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Nextopia

Nextopia

Titel: Nextopia
Autoren: Micael Dahlén
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Bürgermeisterin in schwarzer Unterwäsche vor einem der örtlichen Feuerwehrautos posierte. Carmen ließ das Foto auf ihrem Profil zu, es sollte aber einem kleinen Kreis von Freunden vorbehalten sein.
    Im Januar 2008 wurde das Bild online gestellt, und noch ehe der Monat vorüber war, hatte es jeder in Arlington zu Gesicht bekommen. Im Februar wurde Carmen ihres Bürgermeisteramtes enthoben. Horror.
    Aber immerhin hatte sie 15 Millisekunden Ruhm erlebt, denn bis dahin konnte jeder sie in schwarzer Reizwäsche sehen, der einen der unzähligen ihr gewidmeten Google-Treffer anklickte, die YouTube-Clips anschaute und die Newscasts der wichtigsten Fernsehsender verfolgte.
    Und was wurde aus ihrem Liebesleben? Bleiben Sie dran, Next Opera folgt …
    CHRIS AVENIR Anfang 2008 wurde Chris Avenir, ein Ingenieursstudent im ersten Studienjahr, von der Universität Ryerson in Toronto wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in 147 Fällen angeklagt. Im Bemühen, mit seiner soeben begonnenen anspruchsvollen Ausbildung Schritt zu halten, hatte er die Welt beliebiger Verfügbarkeit um Hilfe gebeten. Er erkannte, dass jeder jederzeit überall in der Lage sein sollte, Antworten zu finden, und hatte auf seinem Facebook-Profil dazu aufgerufen, die wissenschaftlichen Aufgaben zu lösen, die ihm in seinen Seminaren gestellt wurden.
    Und jeder tat es. Studenten seiner Uni und auf der ganzen Welt leisteten ihre Beiträge und hielten das Ganze für eine glänzende Idee. Die Verwaltung von Ryerson war allerdings nicht damit einverstanden und benachrichtigte Chris recht bald darüber, dass ihm wegen Täuschung die Exmatrikulation drohe.
    Zum Glück für Chris waren die Besucher seiner Facebook-Seite Angehörige der Generation Boss. Sie waren es gewohnt, das Sagen zu haben und ihren Willen durchzusetzen, deshalb hatten sie kein Problem damit, gegen die Universitätsverwaltung vorzugehen. Durch den Verkauf von T-Shirts und Hüten mit der Aufschrift »Chris hat nicht betrogen« auf Facebook wurden Spenden gesammelt, Unterstützungsvideos wurden auf YouTube veröffentlicht, und sie konnten auch die Aufmerksamkeit von Fernsehsendern, Zeitungen und Zeitschriften auf der ganzen Welt gewinnen.
    Einige Wochen später erklärte die Ryerson-Universität, dass Chris ein paar akademische Klapse auf die Finger bekommen, aber nicht exmatrikuliert werden würde.
    ARMIN MEIWES In einem ungewöhnlich verschrobenen Ausdruck von Midlife-Crisis feierte Armin Meiwes seinen 40. Geburtstag, indem er den Penis von Bernd Jürgen Brandes mit Salz, Essig und Knoblauch garte und ihn am Weihnachtstag 2001 verspeiste. Anschließend widmete er sich zehn Monate lang dem Verzehr von Bernds übrigem Körper.
    Wenig überraschend in der Welt beliebiger Verfügbarkeit, wo die Möglichkeiten des Online-Datings in die Millionen gehen, hatten Armin und Bernd sich im Internet kennengelernt. Arwin betrieb dort eine Website namens »The Cannibal Café«. Wie bei den meisten der unzähligen Blogs über Essen und Gastronomie hatte Armin hier seine kulinarischen Fantasien und Vorlieben beschrieben – allerdings mit der Besonderheit, dass sie sich auf Menschenfleisch konzentrierten. Jeder konnte an Armins Fantasien teilhaben, und Bernd tat dies zweifellos auch. Armin nahm ihr tödliches Abendessen mit der Videokamera auf, und bald konnte jeder es sich online anschauen.
    Auch die Polizei. Armins Suchanzeigen nach neuen Speiseopfern und die grafischen Illustrationen seines letzten Dinners weckten bald ihre Aufmerksamkeit, und wenig später war der »Kannibale von Rotenburg« im Gefängnis. Während Kannibalen des letzten Jahrtausends möglicherweise Hunderte von Mahlzeiten genießen konnten, ehe sie geschnappt wurden, war dem Blogarazzi-Kannibalen Meiwes nur eine vergönnt. Horror.
    DIE KRANKENSCHWESTER VON KAROLINSKA Ihre Körperteile müssen nicht unbedingt von einem Kannibalen mit Salz, Essig und Knoblauch gegart werden, um weltweite Öffentlichkeit zu finden. Es genügt, ins Krankenhaus zu kommen. Fragen Sie nur mal die Patienten im Karolinska-Krankenhaus in Stockholm.
    Eine OP-Schwester des Karolinska-Krankenhauses, die gerade im Sommerurlaub war, hörte ihre Voicemail ab und erfuhr, dass sie von der Polizei gesucht wurde und höchstwahrscheinlich ihren Arbeitsplatz verlieren würde.Der Grund? Ihr Facebook-Profil, welches das Krankenhaus während dieser Woche im August 2008 weltweit in die Schlagzeilen gebracht und einen riesigen Skandal ausgelöst hatte. Auf Facebook wurden Fotos
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