog einige scharlachrote Wollfäden heraus. Er hielt sie an den Umhang des Spielmanns. »Die Farbe stimmt, nicht wahr? Es gibt keinen außer Euch, der einen Mantel in dieser prächt i gen Farbe besitzt. Die Wollfäden habe ich im Gebüsch unter dem Turmfenster gefunden. Damit steht für mich außer Zwe i fel, was sich in der letzten Nacht in der Kemenate dieser Säc h sin ereignet hat!«
    Volker versteifte sich. »Ich bin selbstverständlich bereit, die Verantwortung für meine Taten zu tragen. Ich werde vor den Hof treten und erklären, wie sich die Dinge in Wahrheit zug e tragen haben. Und ich … «
    »Und dann? Damit wird die Situation doch nicht besser! G u n ther wird Euch für den Frevel am Weib eines Gesandten hi n richten lassen oder zumindest auf immer vom Hof verbannen müssen. Ich habe einen anderen Plan. Morgen werde ich ve r künden lassen, daß der Dieb gefaßt ist. Auf dem Marktplatz der Stadt werde ich einen Mann hängen lassen. Er wird zwar bis zuletzt behaupten, daß er unschuldig ist, aber das tun sie ja a l le … «
    »Das ist Unrecht, Herr Hagen! Der Mann ist unschuldig! Ich habe Euch doch gerade erklärt, daß es niemals einen Diebstahl gegeben hat und daß ich bereit bin, für die Konsequenzen de s sen, was tatsächlich geschehen ist, einzustehen.«
    Der Tronjer lächelte kühl. »Ich möchte Euch nicht verlieren, Freund Volker. Der Kerl, den ich hängen lasse, ist ein Rau b mörder. Um ihn ist es nicht schade. Im Gegenteil, durch seinen Tod hat er vermutlich das einzige Mal in seinem Leben Gel e genheit, seinem König einen Dienst zu erweisen. G u nther wird die Sachsen für den Verlust des Schmuckes reichlich entschäd i gen, und das einzige, was bleibt, ist eine böse Geschichte da r über, daß Gäste des Burgundenreichs nicht einmal in der K ö nigsburg vor Räubern sicher sind. Was Euch aber angeht, Herr Volker, so möchte ich sicher sein, daß es für die restliche Zeit, die die Gesandtschaft bei Hofe weilt, nicht mehr zu weiteren Verwicklungen wie in der letzten Nacht kommt. Ich habe b e reits mit dem König gesprochen, und auch wenn er nicht weiß, was sich in der Kemenate Amalasfridas wirklich zugetragen hat, hält er es für eine gute Idee, Euch an den Hof seiner Nichte in Aquitanien zu schicken. Seit ihrer Hochzeit mit dem Baron Rollo von Marans hat man
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