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Nevada Pass

Nevada Pass

Titel: Nevada Pass
Autoren: Alistair MacLean
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Sir.«
    »Aber Sie können doch nicht immer nur essen und schlafen!«
    »Ich lese, Sir. Ich lese viel. Täglich mehrere Stunden.«
    Claremont sah sich um. »Ihre Bibliothek haben Sie aber gut versteckt.«
    »Ich habe keine Bibliothek, Colonel. Nur dieses eine Buch. Das ist alles, was ich lese.« Er drehte das Buch in seinen Händen um und zeigte es Claremont: Es war eine uralte und schon ziemlich zerfledderte Hausbibel.
    »Ich verstehe.« Colonel Claremont, ein entschiedener Gegner des Kirchgangs, der höchstens bei Beerdigungen mit Religion in Berührung kam, fühlte sich leicht unbehaglich. »Nun, Devlin, hoffen wir auf eine sichere Reise nach Fort Humboldt und auf eine glückliche Heimkehr in den Osten für Sie.«
    »Vielen Dank, Sir. Vielen Dank.« Devlin setzte die Nickelbrille wieder auf, und als der Colonel die Tür des Bremswagens hinter sich schloß, war er bereits wieder in seine Lektüre vertieft.
    Claremont machte sich auf den Weg zur Lokomotive. Bellew und ein halbes Dutzend seiner Männer waren eifrig damit beschäftigt, die Rampen von den Pferdewaggons zu entfernen. »Alles klar?« fragte Claremont.
    »Jawohl, Sir.«
    »Seid ihr in fünf Minuten fertig?«
    »Leicht, Sir.«
    Claremont nickte und ging weiter. Plötzlich war Pearce neben ihm. »Ich weiß, Sie werden es nie tun, Colonel«, sagte er, »aber eigentlich sollten Sie sich bei Bellew und seinen Leuten entschuldigen.«
    »Keine Spur von ihnen? Auch nicht die geringste?«
    »Wo immer sie stecken mögen – in Reese City sind sie nicht. Darauf wette ich mein Leben.«
    Im ersten Moment war Claremont regelrecht erleichtert – erleichtert, weil Pearce und sein herrenloser Haufen nicht mehr Erfolg gehabt hatte als seine eigenen Männer. Aber dann wurde ihm die volle Bedeutung der Desertion oder unverzeihlichen Verspätung der beiden Männer klar, und er sagte grimmig: »Dafür werde ich sie vor's Kriegsgericht bringen!«
    Pearce sah ihn prüfend an und sagte: »Ich habe die beiden ja nicht kennengelernt. Hätten Sie ihnen das zugetraut?«
    »Nein, verdammt. Nicht im Traum!« Claremont schlug wütend mit dem Spazierstöckchen gegen seinen Stiefel und zuckte merklich zusammen. »Oakland und Newell waren zwei der besten Offiziere, die ich je hatte. Aber Ausnahmen werden nicht gemacht. Prächtige Offiziere, trotz allem … Kommen Sie, Marshal. Es wird Zeit.«
    Pearce verschwand im Zug. Claremont blickte nach hinten, um zu sehen, ob die Türen der Pferdewaggons geschlossen waren. Dann drehte er sich um und hob die Hand. Banlon erwiderte aus der Lokomotive die Geste und öffnete das Dampfventil. Die Treibräder drehten einmal, zweimal, dreimal durch, aber dann griffen sie schließlich doch.

3
    B ei Einbruch der Dämmerung hatte der Zug Reese City und die flache Hochebene, auf der die Stadt lag, weit hinter sich gelassen und rollte an einem Fluß entlang langsam durch ein leicht ansteigendes, breites, kiefernbestandenes Tal. Der Himmel war wolkenverhangen – es würde eine Nacht ohne Mond und Sterne werden, aber vermutlich mit sehr viel Schnee.
    Im Tagesabteil der Offiziere machte man sich allerdings kaum Gedanken über die Kälte, die vor den Fenstern herrschte. Hier drin war es warm und behaglich, und die Ausstattung des Wagens war für einen Truppentransportzug geradezu übertrieben luxuriös: Die beiden bequemen Sofas und die Sessel, die im Raum verteilt standen, waren mit schwerem, grünem Samt bezogen, und aus dem gleichen Stoff waren auch die bestickten Vorhänge, die von Seidenkordeln zusammengehalten wurden. Den Boden bedeckte ein rostfarbener Teppich, auf dem in der Nähe der Sessel und Sofas mehrere polierte Mahagonitische standen. In der rechten vorderen Ecke befand sich ein Barschrank, der ganz offensichtlich nicht nur als Dekoration diente. Das ganze Abteil war in das warme bernsteinfarbene Licht getaucht, das die kupfernen Petroleumlampen verbreiteten.
    Acht Reisende saßen in dem Abteil, und sieben von ihnen hielten ein Glas in der Hand. Nathan Pearce saß neben Marica auf einem Sofa und trank Whisky, während Marica ein Glas Portwein in der Hand hielt. Auf dem anderen Sofa saßen der Gouverneur und Colonel Claremont, und in zwei der drei Sessel Dr. Molyneux und Major O'Brien; sie alle tranken Whisky, wogegen Reverend Theodore Peabody, der es sich in dem dritten Sessel bequem gemacht hatte, mit sichtlicher Überlegenheit Mineralwasser trank. Der einzige, der ohne irgendeine Erfrischung geblieben war, war John Deakin. Abgesehen davon,
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