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Nexus

Nexus

Titel: Nexus
Autoren: Henry Miller
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leisten, nur keinen Rolls-Royce. Ich habe es Ihnen schon gesagt, fünf ist das Maximum. Sie brauchen nur fünf zu sagen.»
    «Ehrlich, Herr, soviel brauche ich nicht.»
    «Aber natürlich. Wie können Sie so reden? Sie brauchen alle möglichen Dinge - Essen, Schlaf, Seife und Wasser, mehr Schnaps ...»
    «Einen Vierteldollar, mehr will ich nicht, Mister.»
    Ich fischte einen Vierteldollar aus der Tasche und legte ihn in seine Handfläche. «Gut, wenn Sie's nicht anders wollen.»
    Er zitterte so, daß ihm die Münze aus der Hand glitt und in den Rinnstein fiel. Als er sich bücken wollte, um sie aufzuheben, zog ich ihn zurück.
    «Laß sie liegen. Mag sie ein anderer finden. Das bedeutet Glück. Hier , hier ist eine andere. Aber festhalten jetzt!»
    Er richtete sich auf, hatte das Auge aber noch auf die Münze im Rinnstein geheftet.
    «Kann ich die auch haben, Mister?»
    «Natürlich. Aber was ist dann mit dem anderen Kerl?»
    «Mit welchem anderen Kerl?»
    «Mit jedem beliebigen anderen. Was ist da für ein Unterschied?»
    Ich hielt ihn am Ärmel fest. «Einen Augenblick noch, ich habe eine bessere Idee. Lassen wir die Münze liegen, wo sie ist, ich gebe Ihnen dafür einen Schein. Sie werden doch einen Dollar von mir annehmen?» Ich zog eine Rolle Scheine aus der Tasche und gab ihm davon einen Dollar. «Bevor Sie diesen in weiteres Gift umsetzen», sagte ich, indem ich seine Faust darüber schloß, «hören Sie mal, was ich Ihnen jetzt sage, es ist ein wirklich guter Gedanke. Stellen Sie sich vor, es ist morgen, und Sie kommen an dieser selben Stelle vorbei, in Gedanken damit beschäftigt, wer Ihnen wohl ein Zehncentstück geben könnte. Verstehen Sie, ich bin dann nicht mehr da. Ich bin auf der Ile de France. Sie haben aber eine ausgedörrte Kehle und wahrscheinlich nichts im Magen, und siehe da, da kommt ein gut angezogener Kerl daher, der nichts zu tun hat - wie ich -, und läßt sich hier auf dieser Bank nieder. Was tun Sie nun? Sie gehen zu ihm hin und sagen, wie Sie es gewöhnt sind: ‹Hätten Sie wohl einen Zehner übrig?› Aber er schüttelt den Kopf. Nein! Nun, hier kommt jetzt die Überraschung, dies ist die Idee, die ich für Sie habe. Klemmen Sie nicht den Schwanz ein und schleichen Sie nicht davon. Bleiben Sie fest stehen und lächeln Sie ihn an - gutmütig, freundlich. Dann sagen Sie: ‹Mister, ich habe mir nur einen Scherz erlaubt, ich brauche keinen Zehner. Hier ist ein Dollar für Sie - und Gott möge immer seine schützende Hand über Ihnen halten.› Verstehen Sie? Wäre das nicht nett?»
    Ängstlich umschloß er den Schein, den ich noch immer in den Fingern hielt, und riß sich frei. «Mister», sagte er, indem er ein paar Schritte zurückwich, «Sie sind da oben nicht ganz richtig, einfach nicht ganz richtig!»
    Dann lief er schnell davon, drehte sich aber bald um, drohte mir mit der Faust, schnitt mir Grimassen und rief so laut, wie er konnte: «Du blöder Scheißkerl! Du stinkiger Deppenvögler! Anschiffen sollte man dich, du blöder Hund!» Er schwenkte den Schein in der Luft, machte noch ein paar Grimassen, streckte die Zunge heraus und lief dann davon.
    «Da haben wir's», sagte ich mir. «Konnte nicht einmal einen Spaß vertragen. Hätte ich ihm einen Dollar gegeben und gesagt: ‹So jetzt laß einen Furz, daß die Gegend stinkt, als hätte man die Schließklappe einer Latrinenröhre geöffnet›, wäre er dankbar gewesen.» Ich bückte mich und holte den Vierteldollar aus dem Rinnstein. «Jetzt wird er wirklich überrascht sein», murmelte ich und legte die Münze auf die Bank.
    Ich schlug die Zeitung auf und studierte die Theateranzeigen. Im Palace nichts von Bedeutung. Die Kinos? Dieselben alten Klamotten.
    Im Variete? Wegen Reparaturarbeiten geschlossen. Was für eine Stadt! Man konnte natürlich in die Museen und in die Kunstgalerien gehen. Und ins Aquarium. Wenn ich nun ein Strizzi wäre und jemand mir aus Versehen einen Tausenddollarschein gäbe, wüßte ich nicht, was ich damit anfangen sollte.
    Und so ein wunderschöner Tag dazu. Die Sonne durchdrang mich wie eine Million Mottenkugeln. Ein Millionär in einer Welt, in der Geld keinen Wert hatte.
    Ich versuchte, etwas Angenehmes zu denken. Ich dachte an Amerika wie an ein Land, das ich nur vom Hörensagen kannte.
    «Öffnet, im Namen des großen Jehova und des Continental Congress!»
    Und es öffnete sich wie die Tür eines versteckten Gewölbes. Da war es - Amerika: der Garten der Götter, Grand Canyon von Arizona, Great
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