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Nexus - Band 1

Nexus - Band 1

Titel: Nexus - Band 1
Autoren: Hans Enzberger
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Ausgeliefert… ohne Kontrolle. Gezwungen zuzusehen wie Andere starben, gleich ob aus Dummheit, Unwissen, Starrsinn oder falschem Heldenmut - dies war etwas, das Tom noch nie hatte akzeptieren können. Und nun - wie viele auf diesem Schiff würden den Tag nicht überleben, während ihm selbst nichts anderes übrigblieb als das Wenige auf seinem Fluchtweg zusammenzukratzen was er konnte? Tom ignorierte die kribbelnde Symbiose aus Betäubung und stechender Pein, die noch immer ihr Bestes versuchte um ihn an jeder noch so kleinen Bewegung zu hindern, und stützte sich gegen das immer deutlicher fühlbar erwärmte Metall des Schachtbodens.

Viel Zeit blieb nicht mehr. Denn was immer hier geschah, es schritt voran. Die Energiespitzen, deren ungezählte Gigawatt schon seit fast einer Stunde immer und immer wieder ungebremst durch die Leitungen hinter diesen Fassaden zuckten, hatten bereits so gut wie jedes kritische System innerhalb des Trägers außer Gefecht gesetzt. Zweifellos standen ihre Hitzeemissionen mittlerweile schon kurz davor, sich durch sämtliche Isolationen zu schmelzen. Tom sparte sich die Frage was mit dem Reaktor, den Notsystemen, Sicherungen, Wartungsbots oder dem technischen Personal passiert war. Wenn dies so weiterging, würde die "Aries" schon bald als funktionsloser Stahlsarg durch das All treiben.

"Kat." sprach Tom seine Kameradin an und robbte gleichzeitig einige Stücke rückwärts an ihr vorbei, um ihrer beider Gesichter auf die gleiche Höhe zu bringen. Zu deutlich spukten die Bilder ihres Antlitzes noch in seinen Gedanken… und das was er darin gesehen hatte. Kapitulation, Angst… Trauer und ehrliches Bedauern... aber auch noch etwas anderes. Ein dunkler Schatten sogar für sie untypischer, trotziger, grimmer Wut. Egal woher er gekommen war - Tom hoffte dass er noch eine Weile länger begraben blieb. Wenn sie weiterkommen wollten, musste er sich auf sie verlassen können. "Alles in Ordnung?"

Katerina Dresslers Kopf lag in ihren Händen vergraben. Als sie Toms Haupt in ihrer Nähe gewahrte, sah sie auf. Feuchte Strähnen üppigen, blonden Haares hingen ungeordnet über ihre Stirn. Ihr Ausdruck wirkte sogar im hellen Licht von Toms Schulterlampe noch matt und kraftlos, aber zumindest zitterte sie nicht mehr - und jegliche Form irrationalen Zorns war aus ihrer Mimik verschwunden.

"Du bist so ein Dummkopf." sagte sie, begleitet vom Bruchstück einer intensiven Nuance die Tom nicht verstand - doch zumindest das Lächeln das über ihre blassen Lippen huschte wirkte tatsächlich ehrlich und echt.

"Ich tue was ich kann." erwiderte Tom mit einer Mischung aus halbherziger Ironie und einem großen Rest nüchternem Ernst. "Und jetzt beantworten sie meine Frage, Lieutenant."

Kat zögerte kurz, schluckte unmerklich und bestätigte schließlich mit einem schwachen Nicken. "Einsatzbereit, Sir."

"Gut." Tom schenkte ihr einen zuversichtlichen Blick, bevor er fortfuhr. "Bevor der Schirm hochging glaube ich auf dem Plan so etwas wie eine Bot-Zugangsstelle gesehen zu haben… ein paar hundert Meter geradeaus von hier entfernt. Das müsste uns zumindest aus dem Schacht raus, und ein wenig näher in Richtung des Hangars bringen. Hoffen wir mal, dass dort noch etwas funktioniert. Noch Fragen? Also los."

Es wurde Zeit. Die Ungewissheit des Dunkels vor ihm schien schon viel zu lange auf ihn zu warten. Tom die Beine an den Rumpf, wandte sich in der Enge des Schachtes so gut es ging herum und begann schließlich, mit gesenktem Kopf vorwärts zu robben.

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<15 Minuten später, irgendwo auf den mittleren Decks, Waffenzentrale Theta-03> Von einem leichten, metallischen Seufzen begleitet verabschiedete sich die kleine Metallplatte endgültig vom letzten Rest ihrer verschmolzenen Halterungen und krachte scheppernd eine knappe Manneslänge weiter unten auf den Boden des Schiffsganges. Tom Parker steckte den Blaster zurück an seinen Platz, mit dessen hochenergetischen Energieimpulsen er das störrische Metall bis soeben noch aus sicherer Entfernung bearbeitet hatte, deaktivierte seine Schulterlampe mit einem Handgriff und kroch von gemischten Gefühlen eingeholt vorwärts. Zu sehr trübte der düstere, rote Schein dessen matte Farbe von außen in sein schmales Sichtfenster drang den willkürlichen Anflug optimistischer Freude, endlich aus der klaustrophobischen Enge seiner selbst auferlegten Gefangenschaft entfliehen zu können.

Die Notbeleuchtung. Tom
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