Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
stürzen w ü r de. »Es ist alles deine Schuld!«, knurrte er den Mann an. »Alles deine Schuld! Du hast dieses Gör in die Stadt mi t gebracht und sie frei herumlaufen lassen, damit sie diese Jungen aufreizen konnte.« Seine Stimme schwoll zu e i nem Schreien an. »Du hast meinen Jungen ruiniert! Wenn der Kiefer nicht richtig heilt, kann er niemals So l dat werden! Und was soll dann aus ihm werden? Das würde ich gerne von dir wissen! Der gütige Gott hat b e stimmt, dass er Soldat wird. Die Söhne von Soldaten werden immer Soldaten. Aber du, du hast ihn ruiniert, wegen dieses Halbbluts, dieses Maultiers!« Die Fäuste des Mannes zuckten auf und ab, so heftig, als wäre er eine Marionette und ein verrückter Puppenspieler würde wie wild an seinen Fäden ziehen. Ich befürchtete schon, dass sie jeden Moment handgemein wurden. Wie auf ein geheimes Zeichen hin wichen die anderen Männer z u rück und bildeten einen Kreis um die beiden Kontrahe n ten. Der Kundschafter schaute einmal kurz zum Ko m mandanten. Dann stellte er seine Tochter sanft hinter sich. Ich schaute mich verzweifelt um, suchte nach Schutz für mich selbst, aber mein Vater stand auf der anderen Seite des Kreises und schaute mich nicht einmal an. Mit starrer Miene musterte er den Kommandanten. Ich wusste, dass er darauf wartete, dass dieser mit einem klaren Befehl die Männer zur Ordnung rief.
    Das tat er nicht. Der Soldat holte zu einem Schwinger gegen den Kundschafter aus. Der Kundschafter wich dem Schlag aus und schlug Vev zweimal hintereinander hart ins Gesicht. Ich dachte, er würde sofort umfallen. Das dachte der Kundschafter wohl auch, aber Vev hatte seine Unbeholfenheit nur gespielt, um Halloran aus der Defe n sive zu locken. Der Kundschafter hatte Vev falsch eing e schätzt. Vev nutzte seine vorübergehende Unachtsamkeit aus und versetzte ihm einen mächtigen Boxhieb, hart und zielsicher, genau in die Magengrube. Der Hieb riss Ha l loran von den Beinen und raubte ihm die Luft. Als er vornübersackte, klammerte sich an seinem Gegner fest, und Vev nutzte die Gelegenheit, ihm zwei weitere Schl ä ge zu versetzen. Es waren harte, wuchtige Schläge. Das Mädchen stieß einen leisen, spitzen Schrei aus und schlug die Hände vors Gesicht, als sein Vater die Augen verdrehte. Vev lachte laut.
    Er fiel auf seinen eigenen Trick herein. Der Kun d schafter war weit davon entfernt, das Bewusstsein zu ve r lieren. Er war blitzschnell wieder auf den Beinen und schlug Vev mitten ins Gesicht. Vev stieß einen atemlosen Schrei aus und taumelte zurück. Halloran holte ihn mit einem gezielten Tritt gegen die Unterschenkel von den Beinen. Vev landete krachend im Staub. Mehrere Mä n ner aus der Menge schrien laut auf und drängten sich nach vorn. Vev wälzte sich einen Moment im Staub, dann stemmte er sich mühsam auf den Ellenbogen, setzte sich mit einem Stöhnen auf und fasste sich ans Gesicht. Blut rann zwischen seinen Fingern hervor. Er hustete matt.
    »Halt!« Endlich hatte sich der Kommandant zum Ei n greifen durchgerungen. Ich weiß nicht, warum er so la n ge gewartet hatte. Sein Gesicht war dunkelrot: Was hier passiert war, wollte kein Kommandant in seinem Fort dulden. Halloran war vielleicht nur ein Kundschafter, aber er war der Soldatensohn eines Edlen und immerhin Offizier. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass der Ko m mandant bewusst zugelassen hatte, dass ein gemeiner Soldat wie Vev einen Offizier schlug. Von irgendwoher erschienen plötzlich uniformierte Soldaten. Offenbar ha t te der Adjutant des Kommandanten sie geholt. Abg e schirmt von seinen grünberockten Truppen, bellte der Kommandant jetzt seine Befehle.
    »Treibt sie zusammen, den ganzen Haufen, Wenn es welche von uns sind, sperrt sie in die Kaserne. Wenn nicht, schafft sie aus dem Fort und sagt den Wachtposten, dass sie das Fort drei Tage lang nicht betreten dürfen. Söhne folgen ihren Vätern.«
    Ich wusste, dass er das Recht dazu hatte. Die Söhne von Soldaten würden eines Tages selbst Soldaten sein. So, wie er ihren Vätern Befehle erteilte, konnte er, wenn es die Situation erforderte, auch den Söhnen Befehle e r teilen.
    »Er hat einen Offizier geschlagen«, sagte mein Vater leise. Er sah dabei weder den Kommandanten an noch den Kundschafter oder mich. Er schaute absichtsvoll ins Nichts. Er sprach die Worte laut genug aus, dass jeder sie hören konnte, aber es gab nichts, das darauf hingedeutet hätte, dass sie dem Kommandanten galten. Der Ko m mandant reagierte dennoch. »Du da!«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher