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Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Titel: Neues Vom Räuber Hotzenplotz
Autoren: Otfried Preußler
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gemacht hat, am Feierabend ein bißchen herumzuhexen – bis mir dann dieses entsetzliche Mißgeschick unterlaufen ist . . .«
    Sie zeigte auf Wasti, der hechelnd zu ihren Füßen lag und genau zu verstehen schien, daß die Rede von ihm war.
    »Ich weiß selbst nicht, weshalb ich ihn eines Tages in einen Bernhardiner umhexen wollte. Aus Langeweile vermutlich, nur so zum Zeitvertreib . . . Was ich an jenem Unglückstag falsch gemacht habe, ist mir bis heute schleierhaft. Jedenfalls sieht mein armer Wasti seither wie ein Krokodil aus – auch wenn er im Grunde genommen der brave Dackel geblieben ist, der er immer war.«
    Frau Schlotterbeck hatte feuchte Augen bekommen, sie mußte sich schneuzen. »Verstehen Sie nun, weshalb ich ihn vor den Leuten versteckt halte, meinen armen Wasti?«
    Herr Dimpfelmoser verstand.
    »Und – haben Sie nie versucht, ihn zurückzuhexen?«
    »Natürlich«, sagte Frau Schlotterbeck. »Aber es hat nicht geklappt, und da habe ich's schließlich aufgegeben. Sie werden begreifen, daß mir seit damals die Lust am Hexen vergangen ist. Doch genug von den alten Geschichten! Falls Sie sich nicht an Wastis Aussehen stoßen – von mir aus dürfen Sie ihn auf die Räuberjagd mitnehmen.«

Ein  Dutzend Rotkappen

    Hotzenplotz führte Kasperl und Seppel am Strick vor sich her. Sie ließen die Köpfe hängen und hatten Bauchweh vor Wut. Wenn sie Herr Dimpfelmoser im Stich ließ, gingen sie trüben Zeiten entgegen, das wußten sie.
    »Na, ihr zwei lahmen Enten – ich glaube fast, ihr habt schlechte Laune. Soll euch der gute Onkel was vorpfeifen?«
    Hotzenplotz pfiff sein Lieblingslied, das vom lustigen Räuberleben im Wald. Dazu schepperte er im Takt mit der Geldkanne.
    »Hört sich nicht schlecht an, wie? Ich möchte bloß wissen, warum ihr nicht mitpfeift, ihr alten Sauertöpfe, hö-hö-hö-höööh!«
    Wenig später entdeckte er unter den Bäumen am Wegrand ein ganzes Nest Rotkappen: mehr als ein Dutzend, bildschön gewachsen und kerngesund.
    »Brrr!« rief er. »Stehenbleiben! Daß ihr mir nicht aus Versehen die herrlichen Pilze zertrampelt! Die nehme ich mit, das gibt eine prima Schwammerlsuppe für mich.«
    Er band Kasperl und Seppel am nächsten Baum fest, zog eines der sieben Messer aus dem Gürtel und schnitt die Rotkappen ab. Dann säuberte er die Stiele von Tannennadeln und Erdkrumen, holte ein großes kariertes Taschentuch aus dem Hosensack, packte die Pilze hinein und knüpfte es über Kreuz zusammen.

    »So, fertig!« sagte er. »Und nun rasch nach Hause! Schwammerlsuppe von Rotkappen mag ich nämlich fürs Leben gern – fast noch lieber als Bratwurst mit Sauerkraut. Bildet euch ja nicht ein, daß ihr was davon abbekommt! Nicht einen halben Löffel kriegt ihr von meiner Schwammerlsuppe, die esse ich ganz allein auf!«
    »Ach nein«, meinte Kasperl.
    Ihm war ein Gedanke gekommen: ein guter Gedanke, der beste seit mindestens vierzehn Tagen.
    »Kennen Sie diese Pilze denn überhaupt?« fragte er. »Sind Sie sicher, daß keine giftigen drunter sind?«
    »Giftige?« Hotzenplotz tippte sich an die Stirn. »Du hältst mich für sehr blöd, wie? Das sind Rotkappen wie aus dem Bilderbuch, da gibt's keinen Zweifel dran. Und jetzt vorwärts, wir müssen weiter!«
    Seit er die Pilze gefunden hatte, war seine Laune noch besser geworden. Von jetzt an pfiff er so laut und falsch und machte dazu mit der Geldkanne einen solchen Krach, daß es Kasperl nicht schwerfiel, mit Seppel heimlich über seinen Plan zu sprechen.
    Wenn sie ein bißchen Glück hatten, konnte ihnen die Schwammerlsuppe von großem Nutzen sein; und eigentlich waren sie ja, nach dem vielen Pech in der letzten Zeit, mit dem Glückhaben wieder mal an der Reihe, fanden sie . . .
    So kam es, daß sie einen ganz vergnügten Eindruck machten, als Hotzenplotz sie zu Großmutter in die Höhle brachte – und Großmutter schloß daraus, daß sie gekommen seien, sie abzuholen.
    »Endlich!« rief sie, vor Freude schluchzend. »Ich wußte ja, daß ihr mich hier herausholen würdet, ihr beiden Guten! Was meint ihr, wie froh ich bin, dieses scheußliche Ding da loszuwerden! Das scheuert einem ja Haut und Knochen durch!«
    Großmutters linker Fuß steckte in einer Eisenschelle, an der eine lange Kette befestigt war, deren anderes Ende an einem Ring in der Mauer hing. So konnte sie zwar in der Höhle umhergehen und für Hotzenplotz arbeiten, aber nicht weglaufen.
    »Ich muß Sie enttäuschen, Großmutter«, sagte der Räuber Hotzenplotz. »Kasperl und
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