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Nette Nachbarn

Nette Nachbarn

Titel: Nette Nachbarn
Autoren: Marcia Muller
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erstarrte, wich dann zurück. Don
machte eine Bewegung auf ihn zu, und er knurrte wie ein in die Enge getriebenes
Tier.
    »Um Himmels willen, Don! Es ist ja in
Ordnung!« sagte ich.
    Er sah mich an, sah die Pistole und
entspannte sich ein wenig. Mehr als diesen Augenblick brauchte Jimmy gar nicht;
er polterte die Stufen hinauf und durch die Tür.
    Ich lief hinter ihm her, stieß mit Don
zusammen und stolperte auf den Stufen. »Warte, Jimmy!« rief ich. »Warte!«
    Don versuchte im selben Augenblick die
Treppen hinaufzulaufen wie ich, und dadurch verlor ich wieder das
Gleichgewicht.
    »Verdammt!« schimpfte ich und stieß
wütend nach ihm. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst warten und dann die
Bullen rufen!«
    »Ich konnte nicht einfach nur dasitzen,
wo ich doch wußte, daß du in Gefahr sein könntest...«
    Ich stolperte die Treppe hinauf. Don
kam mir nach.
    »Verschwinde von hier und ruf die
Polizei!« fauchte ich.
    »Ich lasse dich nicht allein — «
    »Geh!« Weit hinten im Gang konnte ich
Jimmys Schritte auf einer der eisernen Wendeltreppen hören, die zu den Flügeln
der Bühne hinaufführten. Ich raste weiter, folgte dem Geräusch. Diesmal kam Don
nicht hinter mir her.
    Als ich die Treppe endlich erreichte,
hörte ich Jimmys Füße schon hohl auf der Bühne über mir dröhnen. Ich rannte die
Stufen hinauf, stolperte einmal und schlug mir mein Schienbein an der
Metallsprosse. Oben angelangt sah ich mich völliger Finsternis gegenüber, Ich
blieb stehen, hielt das Metallgeländer umklammert und wartete darauf, daß sich
meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Irgendwo weiter vorne und zu meiner
Linken hörte ich Jimmy herumklettern. Er murmelte mit einer hohen,
verängstigten Stimme unartikuliert vor sich hin.
    Vage Schatten tauchten aus der
Dunkelheit auf, aber nicht mehr. Und meine Taschenlampe lag auf dem Boden der
Flüsterkneipe, wo ich sie abgelegt hatte, ehe ich anfing, Duc loszubinden. Ich
blieb, wo ich war, versuchte mir den Aufbau der Bühne in Erinnerung zu rufen,
wie ich sie am Abend zuvor gesehen hatte. Die Treppe, die ich hinaufgelaufen
war, endete im rechten Flügel, wo die Schauspieler warteten, bis sie an der
Reihe waren. Der Zuschauerraum befand sich rechts von mir, der hintere
Bühnenteil — hinter dem Vorhang — vor mir und zu meiner Linken, wo Jimmy war.
Er hatte jetzt aufgehört, sich zu bewegen, aber ich konnte sein angestrengtes,
erschrecktes Atmen hören.
    »Jimmy, ist ja schon gut«, sagte ich.
    Jetzt hörte sogar das Atmen auf. Dann
setzte es wieder ein, aber noch leiser.
    Ich schloß die Augen und rief mir
erneut die Bühne ins Gedächtnis. Irgendwo hinter mir befand sich das Paneel mit
den Lichtschaltern, mit dessen Hilfe die Polizeibeamten die Szene des Verbrechens
beleuchtet hatten. Ich drehte mich um und tappte mit ausgestreckten Händen
blindlings in diese Richtung. Nach wenigen Schritten trafen meine Hände auf
rauhen Beton. Ich ging nach links, dann nach rechts, tastete mich an der Wand
entlang. Schließlich berührte ich eine elektrische Leitung, folgte ihr, bis ich
Sperrholz ertastete, Metallbewehrung und endlich Schalter.
    Am Vorabend hatten die Beamten
entdeckt, daß von diesem Brett aus die übliche Beleuchtung des Theaters
geschaltet wurde, und nicht die bunte Bühnenbeleuchtung, die hoch oben auf dem
Gerüst verankert war. Aber die Männer hatten Taschenlampen gehabt, die ihnen
geholfen hatten, während ich mich voll und ganz auf meinen Tastsinn verlassen
mußte. Ich suchte herum, packte dann einen nicht zu identifizierenden Schalter
und zog. Nichts geschah. Ich versuchte es mit einem zweiten, und diesmal wurde
die Bühne plötzlich in helles Licht getaucht. Jetzt, da ich sie sehen konnte,
betätigte ich alle anderen Schalter, um das ganze Theater zu beleuchten. Dann
machte ich mich auf die Suche nach Jimmy.
    Er war nicht auf der eigentlichen
Bühne, also mußte er irgendwo hinter dem zweiten, schweren blauen Vorhang sein,
ganz hinten, wo auch Otis Knox’ Leiche gelegen hatte. Ich packte die
Samtfalten, wirbelte ganze Staubwolken auf, und zerrte so lange, bis ich eine
Öffnung gefunden hatte. Dann stürzte ich mich hindurch, die Waffe vor mich
haltend.
    Das Licht war hier hinten nicht so
intensiv wie auf der Bühne. Es beleuchtete die Kulissentafeln und Seile und
Metallträger, die ich schon am Vorabend gesehen hatte. Und die Kreidezeichnung,
wo Knox’ Leichnam gelegen hatte. Aber von Jimmy war nichts zu sehen.
    Ich wollte mich gerade umdrehen, als
ich irgendwo
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